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Anwendung des Verfahrens

7.1 Zulässigkeit des Einsatzes
7.1.1 Handbetriebene Arbeitssitze dürfen bei Bauarbeiten nur eingesetzt werden, wenn der Einsatz von stationären Arbeitsplätzen, bodenverfahrbaren Arbeitsplätzen oder kraftbetriebenen höhenverfahrbaren Arbeitsplätzen auf Grund der örtlichen Verhältnisse oder aus betriebstechnischen Gründen nicht möglich ist.
      Bauarbeiten siehe BG-Vorschrift "Bauarbeiten" (BGV C 22, bisherige VBG 37).
      Betriebstechnische Gründe liegen z. B. vor, wenn im Betriebsablauf Produktionsunterbrechungen erforderlich sind, die mit einem unvertretbar hohen technischen oder technologischen Aufwand verbunden sind.

7.1.2

Abweichend von Abschnitt 7.1.1 dürfen handbetriebene Arbeitssitze grundsätzlich bei Bauarbeiten geringen Umfangs und bei Inspektionsarbeiten verwendet werden.
      Eine Bauarbeit hat dann geringen Umfang, wenn zu ihrer Durchführung der Arbeitssitz nicht länger als 2 Stunden benutzt werden muss.

7.1.3

Der Einsatz des Arbeitsverfahrens ist für Bauarbeiten nicht zulässig, wenn
  1. diese periodisch wiederkehrend auszuführen sind,
      z. B. Reinigungsarbeiten.
 
2.

eine Gefährdung des Trag- und Sicherungssystems durch Geräte, Werkzeuge, verwendetes Material oder betriebsbedingte Bewegungen möglich ist,
      Eine Gefährdung ist z. B. möglich bei Sand- und Flammstrahlarbeiten,
      bei Arbeiten mit Schweiß-, Schleif- und Trennmaschinen sowie kraftbetriebenen Sägen,
      bei Schweiß- und Lötarbeiten,
      bei Schneid- und Brennarbeiten von Beton und Stahl,
      bei der Verwendung von chemischen Substanzen, welche die Funktion des handbetriebenen Arbeitssitzes mindern oder beeinträchtigen können.
      Eine Gefährdung besteht auch, wenn z. B. bei einer Abseilhöhe von 15 m eine seitliche Seilauslenkung von mehr als 2 m, in der Horizontalen gemessen, besteht oder wenn bei ständigen Pendelbewegungen des Benutzers das Tragseil über oder an Kanten bewegt wird.
 
3.

Gefahren durch pendelnde, umfallende, herabfallende, wegfliegende oder abrollende Lasten bestehen,
      Quetsch- und Schergefahr besteht z. B. bei der Montage und Demontage von Fertigbauteilen.
 
4.

Gefahren von giftigen, ätzenden oder reizenden Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben ausgehen,
  5. Gefahren durch elektrischen Strom, Stich- oder Schnittverletzungen, Verbrennungen, Verätzungen, Verbrühungen, Unterkühlungen oder andere Witterungseinflüsse bestehen,
  6. das Einzelgewicht des benutzten Gerätes oder Materials mehr als 10 kg oder das mitzunehmende Gesamtgewicht auf dem Arbeitssitz mehr als 25 kg beträgt,
  7. Gegenstände mit einer Windangriffsfläche über 1 m2 mitgeführt werden und der Arbeitsplatz dem Wind ausgesetzt ist,
  8. beim Auf- und Abseilen nicht beide Hände des Benutzers frei von mitzuführenden Geräten oder Materialien sind.

7.1.4

Handbetriebene Arbeitssitze dürfen nur eingesetzt werden, wenn sie jederzeit in eine Position gebracht werden können, in der ein gefahrloses Verlassen des Arbeitssitzes und der Einsatzstelle möglich ist.
      Beim Einsatz von handbetriebenen Arbeitssitzen z. B. in Bohrungen können zusätzliche Einrichtungen erforderlich sein, um den Höhenarbeiter an die Erdoberfläche zurück zu transportieren.

7.1.5

Gemäß § 7 Absatz 6 der BG-Vorschrift "Bauarbeiten" (BGV C 22, bisherige VBG 37) ist der erste Einsatz von handbetriebenen Arbeitssitzen auf jeder Baustelle der Berufsgenossenschaft mindestens 14 Tage vor der Arbeitsaufnahme schriftlich anzuzeigen.
      Ein Muster für die Anzeige enthält Anhang 3 der BG-Vorschrift "Bauarbeiten" (BGV C 22, bisherige VBG 37).


7.2


Leitung und Aufsicht
7.2.1 Der Einsatz von handbetriebenen Arbeitssitzen muss von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet werden. Sie müssen die vorschriftsmäßige Durchführung der Arbeit gewährleisten.

7.2.2

Die einwandfreie Durchführung des Einsatzes muss durch aufsichtführende Höhenarbeiter beaufsichtigt werden. Ein aufsichtführender Höhenarbeiter darf höchstens fünf Höhenarbeiter betreuen. Er hat im Einzelfall die Aufhängungen der Trag- und Sicherungssysteme festzulegen, soweit er die ausreichende Tragfähigkeit dieser Aufhängungen nach fachlicher Erfahrung beurteilen kann.
      Aufsichtführender ist, wer die arbeitssichere Durchführung der Arbeiten zu überwachen und für die arbeitssichere Ausführung zu sorgen hat. Er muss hierfür ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen sowie weisungsbefugt sein.


7.3


Höhenarbeiter
7.3.1 Der Unternehmer darf nur Höhenarbeiter beschäftigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, die fachlich geeignet sind und deren gesundheitliche Eignung nachgewiesen ist.
      Fachlich geeignete Personen müssen die mit dem Einsatz von handbetriebenen Arbeitssitzen verbundenen Gefahren erkennen, beurteilen und abwenden können.
      Die fachliche Eignung kann z. B. durch erfolgreiche Teilnahme an einem entsprechenden Lehrgang nachgewiesen werden, siehe Anhang 1 "Lehrgänge für Höhenarbeiter". Zu der fachlichen Eignung gehört eine Ausbildung sowohl zum Ersthelfer als auch im Umgang mit den erforderlichen Rettungsmethoden.
      Die gesundheitliche Eignung kann z. B. durch eine arbeitsmedizinische Untersuchung nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen "Arbeiten mit Absturzgefahr" (G 41) nachgewiesen werden.

7.3.2

Der Unternehmer hat die Höhenarbeiter in die jeweilige Tätigkeit einzuweisen.


7.4


Durchführung der Arbeiten
7.4.1 Der Unternehmer muss die beim Einsatz von handbetriebenen Arbeitssitzen erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen schriftlich festlegen.
      Angaben über Sicherheitsmaßnahmen können z. B. sein:
      - Angaben über die zu verwendenden Trag- und Sicherungssysteme,
      - Angaben über die Aufhängung von Trag- und Sicherungssystemen,
      - Angaben über die zu verwendenden Verbindungselemente und -mittel,
      - Angaben über die zum Einsatz kommenden Rettungsmittel.

7.4.2

Bei der Durchführung von Bauarbeiten von handbetriebenen Arbeitssitzen aus müssen mindestens 2 Höhenarbeiter anwesend sein. Diese Höhenarbeiter müssen Sichtkontakt oder akustischen Kontakt miteinander haben.

7.4.3

Wird die Bauarbeit abweichend von Abschnitt 7.4.2 mit dem handbetriebenen Arbeitssitz von einem Höhenarbeiter allein durchgeführt, so hat der Unternehmer eine Überwachung sicherzustellen, insbesondere hat er dafür zu sorgen, dass
  - sich der allein arbeitende Höhenarbeiter bei der Durchführung der Arbeiten in Sichtweite einer anderen Person befindet, die in der Lage ist, erforderliche Rettungsmaßnahmen unverzüglich einzuleiten
    oder
  - ein zeitlich abgestimmtes Meldesystem eingerichtet wird, durch das ein vereinbarter, in bestimmten Zeitabständen zu wiederholender Anruf erfolgt.

7.4.4

Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass erforderliche Erste Hilfe- oder Rettungsmaßnahmen innerhalb von 15 Minuten beginnen können.
      Bei bewusstlosem Hängen im Gurt besteht die Gefahr des orthostatischen Schocks (Hängetrauma).

7.4.5

Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass dem Höhenarbeiter für die jeweils durchzuführenden Arbeiten
  - der geeignete Arbeitssitz, gegebenenfalls mit Fußstütze,
  - Trag- und Sicherungsseile mit Endsicherungen gegen das Herausrutschen aus dem Auf- und Abseilgerät bzw. dem mitlaufenden Auffanggerät,
  - Schutz der Seile im Bereich von Kanten und
  - die zum System gehörende Betriebsanleitung
  zur Verfügung gestellt werden.

7.4.6

Solange Absturzgefahr besteht, muss der Höhenarbeiter gegen Abstürzen gesichert sein.
      Absturzgefahr kann z. B. bei der Montage der Aufhängungen und beim Einstieg in den Arbeitssitz bestehen.

7.4.7

Handbetriebene Arbeitssitze dürfen nur benutzt werden, wenn Tragsystem und Sicherungssystem vollständig und wirksam sind.

7.4.8

Der Betrieb von handbetriebenen Arbeitssitzen ist bei aufkommendem Gewitter oder bei einer Windstärke über 6 nach der Beaufortskala einzustellen.


7.5


Prüfung
7.5.1 Vor jeder Inbetriebnahme hat sich der Höhenarbeiter von der Betriebssicherheit und dem ordnungsgemäßen Zustand der einzelnen Komponenten des handbetriebenen Arbeitssitzes durch eine Prüfung zu überzeugen. Diese Prüfung muss Tragsystem und Sicherungssystem erfassen.

7.5.2

Der Unternehmer hat handbetriebene Arbeitssitze entsprechend den Einsatzbedingungen und den betrieblichen Verhältnissen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, auf ihren einwandfreien Zustand durch einen Sachkundigen prüfen zu lassen. Das Ergebnis dieser Prüfung ist schriftlich zu dokumentieren und mindestens bis zur nächsten Sachkundigenprüfung aufzubewahren.
      Sachkundiger ist, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der handbetriebenen Arbeitssitze hat und mit den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, BG-Vorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik (z. B. BG-Regeln, DIN-EN-Normen, DIN-Normen, Technische Regeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum) soweit vertraut ist, dass er den arbeitssicheren Zustand von handbetriebenen Arbeitssitzen beurteilen kann.

7.5.3

Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass handbetriebene Arbeitssitze nach Schadensfällen, welche die Trag- oder Funktionsfähigkeit beeinflussen können, sowie nach Instandsetzungsarbeiten einer außerordentlichen Prüfung durch einen Sachkundigen unterzogen werden. Das Ergebnis dieser Prüfung ist schriftlich zu dokumentieren und mindestens bis zur nächsten Sachkundigenprüfung aufzubewahren.