(1) Die Feststellung eines tätigkeitsbedingten und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhten Infektionsrisikos ist Aufgabe des Arbeitgebers im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. Die Gefährdungsbeurteilung muss erkennen lassen, dass für die Tätigkeit grundsätzlich, das heißt unabhängig vom einzelnen Beschäftigten, eine Impfung anzubieten ist. Der Arbeitgeber soll sich hierbei durch den Arzt oder die Ärztin beraten lassen. Der Arzt oder die Ärztin hat bei seiner oder ihrer Beratung die Empfehlungen zu berücksichtigen, die dem aktuellen Stand der Arbeits- und Tropenmedizin entsprechen.
(2) Bei dem in Anhang Teil 4 Absatz 1 Nummer 2 ArbMedVV genannten Vorsorgeanlass (Pflichtvorsorge) besteht hinsichtlich der Erreger, die infolge der Infektionsgefährdung zum Vorsorgeanlass geführt haben, ein tätigkeitbedingtes und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhtes Infektionsrisiko.
(3) Bei einer Wunschvorsorge sind die konkrete Tätigkeit, der Reiseverlauf und die Aufenthaltsbedingungen zu beurteilen. Das Infektionsrisiko ist tätigkeitsbedingt und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht, wenn Erkenntnisse dafür vorliegen, dass Beschäftigte aufgrund der Tätigkeit, der Verhältnisse während der Reise und vor Ort sowie der Art und des Auftretens des Erregers in einem deutlich gefährdenden Bereich tätig sind. Anhaltspunkte können sich zum Beispiel aus Unfallberichten, der arbeitsmedizinischen Vorsorge, dem Berufskrankheitengeschehen und aus der Literatur ergeben.
(4) Tätigkeitsbedingt ist auch der mit der Tätigkeit verbundene Aufenthalt selbst. Der Aufenthalt schließt grundsätzlich die erwartbare Freizeitgestaltung mit ein, solange sie im üblichen Rahmen liegt. Inwieweit die Infektionsgefährdung, die sich aus der Freizeitgestaltung ergibt, als tätigkeitsbedingt anzusehen ist, hängt unter anderem auch von der Länge des Auslandsaufenthaltes ab.
(5) Der Feststellung eines erhöhten Infektionsrisikos ist ein Vergleich zwischen der Häufigkeit (Inzidenz oder Prävalenz) der Infektion bei der Allgemeinbevölkerung im Aufenthaltsgebiet (unter Berücksichtigung der Durchimpfung bzw. Immunität) und der Allgemeinbevölkerung in Deutschland zugrunde zu legen. Zu beachten sind auch Risiken, die auf von Deutschland wesentlich abweichende Verhältnisse zurückzuführen sind (zum Beispiel Stand der medizinischen Versorgung, Vorkommen von Zoonosen).