5 Tätigkeiten mit "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen
Seit dem 01.06.2000 dürfen "alte" Mineralwolle-Dämmstoffe nicht mehr verwendet werden. Durch das Verwendungsverbot sind Tätigkeiten mit "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen daher nur noch im Zuge von Demontage-, Abbruch-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten möglich bzw. zulässig. Derartige Tätigkeiten sind in den Tabellen 1a und 1b dieser DGUV Information aufgeführt.
Wegen des Verwendungsverbots dürfen auch ausgebaute "alte" Mineralwolle-Dämmstoffe grundsätzlich nicht wieder eingebaut werden. Ausgenommen von dem Verbot der Remontage (Wiedereinbau) sind lediglich im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten demontierte Mineralwolle-Dämmstoffe, wenn dabei keine oder nur eine geringe Faser-Exposition zu erwarten ist (siehe Expositionskategorie E1 in den Tabellen 1a und 1b).
Liegen keine Informationen über die Eigenschaften der Fasern vor – dies wird in der Praxis bei Arbeiten an/mit eingebauten Produkten die Regel sein – ist bei der Beurteilung zunächst von "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen, d. h. von einer Krebsgefahr, auszugehen. Diese Beurteilung der eingebauten Produkte beinhaltet kein Gebot des Entfernens.
Jedoch wäre bei den Arbeiten – falls keine Ermittlungen zur Höhe der Faserbelastung vorliegen – der gesamte Maßnahmenkatalog der Expositionskategorie 3 der TRGS 521 heranzuziehen. Dies erscheint jedoch gerade bei Tätigkeiten, die erfahrungsgemäß zu keiner oder nur zu einer geringen Faserstaubbelastung führen, nicht angemessen.
5.1 Expositionskategorien
Eine pragmatische Hilfestellung für die Auswahl und Festlegung der Schutzmaßnahmen bei eingebauten "alten" Mineralwolle-Produkten liefert die TRGS 521. Diese Technische Regel enthält sowohl für den Bereich "Hochbau" als auch für den Bereich "Technische Isolierung" eine Auflistung von Tätigkeiten, denen verschiedene Expositionskategorien zugeordnet sind. Die Tätigkeitsauflistung der TRGS 521 ist im Anhang I dieser DGUV Information enthalten.
Die erforderlichen Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit eingebauten Mineralwolle-Produkten orientieren sich an der Höhe der Staubbelastung der Beschäftigten am Arbeitsplatz (Expositionskategorien).
- Expositionskategorie E1
beinhaltet Tätigkeiten, die unter Berücksichtigung der beschriebenen Schutzmaßnahmen erfahrungsgemäß zu keiner oder nur zu einer sehr geringen Faserstaub-Exposition führen.
- Expositionskategorie E2
beinhaltet Tätigkeiten, bei denen unter Berücksichtigung der beschriebenen Schutzmaßnahmen und Art der Tätigkeit eine geringe bis mittlere Faserstaub-Exposition zu erwarten ist.
- Expositionskategorie E3
Für alle Tätigkeiten, die nicht in den Tabellen 1a und 1b im Anhang I aufgeführt sind oder für Tätigkeiten, bei denen die Einschränkungen für die Expositionskategorie E2 nicht vorliegen, gilt immer die Expositionskategorie E3.
5.2 Luftgrenzwert am Arbeitsplatz
Ein gesundheitsbasierter Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) liegt für eingestufte Faserstäube aus Mineralwolle-Dämmstoffen derzeit nicht vor.
5.3 Schutzmaßnahmen bei "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen
5.3.1 Maßnahmenkatalog bei Expositionskategorie 1
Bei allen Tätigkeiten der Expositionskategorie E1 sind die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen erforderlich:
- Tätigkeiten mit alter Mineralwolle in das Gefahrstoffverzeichnis des ausführenden Betriebes aufnehmen (d. h. einmalig, unternehmensbezogen und baustellenunabhängig).
- Staubarme Bearbeitung und staubarme Reinigung; d. h.
- Material nicht reißen, sondern möglichst sorgfältig z. B. mit Messer oder Schere heraustrennen.
- Keine schnell laufenden, motorgetriebenen Sägen ohne Absaugung beim Ausbau verwenden.
- Ausgebautes Material nicht werfen.
- Für gute Durchlüftung am Arbeitsplatz sorgen.
- Das Aufwirbeln von Staub vermeiden.
- Arbeitsplatz sauber halten und regelmäßig reinigen.
- Anfallende Stäube und Staubablagerung nicht mit Druckluft abblasen oder trocken kehren, sondern mit Industriestaubsauger (mindestens Kategorie M), gegebenenfalls unter Verwendung eines Vorabscheiders, aufnehmen bzw. feucht reinigen.
- Abfälle am Entstehungsort möglichst staubdicht verpacken und kennzeichnen. Für den Transport geschlossene Behältnisse (z. B. Tonnen, reißfeste Säcke, Big-Bags) verwenden. Behältnisse bei Nichtgebrauch geschlossen halten.
- Locker sitzende, geschlossene Arbeitskleidung und Schutzhandschuhe, z. B. aus Leder oder nitrilbeschichtete Baumwollhandschuhe tragen.
- Nach Beendigung der Arbeit Baustaub auf der Haut mit Wasser abspülen.
- Bei empfindlicher Haut sollten nach der Arbeit Hautpflegemittel verwendet werden.
- Erstellung einer Betriebsanweisung.
- Unterweisung der Beschäftigten.
- Angebot der arbeitsmedizinischen Vorsorge.
- Führen eines aktualisierten Verzeichnisses nach § 14 Absatz 3 GefStoffV über die Beschäftigten, die Tätigkeiten mit alter Mineralwolle ausführen (z. B. in der Zentralen Expositions-Datenbank ZED).1)
5.3.2 Maßnahmenkatalog bei Expositionskategorie E2
Alle Maßnahmen der Expositionskategorie E1, zusätzlich:
- Faserstäube direkt an der Austritts- oder Entstehungsstelle erfassen, soweit dies möglich ist.
- Für Reinigungsarbeiten müssen Industriestaubsauger (mindestens der Staubklasse M) verwendet werden.2)
- Lüftungstechnische Anlagen regelmäßig warten und instandhalten.
- Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten durch organisatorische Schutzmaßnahmen.
- Es wird empfohlen, auf Wunsch der Beschäftigten persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.
Atemschutz:3)
- Filtergerät mit Gebläse TM1P oder gebläseunterstützte Haube bzw. Helm (z. B. TH2P) oder
- partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 oder
- Halb-/Viertelmaske mit P2-Filter
- Schutzhandschuhe, z. B. aus Leder oder nitrilbeschichtete Baumwollhandschuhe.
- Schutzbrille, insbesondere bei Überkopfarbeiten.
- Atmungsaktiver Schutzanzug Typ 5.
- Arbeitsbereiche abgrenzen und kennzeichnen.
- Folienabdeckung bei mangelnder Reinigungsmöglichkeit.
- Staubdichte Verpackung.
- Rauch-/Schnupfverbot am Arbeitsplatz.
- Waschmöglichkeit vorsehen.
5.3.3 Maßnahmenkatalog bei Expositionskategorie E3
Alle Maßnahmen der Expositionskategorie E1 und E2, zusätzlich:
- Beschäftigungsbeschränkung für Jugendliche.
- Persönliche Schutzausrüstung muss getragen werden.
- Arbeitsmedizinische Vorsorge (G 26 "Atemschutzgeräte").4)
- Reinigung oder Entsorgung der Schutzkleidung.
- Getrennte Umkleideräume für Straßen- und Arbeitskleidung, Waschraum mit Duschen (Schwarz-Weiß-Anlage).
1) https://www.dguv.de/ifa/gestis/zentrale-expositionsdatenbank-(zed)/index.jsp
2) Siehe DGUV Information 209-084 "Industriestaubsauger und Entstauber"
3) Siehe DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten"
4) Siehe dazu Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 14.2 "Einteilung von Atemschutzgeräten in Gruppen".