7 Wirkungen von Biostoffen auf die Gesundheit

Der Kontakt mit Biostoffen kann Allergien auslösen, toxische Wirkungen hervorrufen und zu Infektionskrankheiten führen. Bei der Schimmelpilzsanierung stehen allergische Reaktionen und toxische Wirkungen im Vordergrund.

Die Feststellung eines Schimmelpilzbefalls im Innenraum ist nicht gleichzusetzen mit einer akuten Gesundheitsgefährdung der Raumnutzer. Das Ausmaß der Gesundheitsgefährdung ist abhängig von der Art des Schadens, Art der Raumnutzung sowie von der Empfindlichkeit der Raumnutzer und kann nicht quantifiziert werden. Gemäß Leitfaden des Umweltbundesamtes zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden ("Schimmelleitfaden") wird Schimmelpilzwachstum im Innenraum auch ohne diese konkreten Dosis-Wirkungs-Zusammenhänge als ein hygienisches Problem angesehen. Es muss das Vorsorgeprinzip Anwendung finden, wonach der Befall fachgerecht zu beseitigen ist.

7.1 Aufnahmepfade

Bei Tätigkeiten mit Biostoffen sind verschiedene Aufnahmepfade in den Körper zu betrachten:

7.2 Allergische Reaktionen

Schimmelpilze können sensibilisierend für die Atemwege wirken und in der Folge allergische Reaktionen auslösen. Unter Sensibilisierung versteht man eine Überempfindlichkeit des Immunsystems gegenüber einem Fremdstoff. Eine Sensibilisierung kann durch einen ein- oder mehrmaligen Kontakt ausgelöst werden. Insbesondere bei Personen mit Allergieneigung (Disposition) kann eine Exposition gegenüber Schimmelpilzen (Sporen oder Myzelbruchstücke) in der Luft zu einer Sensibilisierung führen. Auch nicht lebensfähige Schimmelpilze (abgestorbene Zellen, Sporen oder Myzelbruchstücke) können atemwegssensibilisierend wirken.

Zu den möglichen allergischen Symptomen zählen Augenjucken, Augentränen und Atemwegserkrankungen wie allergischer Schnupfen, allergisches Asthma oder exogen-allergische Alveolitis (EAA). Die als exogen allergische Alveolitis bezeichnete Lungenerkrankung ist aus verschiedenen Branchen bekannt. Die Bezeichnungen Farmer-, Kompostarbeiter- und Vogelzüchterlunge oder Reetdach-Krankheit weisen auf die Ursache hin, nämlich die an diesen Arbeitsplätzen vorliegende Exposition gegenüber atembaren Bioaerosolen und Stäuben.

Bei einem Schimmelpilzbefall können auch Bakterien (Aktinomyzeten) und Milben vorhanden sein, die ebenfalls als sensibilisierend für die Atemwege eingestuft sind.

Auch die Haut kann mit Jucken, Rötungen und Quaddelbildung betroffen sein.

Bei der Betrachtung der gesundheitlichen Wirkungen von Schimmelpilzen stehen allergische Reaktionen der Atemwege im Vordergrund.

7.3 Reizende und toxische Wirkungen

Einige Biostoffe können toxische Substanzen bilden oder enthalten. Toxine sind Stoffwechselprodukte oder Zellbestandteile von Biostoffen, die bei einer Aufnahme in den Körper akute oder chronische Wirkungen hervorrufen können. Toxische Substanzen, die bei einer Schimmelpilzsanierung auftreten können, sind Mykotoxine (Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen) und Endotoxine (Zellwandbestandteile von gramnegativen Bakterien). Reizende oder toxische Wirkungen, die hervorgerufen werden können, sind z. B. Entzündungsreaktionen der Schleimhäute.

Mykotoxine werden an das Substrat, auf dem die Schimmelpilze wachsen, abgegeben oder reichern sich in oder auf den Schimmelpilzsporen an. Bei Aufnahme mit der Nahrung können sie ein Gesundheitsrisiko darstellen. Es gibt Anhaltspunkte, dass auch eine inhalative Aufnahme zu Gesundheitsgefährdungen führen kann. Um über die Atemluft größere Toxinmengen aufzunehmen, ist die Freisetzung hoher Staub- und Sporenkonzentrationen in die Luft nötig. Dies kann z. B. bei sehr staubintensiven Arbeitsverfahren gegeben sein.

MVOC (englisch: Microbial volatile organic compounds) sind flüchtige organische Stoffwechselprodukte von Biostoffen, die geruchlich wahrnehmbar sein können Das Vorkommen von MVOC in der Innenraumluft kann ein Hinweis auf ein Wachstum von Schimmelpilzen und Bakterien sein. Toxische Wirkungen sind nach aktuellem Kenntnisstand von bisher in Innenräumen erfassten MVOC-Konzentrationen nicht abzuleiten und sind auch bei mehrstündiger Aufenthaltsdauer im Sanierungsbereich nicht zu erwarten.

7.4 Infektionsgefährdung

Biostoffe werden entsprechend des von ihnen ausgehenden Infektionsrisikos in vier Risikogruppen eingestuft. Dabei haben Biostoffe der Risikogruppe 1 das geringste und Biostoffe der Risikogruppe 4 das höchste Infektionsrisiko. Sensibilisierende und toxische Wirkungen werden bei dieser Einstufung nicht berücksichtigt. Bei der Schimmelpilzsanierung treten überwiegend Biostoffe der Risikogruppen 1 und 2 auf. Bei Biostoffen der Risikogruppe 1 ist es unwahrscheinlich, dass sie beim Menschen eine Erkrankung hervorrufen. Biostoffe der Risikogruppe 2 können eine Krankheit hervorrufen und eine Gefahr für die Beschäftigten darstellen. Eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist in der Regel möglich.

Infektionserkrankungen durch Schimmelpilze (Mykosen) kommen nur sehr selten vor. Ein Infektionsrisiko kann für Personen mit stark geschwächter Immunabwehr (immunsupprimierte Personen) bestehen, z. B. Personen nach einer Organtransplantation oder Chemotherapie. Insgesamt besteht bei der Schimmelpilzsanierung kein erhöhtes Infektionsrisiko.

Bei Fäkal- oder Hochwasserschäden können Biostoffe mit einem höheren Infektionsrisiko auftreten. Im Vordergrund stehen Viren und Bakterien, die zu Magen-Darm-Erkrankungen führen können. Auch lokale Infektionen der Haut sind möglich. Die Aufnahme erfolgt in der Regel über Hand-Mund-Kontakt. Sie kann auch über aufgeweichte oder rissige Haut, Hautverletzungen oder durch Einatmen erfolgen (Tröpfcheninfektion).