2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser DGUV Regel werden folgende Begriffe bestimmt:
Schalung ist eine temporär errichtete Baukonstruktion anpassbarer Länge, Breite, Höhe und Neigung, die an der Verwendungsstelle aus Einzelbauteilen zusammengesetzt ihrer Bestimmung nach entsprechend verwendet werden kann. Sie gibt insbesondere dem Frischbeton seine Form, integriert die Einwirkungen (Kräfte/Lasten) und leitet diese über definierte Auflagerpunkte in eine geeignete Tragkonstruktion/Traggerüst ab. Einwegschalungen wie z. B. Papprohrschalungen sind Schalungen.
Schalungssystem besteht aus serienmäßig hergestellten Bauteilen einer Schalung- und/oder Tragkonstruktion eines Herstellers. Die Verwendung wird durch die jeweilige systemgebundene Aufbau- und Verwendungsanleitung (A+V) geregelt.
Halbfertigteil ist eine einlagige oder zweilagige Betonscheibe mit eingebauten Gitterträgern. Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen Elementdecken und Doppelwandelementen. Zu den nicht ausreichend tragfähigen Teilen eines Bauwerks gehören unter anderem Halbfertigteile. Halbfertigteile erfüllen in der Regel teilweise oder vollständig die Funktion von Schalungen.
Tragkonstruktion wird als temporäre Unterstützung zur Ableitung aller unveränderlichen und veränderlichen Lasten insbesondere aus einer Schalung, einer Konstruktion oder eines Teiles eines Bauwerks benötigt, solange dieses nicht ausreichend tragfähig ist.
Traggerüst ist eine temporäre Unterstützung für einen Teil des Bauwerkes. Sie dient dazu, die durch den frisch eingebauten Beton erzeugte Last so lange aufzunehmen, bis die Konstruktion selbst eine ausreichende Tragfähigkeit erreicht hat. Sie nimmt auch Lasten von Bauteilen, Anlagen, Personen und Ausrüstung auf, die aus dem Aufbau, der Instandhaltung, der Änderung oder dem Entfernen von Gebäuden oder anderen Bauwerken resultieren. Sie kann zusätzlich als Unterstützungskonstruktion zur zeitweiligen Lagerung von Baustoffen, Bauteilen und Ausrüstung verwendet werden.
Zu den Traggerüsten zählen entsprechend der Art der Ausführung und dem Verwendungszweck folgende Baugruppen
- Stützentürme bestehen aus vorgefertigten Bauteilen, deren Verbindungsmittel dauerhaft angebracht sind. Dadurch bedingt sind die Aufbauabmessungen vorbestimmt.
- Rahmenstützen sind mehrstielige Traggerüststützen mit typenabhängigen Grundmaßen. Sie können aus vorgefertigten Einzelteilen als Fachwerkkonstruktion, bestehend aus vertikalen und horizontalen Rahmenelementen, zusammengesetzt werden. Aufgrund des relativ geringen Gewichtes der Einzelteile sind Rahmenstützen häufig auch für die Montage von Hand geeignet. Sie können auch aus Stahl- oder Aluminium-Baustützen mit dazwischen angeordneten Aussteifungsrahmen bestehen.
- Schwerlaststützen sind Traggerüststützen, die aus vorgefertigten Einzelteilen zusammengesetzt werden können. Es handelt sich hierbei um Einzelstützen.
- Schwerlasttürme sind Konstruktionen, bei denen Schwerlaststützen durch stahlbaumäßige Verbände zu mehrstieligen Türmen zusammengebaut werden. Durch verschiedene Typen der Verbände sind unterschiedliche Rastermaße möglich.
- Jochträger sind Bauteile zur Lastverteilung,
a) die im Traggerüstbau zwischen den Längsträgern und Schwerlaststützen angeordnet werden und insbesondere für die Demontage erforderlich sind, b) die sich im Schalungsbau zwischen den Querträgern oder den Halbfertigteilen und den Stützelementen befinden. - Längsträger aus Walzprofilen sind Bauteile, die auf Jochen auflagern. Es handelt sich im Traggerüstbau im Allgemeinen um Profilstähle. Speziell bei größeren Trägerlängen werden die Träger über Stirnplattenverbindungen auf die erforderliche Trägerlänge erweitert. Auf den Längsträgern kann z. B. eine Schalungskonstruktion montiert werden.
- Fachwerk-/Rüstbinder sind Gerüstbauteile, die aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt sind. Der Einsatz von Fachwerk-/Rüstbindern dient zur Überbrückung größerer Feldweiten, bei denen der Einsatz eines Längsträgers nicht mehr wirtschaftlich ist. Die schlanke Bauart der Fachwerk-/Rüstbinder erfordert, dass diese über Rohr-Kupplungsverbindungen bzw. stahlbaumäßige Verbände horizontal ausgesteift werden.
Bemessungsklassen für Traggerüste und Nachweiskriterien sind in DIN EN 12812 definiert.
- Bemessungsklasse A gilt für einfache Traggerüste bei eingeschränkten Bauteilgeometrien. Der Nachweis der Tragfähigkeit gilt auf Grundlage der herstellerspezifischen Bemessungshilfen als erbracht.
- Bemessungsklasse B erfordert eine vollständige Bemessung auf Grundlage der Eurocodes:
Der Nachweis ist bspw. durch eine projektbezogene Statik, durch eine geprüfte Typenstatik zu erbringen. Alternativ können herstellerspezifische Bemessungshilfen (auf Grundlage geprüfter statischer Unterlagen z. B. Tabellenwerke) benutzt werden.
Montagestelle sind die Bereiche auf der Baustelle, an denen kurzzeitige Tätigkeiten, z. B. die Verbindung von einzelnen Baugruppen und Bauteilen untereinander, durchgeführt werden. Sie müssen über die Baugruppen und Bauteile oder mit geeigneten Hilfsmitteln sicher zu erreichen sein.
Kurzzeitige Tätigkeiten sind z. B. das Lösen oder Befestigen von Anschlagmitteln, das Festlegen von Montagebauteilen, der Anschluss von Verbänden.
Montageplatz ist der Bereich auf der Baustelle, an dem Baukomponenten wie z. B. Systemschalungselemente, Traggerüste oder Rahmenstützen auf einer dafür geeigneten Fläche vormontiert, eingerichtet, gereinigt oder demontiert werden können.
Ersteller/Erstellerin ist ein Unternehmer oder eine Unternehmerin (Arbeitgeber), der bzw. die selbst oder mit seinen bzw. ihren Beschäftigten Schalungen, Tragkonstruktionen und Traggerüste auf-, um- oder abbaut.
Nutzer/Nutzerin ist eine Unternehmerin oder ein Unternehmer, die bzw. der selbst und deren bzw. dessen Beschäftigte Schalungen, Tragkonstruktionen und Traggerüste gebrauchen.
Fachkundige Person ist eine Person, die zur Ausübung bestimmter Aufgaben bei der Verwendung von Schalungen, Tragkonstruktionen und Traggerüsten über die dafür erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Sie wird von der Unternehmerin oder dem Unternehmer für die Aufgabe ausgewählt und beauftragt.
Die Aufgabenbereiche erstrecken sich u. a. auf
- die Erstellung und Aktualisierung des Plans für den Auf-, Um- und Abbau (Montageanweisung),
- die Erstellung und Aktualisierung des Plans für den Gebrauch der Schalung, der Tragkonstruktion und/oder des Traggerüstes durch andere Nutzerinnen und Nutzer,
- die Aufsicht der Auf-, Um- und Abbauarbeiten (Aufsichtführende/r).
Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit. Die Fachkenntnisse sind durch Teilnahme an Schulungen auf aktuellem Stand zu halten.
Zu dem Personenkreis der Aufsichtführenden (fachkundige Person) gehören z. B.
- Gerüstbau-Montageleiter und -Montageleiterinnen,
- geprüfte Gerüstbau-Obermonteure und -Obermonteurinnen,
- geprüfte Gerüstbau-Kolonnenführer und -Kolonnenführerinnen,
- geprüfte Poliere und Polierinnen,
- Gerüstbau-Meister und Gerüstbau-Meisterinnen sowie
- Personen im Maurer- und Betonbauer-Handwerk, des Zimmerer-Handwerks oder des Stahlbau-Handwerks, die die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten im Bau von Schalungen, Tragkonstruktionen und Traggerüsten aufweisen.
Aufsichtführender/Aufsichtsführende ist eine Person die zuverlässig, mit der Arbeit vertraut und auch weisungsbefugt ist. Diese beaufsichtigt und überwacht die arbeitssichere Durchführung der Arbeiten. Hierfür muss sie ausreichende fachliche Kenntnisse im Bereich der Schalungen, Tragkonstruktionen oder Traggerüste besitzen.
Zur Prüfung befähigte Person ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung von bestimmten Arbeitsmitteln und deren Verwendung im Bereich von Schalungen, Tragkonstruktionen oder Traggerüsten verfügt.
Qualifizierte Person ist eine Person, die ein Nutzer oder eine Nutzerin mit bestimmten Aufgaben nach dieser DGUV Regel betraut und dafür qualifiziert ist. Dazu können z. B. Personen gehören, die eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bau- oder Montagehandwerk haben oder die durch eine zeitnah ausgeübte berufsnahe Tätigkeit und entsprechende Unterweisung über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen.