4 Besondere Schutzmaßnahmen bei Arbeiten in oder an Baugruben und Gräben

4.1 Abrutschen von Erd- und Felsmassen

4.1.1

Wände von Baugruben und Gräben sind so zu böschen oder zu verbauen, dass Personen nicht durch Abrutschen von Massen gefährdet werden können. Dabei sind alle Einflüsse zu berücksichtigen, die die Standsicherheit des Bodens beeinträchtigen können.

 

 
  Siehe auch § 5 Abs. 3 der DGUV Vorschrift 38 "Bauarbeiten" und DIN 4124.


4.2 Geböschte Baugruben und Gräben

4.2.1

Baugruben und Gräben bis 1,25 m Tiefe dürfen ohne Sicherung mit senkrechten Wänden hergestellt werden, wenn die angrenzende Geländeoberfläche
a. bei nichtbindigen und weichen bindigen Böden nicht steiler als 1:10;
b. bei mindestens steifen bindigen Böden nicht steiler als 1:2 ansteigt und

4.2.2

Baugruben und Gräben bis 1,75 m Tiefe dürfen nach Abbildung 8 (linke Seite) ausgehoben werden, wenn der mehr als 1,25 m über der Sohle anstehende Bereich der Erdwand unter dem Winkel ß ≤ 45° geböscht wird und

Andere Begrenzungen der Erdwand sind ebenfalls zulässig, wenn dadurch zusätzlich Boden entfernt (Abbildung 8, rechte Seite) wird oder die Sicherung des mehr als 1,25 m über der Sohle anstehende Bereich der Erdwand mit einem Teilverbau (Abbildung 9) vorgenommen wird.

Abb. 8 und 9

4.2.3

Ohne rechnerischen Nachweis der Standsicherheit dürfen bis zu 5,0 m Wandhöhe folgende Böschungswinkel nicht überschritten werden:
a. ß = 45° bei nichtbindigen oder weichen bindigen Böden
b. ß = 60° bei mindestens steifen bindigen Böden
c. ß = 80° bei Felsen

Bei Böschungshöhen über 5,0 m ist grundsätzlich ein Standsicherheitsnachweis durchzuführen.

 

 
  Siehe auch Abschnitt 4.2 der DIN 4124.



Max. 45° – in nicht bindigen oder weichen
bindigen Böden (z.B. Mutterboden, Sande,
Kiese, weicher Ton)
Abb. 10a Zulässige Böschungswinkel

Max. 60° – in mind. steifen bindigen Böden
(z.B. Lehm, Mergel)
Abb. 10b Zulässige Böschungswinkel

Max. 80° – in gesundem, festem Fels (z.B. Fels
ohne zur Baugrube hin einfallenden Schichten,
Klüfte, Verwitterung)
Abb. 10c Zulässige Böschungswinkel

Abb. 10 Zulässige Böschungswinkel bis max. 5,00 m Tiefe – bis zu einer Tiefe von 1,25 m können bei standsicherem Boden senkrechte Grabenwände hergestellt werden


4.3 Verbaute Baugruben und Gräben

4.3.1

Falls nicht geböscht wird, sind Baugruben und Gräben vollflächig zu verbauen. Dabei muss der obere Rand des Verbaues die Geländeoberfläche bis zu einer Tiefe von 2,0 m um mindestens 0,05 m, bei einer Tiefe von mehr als 2,0 m um mindestens 0,10 m überragen.

4.3.2

Bei mindestens steifem bindigem Boden darf der Verbau in Bauzuständen, die nach wenigen Tagen beendet sind, bei Fels gegebenenfalls auch in längerfristigen Bauzuständen bis zu 0,50 m oberhalb der Aushubsohle enden, sofern keine ungünstige Gegebenheit und kein ungünstiger Einfluss nach Abschnitt 4.2.7 der DIN 4124 vorliegen und kein Erddruck aus Bauwerkslasten aufzunehmen ist.

4.3.3

Die Stirnseite des Grabens ist durch Verbau zu sichern, z. B. durch eine Stahlplatte. Bei einer Tiefe bis zu 1,75 m und einer Breite bis zu 1,25 m darf die Stirnseite im mindestens steifem bindigen Boden unverbaut ausgeführt werden.

4.3.4

Der Verbau darf nur auf Anordnung des oder der Aufsichtführenden um- oder ausgebaut werden. Er darf nur zurückgebaut werden, soweit er durch Verfüllen entbehrlich geworden ist. Der Verbau ist beim Verfüllen an Ort und Stelle zu belassen, wenn er nicht gefahrlos entfernt werden kann.

4.3.5

Der oder die Aufsichtführende oder eine von ihm bzw. ihr beauftragte Person, welche die erforderlichen Fachkenntnisse besitzt, hat den Grabenverbau während der Bauausführung regelmäßig zu kontrollieren, insbesondere

4.3.6

Dabei festgestellte Mängel und Gefahrenzustände sind unverzüglich zu beseitigen.

Bei der Kontrolle ist besonders zu achten auf

 

 
  Siehe hierzu auch Abschnitte 4.3.9 und 4.3.11 der DIN 4124.


4.4 Verkehrswege an Rohrgräben und Baugruben

4.4.1 Schutzstreifen

4.4.1.1

An Rohrleitungsgräben und Gruben, wo entweder der Rand oder die Grube selbst betreten werden müssen, sind an den Rändern mindestens 0,60 m breite, möglichst waagerechte Schutzstreifen anzuordnen und von Aushubmaterial und Gegenständen freizuhalten.

4.4.1.2

Bei Gräben bis zu einer Tiefe von 0,80 m kann auf einer Seite auf den Schutzstreifen verzichtet werden.

4.4.2 Leitern, Treppen, Übergänge

4.4.2.1

Rohrleitungsgräben und Gruben von mehr als 1,25 m Tiefe dürfen nur über geeignete Einrichtungen, insbesondere Leitern oder Treppen, betreten und verlassen werden.

4.4.2.2

Gräben von mehr als 0,80 m Breite sind in ausreichendem Maße mit Übergängen, z. B. Laufbrücken oder Laufstegen, zu versehen.


4.5 Arbeitsraumbreiten

Baugruben und Leitungsgräben, in denen gearbeitet wird, müssen – mit Rücksicht auf die Sicherheit der Versicherten, aus ergonomischen Gründen und um eine einwandfreie Bauausführung zu gewährleisten – einen ausreichenden Arbeitsraum aufweisen. Deshalb sind die vorgeschriebenen Mindestarbeitsraumbreiten zu beachten. Aus bauverfahrenstechnischen Gründen können größere Grabenbreiten erforderlich sein.

 

 
  Als Mindestarbeitsraumbreiten sind die Werte nach DIN EN 1610 (Abwasserleitungen und -kanäle), DIN 4124 (alle übrigen Leitungen), DVGW 400-2 und GW 350 (Kopflöcher beim Schweißen) sowie AGFW FW 401 Teil 12 einzuhalten (siehe Anhang 1).


4.6 Erdverlegte Leitungen und Kabel

4.6.1

Bei unvorhergesehenem Antreffen erdverlegter Leitungen und Kabel

Die weiteren Erd- und Bauarbeiten dürfen nur in Abstimmung mit dem Betreiber durchgeführt werden.

 

 
  Siehe auch DGUV Information 203-017 "Schutzmaßnahmen bei Erdarbeiten in der Nähe erdverlegter Kabel und Rohrleitungen"

4.6.2

Freigelegte Leitungen und Kabel sind in Abstimmung mit dem Leitungsbetreiber so zu sichern, dass keine Gefahr für die Versicherten entstehen kann.

 

 
  Siehe auch § 6 der DGUV Vorschrift 38 "Bauarbeiten".

4.6.3

Als Schutzrohre für Kabel dürfen keine PE-Wasserleitungsrohre (blaue Rohre oder schwarze Rohre mit blauen Streifen) verwendet werden.

Werden Schutzrohre (z. B. schwarze PE-Rohre) eingesetzt, muss auf die innen liegende Leitung z. B. mit Trassenwarnbändern deutlich hingewiesen werden.

 

 
  Siehe auch Arbeitsstättenregel ASR A1.3 Ziffer 4 Abs. 2 sowie DVGW Arbeitsblatt GW 335 Teile A2 u. A3 Ziffer 4.2.5 und DVGW-GW-Information Ziffer 3.2.