Die Biostoffverordnung (BioStoffV) regelt die Vorgehensweise bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und ist deshalb auch bei Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen auf Deponien anzuwenden. Die Vorgehensweise zur Ermittlung der Gefährdungen und Festlegung der Schutzstufen bzw. der Schutzmaßnahmen entsprechend der Biostoffverordnung ist in Anhang 1 als Fließschema dargestellt.
Für die Gefährdungsbeurteilung entsprechend § 5 Abs. 1 der BioStoffV hat der Arbeitgeber ausreichende Informationen zu beschaffen. Zu berücksichtigen sind dabei:
Als Ergebnis aus der Bearbeitung der o. g. Punkte sind die einzelnen Tätigkeiten einer Schutzstufe zuzuordnen.
Ist die Zuordnung zu einer Schutzstufe z. B. aufgrund nicht ausreichender Informationen nicht möglich, sind nach dem Stand der Technik Art, Ausmaß und Dauer der Exposition der Beschäftigten gegenüber biologischen Arbeitsstoffen zu ermitteln und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Wie schon erwähnt, sind dabei sensibilisierende und toxische Wirkungen von biologischen Arbeitsstoffen zusätzlich zu berücksichtigen.
Die bisher vorliegenden Informationen für den Deponiebereich werden in dieser Handlungsanleitung zusammengefasst dargestellt und können als Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung nach Abs. 1 herangezogen werden.
Entsprechend der Biostoffverordnung werden biologische Arbeitsstoffe anhand des von ihnen ausgehenden Infektionsrisikos in vier Risikogruppen unterteilt:
Risikogruppe 1: Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen.
Risikogruppe 2: Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung der Stoffe in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich.
Risikogruppe 3: Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für die Beschäftigten darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.
Risikogruppe 4: Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für die Beschäftigten darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.
Zur Eingruppierung in Risikogruppen sind die TRBA 460 „Einstufung von Pilzen in Risikogruppen“, die TRBA 462 „Einstufung von Viren in Risikogruppen“ und die Merkblätter „Sichere Biotechnologie; Eingruppierung biologischer Agenzien“ (BGI 631-634) der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie zu beachten. In der Regel treten auf Deponien Mikroorganismen der Risikogruppen 1 und 2 auf. Nur in Ausnahmefällen können auch Mikroorganismen der Risikogruppe 3 vorkommen. Mikroorganismen der Risikogruppe 4 spielen in Deutschland keine Rolle.
Die Bandbreite der Einordnung in Risikogruppen bedingt, dass in Art und Höhe des Gefährdungspotenzials innerhalb einzelner Gruppen Differenzierungen vorgenommen werden müssen.
So ist z. B. die Risikogruppe 2 sehr heterogen. Sie enthält Erreger ernsthafter Krankheiten, gegen die allerdings wirksame Therapien oder Impfmöglichkeiten vorhanden sind; ebenso Keime, die nur unter besonderen Voraussetzungen Infektionen auslösen können. Sie kommen als normale Besiedler, z. B. auch auf der Haut oder im Darm des Menschen und anderer Lebewesen vor.
Vertreter der Risikogruppe 3 finden sich in Deutschland mit Ausnahme der Bakterien Bacillus anthracis (Milzbranderreger) sowie Chlamydophila psittaci (Erreger der Papageienkrankheit; im Vogelkot) nur bei den Viren. Prominentes Beispiel ist das Hepatitis-B-Virus.