4 Schutzmaßnahmen

4.1 Grundsätze

(1) Die in den nachfolgenden Abschnitten für einzelne Arbeitsbereiche aufgeführten Schutzmaßnahmen sind wie folgt untergliedert:

  1. bauliche Maßnahmen bzw. technische Maßnahmen,
  2. organisatorische einschließlich hygienischer Maßnahmen,
  3. persönliche Schutzmaßnahmen und -ausrüstungen.

(2) Sind einzelne Maßnahmen nicht ausreichend, eine angemessene Sicherheit zu gewährleisten, sind verschiedene Maßnahmen miteinander zu verknüpfen. Auch bei der Kombination mehrerer Schutzmaßnahmen ist die oben genannte Rangfolge zu beachten. Abweichungen von der Reihenfolge der Hierarchie der Schutzmaßnahmen sind in der Gefährdungsbeurteilung zu begründen.

(3) Die innerbetriebliche Umsetzung dieser Maßnahmen liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers und muss die tatsächlichen Gegebenheiten berücksichtigen. Die Exposition gegenüber Biostoffen wird wesentlich durch die Gestaltung und Verfahrenstechnik der technischen Anlagen, Einrichtungen und Arbeitsmittel (auch Fahrzeuge) sowie die spezifische Tätigkeit beeinflusst. Unerlässlich ist ebenso die konsequente Einhaltung der organisatorischen Maßnahmen, insbesondere der Hygienemaßnahmen, um das erforderliche Arbeitsschutzniveau aufrecht zu erhalten.

(4) Von den Regelungen dieser TRBA kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass mindestens gleichwertige Schutzmaßnahmen getroffen werden. Die Gleichwertigkeit des Schutzniveaus ist auf Verlangen der zuständigen Behörde im Einzelfall nachzuweisen.

(6) Werden Änderungen an Maschinen vorgenommen, auch solche, die im Sinne dieser TRBA als nachgerüstete Schutzmaßnahme verstanden werden können, soll dies vorrangig mit dem Hersteller oder Inverkehrbringer abgeklärt werden. Die EG-Konformitätserklärung nach der „Maschinenrichtlinie“ [8] kann davon berührt sein.

(7) Auf die Koordinierungspflicht nach § 8 Arbeitsschutzgesetz bei der Zusammenarbeit verschiedener Arbeitgeber wird hingewiesen. Die Schutzmaßnahmen dieser TRBA sind zwischen den beteiligten Arbeitgebern abzustimmen und anzuwenden (s. a. Abschnitt 3.1 Absatz 4).

4.2 Allgemeine Schutzmaßnahmen

(1) Der Arbeitgeber hat bei der Planung und Beschaffung von Anlagen und Arbeitsmitteln zu berücksichtigen, dass eine Exposition der Beschäftigten gegenüber Biostoffen beim Betrieb soweit wie nach dem Stand der Technik möglich minimiert wird.

(2) Das Arbeiten in Bereichen, in welchen Gefährdungen durch Biostoffe auftreten, ist zu minimieren.

(3) Die allgemeinen Grundsätze zur Hygiene der TRBA 500 „Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“ [9] sind bei Tätigkeiten mit Biostoffen zu beachten.

(4) Betriebsgebäude mit Räumen ohne unmittelbaren Umgang mit Abwasser wie z. B. Büroräumen, Leitwarte und Räumen unter Abschnitt 4.7 dürfen nur mit sauberem Schuhwerk betreten werden. Im Eingangsbereich dieser Betriebsgebäude müssen Einrichtungen zum Reinigen von verschmutztem Schuhwerk (z. B. Fußmatten, Rost) und abwaschbarer Schutzkleidung (z. B. Waschanlagen für Stiefel und Schutzkleidung) vorhanden sein.

(5) In der Nähe von Arbeitsplätzen, an denen mit einer Kontamination durch Biostoffe zu rechnen ist, müssen in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung Waschgelegenheiten vorhanden sein (s. a. Abschnitt 4.4.1 Absatz 3 und Abschnitt 4.7.1 Absatz 2).

(6) Da auch die Sauberkeit am Arbeitsplatz einen Einfluss auf die Gefährdung durch Biostoffe hat, ist ein konsequent durchgeführtes Reinigungsmanagement notwendig. Dazu ist die Aufstellung eines Reinigungs- und Hygieneplans mit festgelegten Reinigungsintervallen (siehe Anhang 2) erforderlich. Seine Einhaltung ist schriftlich zu dokumentieren.

(7) Verschmutzte Arbeitsgeräte und Ausrüstungsgegenstände müssen unmittelbar nach der Tätigkeit gereinigt werden. Werden Arbeitsgeräte und Ausrüstungsgegenstände auch in anderen Arbeitsbereichen eingesetzt, sind diese basierend auf dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ggf. zusätzlich zu desinfizieren.

(8) Für alle Tätigkeiten (insbesondere bei Instandhaltungsarbeiten und Störungsbehebungen), die einen direkten Kontakt mit Abwasser, Schlämmen oder Rechengut bedingen, sind in der Gefährdungsbeurteilung PSA nach Abschnitt 4.8 festzulegen und zur Verfügung zu stellen. Diese sind zu benutzen.

(9) Bei Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten, bei denen mikrobiell belastete Aerosole entstehen (z. B. Tätigkeiten, bei denen Hochdruckreiniger/Flüssigkeitsstrahler oder Hochdruckspüleinrichtungen eingesetzt werden), sind geeignete PSA (z. B. Atemschutz, Augenschutz und ggf. flüssigkeitsdichte Schutzkleidung, siehe Abschnitt 4.8) zur Verfügung zu stellen. Die Beschäftigten sind in der Betriebsanweisung (siehe Abschnitt 4.2 Absatz 13) auf die Benutzungspflicht hinzuweisen und dazu regelmäßig zu unterweisen.

(10) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten die Aufnahme von Nahrungs- und Genussmitteln in Arbeitsbereichen, in denen die Gefahr der Verunreinigung mit Biostoffen besteht, zu untersagen. Daher hat er den Beschäftigten die Aufnahme von Nahrungs- und Genussmitteln unter solchen Bedingungen zu ermöglichen, dass die Aufnahme von Biostoffen aus der Arbeitsumwelt vermieden wird. Diese Forderung ist z. B. erfüllt, wenn

  1. entsprechende Räume zur Verfügung gestellt werden (siehe Abschnitt 4.7.2) und
  2. Erfrischungsgetränke so in der Nähe der Arbeitsplätze bereitgestellt bzw. aufbewahrt werden, dass ein Kontakt mit Biostoffen nicht möglich ist.

(11) Nach Tätigkeiten mit Biostoffen, vor dem Essen, Trinken und Rauchen sowie vor und nach der Nutzung der Toilette müssen die Beschäftigten mindestens ihre Hände waschen.

(12) Bei der Bekämpfung und Beseitigung von Ratten und Mäusen mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel nach Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 ist eine Fachkunde im Sinne von Anhang I Nummer 4.3 GefStoffV erforderlich. Auf biozidrechtliche Vorschriften gemäß der Gefahrstoffverordnung und der bekanntgegebenen Regeln [z. B. 10] und Erkenntnisse wird verwiesen.

(13) Gemäß § 14 Absatz 1 der BioStoffV sind Betriebsanweisungen zu erstellen, in denen insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen sind:

  1. die mit den Tätigkeiten verbundenen möglichen Gefährdungen durch Biostoffe und ihre gesundheitlichen Wirkungen,
  2. die notwendigen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln, dazu gehören insbesondere das Tragen, Verwenden und Ablegen von geeigneten PSA sowie innerbetriebliche Hygienevorgaben (einschl. Verweis auf den Reinigungs- und Hygieneplan),
  3. Informationen zur sachgerechten Entsorgung von kontaminierten Gegenständen, Materialien oder Arbeitsmitteln,
  4. Erste-Hilfe-Maßnahmen, Verhalten bei Unfällen und Betriebsstörungen.

Hinweise und Beispiele für die Erstellung von Betriebsanweisungen finden sich in „Betriebsanweisungen nach der Biostoffverordnung“ [11].

(14) Die Beschäftigten einschließlich der Mitarbeiter von Fremdfirmen und Leiharbeitnehmer sind über die möglichen Gefährdungen durch Biostoffe und die festgelegten Schutzmaßnahmen auf der Grundlage der Betriebsanweisung und des Reinigungs- und Hygieneplans in einer für sie verständlichen Form und Sprache zu unterweisen (§ 14 Absätze 2 und 3 BioStoffV). Dies hat vor Beginn der Tätigkeiten und danach in regelmäßigen Abständen, mindestens jährlich und darüber hinaus bei maßgeblichen Änderungen der Tätigkeiten in mündlicher Weise und arbeitsplatzbezogen zu geschehen. Die Unterweisung muss so gestaltet sein, dass das Sicherheitsbewusstsein der Beschäftigten hinsichtlich der Verhütung auftretender biologisch-gesundheitlicher Gefährdungen gestärkt wird.

(15) Allgemeine arbeitsmedizinische Beratung

  1. Im Rahmen der Unterweisung nach Absatz 14 hat eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung der Beschäftigten zu erfolgen. Dabei ist der bestellte Betriebsarzt bzw. der mit der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragte Arzt einzubeziehen (vgl. AMR 3.2). Eine Beteiligung ist z. B. auch durch die Schulung der Personen, die die Unterweisung durchführen oder durch die Mitwirkung bei der Erarbeitung von Unterweisungsmaterialien, gegeben.
  2. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind die Beschäftigten hinsichtlich der infektiösen Wirkungen relevanter Krankheitserreger zu beraten. Dies beinhaltet:
    a) deren Vorkommen (unmittelbar im Abwasser wie z. B. Hepatitis-A-Viren und Erreger von Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes oder Übertragung durch Nagetiere wie z. B. Hantavirus oder Leptospiren bei Vorkommen von Nagetieren wie Mäusen oder Ratten),
    b) deren Übertragungswege,
    c) Krankheitsbilder,
    d) das evtl. erhöhte individuelle Erkrankungsrisiko bei verminderter Immunabwehr,
    e) die Sofortmaßnahmen und Maßnahmen der postexpositionellen Prophylaxe sowie das weitere Vorgehen entsprechend aktueller Empfehlungen im Hinblick auf Schnitt- oder Stichverletzungen (z. B. an einer kontaminierten Kanüle),
    f) über die Möglichkeit von Schmier- und Kontaktinfektionen von kontaminierter Arbeits- oder Schutzkleidung auf vermeintlich saubere Hände bzw. vermeintlich saubere Flächen (z. B. Tische, Ablageflächen im Führerstand des Kanalreinigungsfahrzeugs).
  3. Eine Übersicht über mögliche Krankheitserreger, deren Einstufung in Risikogruppen sowie die verursachten Erkrankungen gibt Anhang 1.
  4. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind die Beschäftigten hinsichtlich der sensibilisierenden Wirkungen zu beraten. Dies beinhaltet:
    a) die Möglichkeit von Sensibilisierungen und allergischen Erkrankungen durch schimmelpilzhaltige Stäube sowie die Symptome, die bei einer solchen Erkrankung auftreten können wie
    am Auge: Bindehautentzündung mit Rötung, Tränenfluss, Lidschwellung, Fremdkörpergefühl und Juckreiz,
    an den oberen Atemwegen (Nase): Fließschnupfen, Stockschnupfen, Niesreiz, Verminderung des Riechvermögens,
    an den tiefen Atemwegen: pfeifende Atemnot, Gefühl der Brustenge, Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit, Überempfindlichkeit der Atemwege (bronchiale Hyperreagibilität), Minderung der Lungenfunktion,
    an Haut und Mundschleimhaut: Hautausschläge mit Rötungen und Schwellungen (Quaddeln), Juckreiz an Gaumen, Haut oder im Gehörgang, Lippenschwellung sowie Entzündung der Mundschleimhaut.
    b) die möglichen gesundheitlichen Risiken, die insbesondere eine familiäre Prädisposition zur Allergieentstehung oder eine bereits bestehende allergische Erkrankung (z. B. Heuschnupfen, allergisches Asthma, chronische Atemwegs-/Lungenerkrankungen) sowie vorliegende Infekte (z. B. Erkältungen) haben können und die Maßnahmen, die in einem solchen Fall zu treffen sind (z. B. Inanspruchnahme von Wunschvorsorge, Tätigkeitswechsel).
    c) das Recht, beim Auftreten einer allergischen Erkrankung eine Angebotsuntersuchung nach § 5 Absatz 2 ArbMedVV [12] wahrzunehmen.
  5. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind die Beschäftigten zu beraten hinsichtlich der toxischen Wirkungen über:
    a) Auslöser (in der Regel Endotoxine),
    b) Symptome (unspezifische Beschwerden der Schleimhäute des oberen Respirationstraktes und grippeähnliche Symptome – Organic dust toxic syndrome [ODTS]).
  6. Wird im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung durch Feuchtarbeit ermittelt (siehe TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“ [13]), sind die Beschäftigten hierüber einschließlich der Hautschutz- und Hautpflegemaßnahmen zu beraten.

Zur arbeitsmedizinischen Beratung zählt auch, welche Informationen die Beschäftigten ihren Hausärztinnen und -ärzten mitteilen sollten, wenn sie diese mit unspezifischen Symptomen aufsuchen.

(16) In der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung sind die Beschäftigten über die auf der Basis der Gefährdungsbeurteilung festgelegte arbeitsmedizinische Vorsorge und ggf. mögliche Impfungen zu informieren. Zudem ist auf die erforderliche arbeitsmedizinische Pflicht- und Angebotsvorsorge hinzuweisen, sowie auf das Recht, beim Auftreten einer möglicherweise tätigkeitsbedingten Erkrankung eine Angebotsvorsorge nach § 5 Absatz 2 ArbMedVV wahrzunehmen [12].

(17) Die Beschäftigten sind darüber hinaus zu informieren und zu beraten über:

  1. die konkreten Tätigkeiten, bei denen PSA zu tragen sind (insbesondere Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und Atemschutz) sowie die Anleitung zu deren Handhabung und den Wechselturnus, soweit erforderlich. Die Notwendigkeit der Maßnahmen sollte erläutert werden, um die Akzeptanz zu gewinnen.
  2. die Belastungen durch das Tragen von PSA (insbesondere Atemschutz und Schutzhandschuhe),
  3. die konsequente Umsetzung von Hygienemaßnahmen und
  4. das Vorgehen bei Symptomen, die ihre Ursache in der Tätigkeit haben können (z. B. Information des Hausarztes oder der Hausärztin über die ausgeübte Tätigkeit, Mitteilung an den für die Arbeiten Verantwortlichen).

Die Benutzung der PSA sowie die richtige Handreinigung und Händedesinfektion sind zu trainieren.

4.3 Spezielle Schutzmaßnahmen bei Abwasserableitung

4.3.1 Bauliche und technische Maßnahmen

(1) Die Verfahrenstechnik ist so zu wählen, dass der Kontakt zu Abwasser, Schlämmen und Feststoffen vermieden oder reduziert wird, z. B. durch:

  1. Automatisierung von Arbeiten z. B. durch den Einbau technischer Einrichtungen wie Spülkippen sowie Wirbeljets in Regenbecken,
  2. Maschinelle Reinigungsverfahren bei großen Kanalquerschnitten, die manuelle Reinigungsverfahren entbehrlich machen,
  3. Revisionsöffnungen in Kanälen und Schachtbauwerken für Sichtkontrollen mit Kameras oder das Einbringen von Spüleinrichtungen,
  4. Bevorzugte Wahl geschlossener Mengenmesseinrichtungen,
  5. Einsatz von Inspektionskameras und Drohnen zur Durchführung von Sichtkontrollen und Schadenserhebung ohne Begehungen.

(2) Zur Minimierung der Freisetzung von Aerosolen beim Abwassertransport sind Maßnahmen zu treffen wie z. B.:

  1. hydraulisch günstige Gestaltung von Absturzbauwerken,
  2. Verringerung der Fallhöhe bei stürzenden Wassermassen.

4.3.2 Organisatorische Maßnahmen

(1) Das Arbeiten in unterirdischen Bauwerken der Abwasserableitung ist durch die Wahl automatisierter Arbeitsverfahren (siehe Abschnitt 4.3.1) zu minimieren.

(2) Muss in unterirdischen Bauwerken gearbeitet werden, sind diese soweit möglich bei geringen Fließgeschwindigkeiten und niedrigen Wasserständen durchzuführen.

(3) Die Exposition der Beschäftigten in unterirdischen Bauwerken gegenüber Bioaerosolen ist durch eine Frischluftzufuhr zu reduzieren.

4.4 Spezielle Schutzmaßnahmen bei Kanalreinigungsfahrzeugen

4.4.1 Bauliche und technische Maßnahmen

(1) Die Exposition von Beschäftigten gegenüber Aerosolen bei der Kanal- und Bauwerksreinigung ist zu verringern; geeignet sind z. B. Schachtabdeckungen oder eine Luftschleierabsperrung (siehe Anhang 3).

(2) Die Einrichtung zur Hochdruckkanalspülung soll mit einer Fernbedienung zur Steuerung ausgestattet sein.

(3) An Fahrzeugen müssen geeignete Waschgelegenheiten vorhanden sein. Geeignet sind Waschgelegenheiten mit fließendem Warmwasser sowie Spender für Reinigungsmittel und Einmalhandtücher.

(4) Die Oberflächen im Innenraum von Fahrzeugkabinen sind nach Möglichkeit so zu gestalten, dass sie leicht zu reinigen sind. Staubbindende Gegenstände (z. B. Kissen, Sitzabdeckungen, Teppiche) sind aus Führerhäusern fern zu halten.

4.4.2 Organisatorische Maßnahmen

(1) Ist die Aerosolreduzierung durch technische Maßnahmen (siehe Abschnitt 4.4.1 Absatz 1) nicht möglich, darf die Steuerung des Kanalspülvorgangs nur mit Fernbedienung und nicht unmittelbar am Schacht erfolgen. Als geeignet hat sich ein Abstand von ca. 4 m Entfernung unter Beachtung der Windrichtung erwiesen [7].

(2) Das Kanal-Hochdruckspülgerät ist rechtzeitig vor Erreichen des Schachtes in der Leistung so zu drosseln oder abzuschalten, dass die Exposition der Beschäftigten zum Ende der Kanalspülung reduziert wird.

(3) Fahrzeugkabinen müssen arbeitstäglich gereinigt werden (z. B. feucht wischen).

(4) Die Waschgelegenheiten zur hygienischen Händereinigung sind von den Beschäftigten zu benutzen. Deren Wassertanks sind arbeitstäglich zu entleeren und mit Frischwasser aufzufüllen.

(5) Arbeitsmittel oder benutzte PSA wie z. B. Wathosen, Stiefel, Handschuhe, Helme oder Wetterschutzkleidung sind nicht in der Fahrerkabine aufzubewahren.

(6) Bei der Verwendung von Kanalreinigungsfahrzeugen mit Wasserrückgewinnungstechnik ist in der Gefährdungsbeurteilung die erhöhte Biostoffbelastung zu berücksichtigen.

4.5 Spezielle Schutzmaßnahmen bei der Abwasserbehandlung

4.5.1 Bauliche und technische Maßnahmen

(1) Die Verfahrenstechnik ist so zu wählen, dass der Kontakt zu Abwasser, Schlämmen, Feststoffen und die Freisetzung von Aerosolen vermieden oder reduziert wird, z. B. durch:

  1. geschlossene oder abgedeckte Wasserführungen, insbesondere bei Schneckenförderern,
  2. Abdeckung des Rechengerinnes sowie eine Einhausung/Kapselung des Rechens,
  3. Förderung und Lagerung des Rechengutes in PE-Endlosschläuche,
  4. Absaugung der Luft über dem Rechengutcontainer, 5. den automatischen Austrag von Feststoffen aus Sandfängen, Rechenanlagen, Siebanlagen, Rechengutentwässerungsanlagen und Stetigförderer in sichere Behälter zum Abtransport,
  5. Abdeckung von Becken,
  6. Verwendung geschlossener Behälter für die Fremdannahme von Abwässern und Schlämmen,
  7. Verwendung von Schutzabdeckungen mit Fenstern für Sichtkontrollen, z. B. bei automatischen Messstationen oder bei Entwässerungsanlagen,
  8. Verwendung von Einhausung, Abdeckung oder Spritzschutzeinrichtung bei Oberflächenbelüftern,
  9. Einsatz von Reinigungsanlagen für Tücher der Kammerfilterpressen,
  10. Verwendung automatischer und festinstallierter Reinigungsgeräte für Ablaufrinnen an Nachklärbecken,
  11. Errichtung von Windabweisern und Schutzwänden z. B. dichte Bepflanzung,
  12. Sohlgleiten anstelle von Abstürzen.

(2) In Räumen von Abwasserbehandlungsanlagen ist für eine wirksame Lüftung zu sorgen z. B. durch:

  1. eine natürliche Lüftung, z. B. durch geeignete Anordnung von Toren und Fenstern,
  2. eine technische Lüftung als Zu- oder Abluft. In Rechengebäuden ist eine Zuluft zu bevorzugen.

Es ist zu vermeiden, dass kontaminierte Luftströme in andere Arbeitsbereiche gelangen, z. B. bei Zuluftansaugung für raumlufttechnische Anlagen.

4.5.2 Organisatorische Maßnahmen

(1) Anhand von Kontroll- und Wartungsplänen ist eine regelmäßige Wartung und Pflege der lüftungstechnischen Anlagen durchzuführen und zu dokumentieren. Die lüftungstechnischen Anlagen sind nach Bedarf, mindestens aber jährlich, durch eine befähigte Person [§ 2 (6) BetrSichV] zu prüfen. Über das Ergebnis der Prüfungen ist ein Nachweis zu führen.

4.6 Untersuchung von Abwasser und Klärschlämmen

(1) Ausschließlich kurzzeitige Tätigkeiten geringen Umfangs im Rahmen der Eigenüberwachung wie z. B. Trübungsmessungen, Bestimmung des Absetzverhaltens sowie der Trockenmasse und Verwendung von Küvettentests, können unter den Bedingungen der Schutzstufe 1 gemäß der TRBA 100 [14] durchgeführt werden.

(2) Regelmäßige und umfangreichere Tätigkeiten mit entsprechenden Probenmaterialien sind unter den Bedingungen der Schutzstufe 2 gemäß der TRBA 100 durchzuführen, z. B. bei spezieller Erregerdiagnostik in Kläranlagen medizinischer Einrichtungen, wenn mit einem erhöhten Aufkommen potenter Krankheitserreger gerechnet wird.

(3) Werden Untersuchungen durchgeführt, bei denen Gefahrstoffe zum Einsatz kommen, wie z. B. Küvettentests, sind die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung zu beachten.

4.7 Pausen-, Bereitschafts- und Sanitärräume

4.7.1 Bauliche und Technische Maßnahmen

(1) Auf Stützpunkten (z. B. Abwasserbehandlungsanlagen, Bauhöfen) sind Umkleideräume einzurichten, die die getrennte Aufbewahrung für Arbeits-/Schutzkleidung einerseits und Privatkleidung andererseits ermöglichen (Schwarz- Weiß-Trennung). Vorzugsweise soll die Aufbewahrung von Arbeits- und Privatkleidung in zwei Räumen erfolgen, die durch einen Waschraum verbunden sind. Waschräume mit Duschen sind einzurichten.

(2) Auf zeitweise besetzten Betriebsstätten reichen Waschgelegenheiten zur Händereinigung aus.

(3) Waschgelegenheiten zur Händereinigung entsprechen den hygienischen Erfordernissen, wenn sie mit fließendem Kalt- und Warmwasser sowie Spendern für Reinigungs-, Hautschutz- und Pflegemittel und ggf. Desinfektionsmittel (nach dem Hautschutzplan) und Einmalhandtüchern ausgestattet und die Armaturen der Handwaschbecken vorrangig ohne Handberührung bedienbar sind.

(4) Für Arbeits- und Schutzkleidung, die bei der Tätigkeit feucht geworden ist, muss eine Trocknungsmöglichkeit bis zur Wiederbenutzung vorhanden sein, z. B. in einem ausreichend belüfteten Trockenraum oder mit elektrisch betriebenen Trockenschränken.

(5) Pausenräume sind unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten einzurichten, in denen auch geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten für Nahrungsmittel vorzusehen sind.

4.7.2 Organisatorische Maßnahmen

(1) Vor dem Betreten der Pausenräume sind mindestens die Hände zu reinigen und entsprechend der Gefährdungsbeurteilung zu desinfizieren. Der erstellte Hautschutzplan ist zu beachten.

(2) Pausenräume dürfen nicht mit verschmutzter Arbeitskleidung betreten werden. Schutz- oder Arbeitskleidung muss, wenn sie erkennbar verschmutzt ist oder bei Tätigkeiten in durch Biostoffe belasteten Bereichen (z. B. Arbeiten mit Hochdruckreinigern) getragen wurde, vor Betreten der Pausenräume abgelegt oder abgedeckt werden.

(3) Die Aufnahme von Nahrungs- und Genussmitteln ist nur in dafür vorgesehenen Räumen zu gestatten. Auf die einschlägigen Regelungen insbesondere der Arbeitsstättenverordnung zum Nichtraucherschutz wird verwiesen [§ 5 ArbStättV].

(4) Lebensmittel dürfen nur in ausschließlich für diesen Zweck vorgesehenen Schränken oder Kühlschränken aufbewahrt werden. Diese Schränke und Kühlschränke sollen in Pausenräumen aufgestellt werden. Sie sind regelmäßig zu reinigen.

(5) Nach Beendigung der Arbeit sollen Duschen benutzt werden. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass den Beschäftigten ausreichend Zeit und Möglichkeiten für die Erfüllung der arbeitshygienischen Pflichten (z. B. Reinhaltung des Arbeitsplatzes, Hautschutz-, -pflege- und -reinigungsmaßnahmen) zur Verfügung gestellt werden.

(6) Einmalhandtücher, Hautreinigungs-, Hautschutz- und Hautpflegemittel sowie Desinfektionsmittel sind entsprechend dem Hautschutzplan, der vom Arbeitgeber ggf. nach Beratung durch den Betriebsarzt zu erstellen ist, zur Verfügung zu stellen und anzuwenden.

(7) Sanitär-, Umkleide- und Pausenräume sollen nach jeder Schicht, mindestens jedoch arbeitstäglich feucht gereinigt werden. Bei zeitweise besetzten Betriebsstätten ist der Reinigungsplan entsprechend der Nutzung anzupassen.

(8) Verschmutzte Arbeits- und Schutzkleidung darf nicht mit nach Hause genommen oder dort auch nicht gereinigt werden. Die Reinigung der Wäsche ist sowohl durch den Arbeitgeber im Betrieb durch eine dafür vorgesehene Waschmaschine als auch durch beauftragte Fachfirmen möglich. In beiden Fällen muss die mit der Reinigung beauftragte Person auf die Infektionsgefahr bei der Reinigung hingewiesen werden. Die zu reinigende Kleidung darf nur in ausreichend widerstandsfähigen, dichten und verschlossenen Behältnissen, wie z. B. in für diesen Zweck bestimmten Textil- oder Polyethylensäcken, gekennzeichnet mit dem Symbol für Biogefährdung in die Wäscherei gegeben werden [15].

4.8 Persönliche Schutzausrüstungen (PSA)

(1) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten nach § 8 Absatz 4 Nummer 4 BioStoffV entsprechend der Gefährdungsbeurteilung PSA zur Verfügung zu stellen sowie für deren Instandhaltung und Reinigung zu sorgen. Die Beschäftigten sind über die bestimmungsgemäße Verwendung, das An- und Ablegen und ggf. über die sachgerechte Entsorgung zu unterweisen und erforderlichenfalls praktisch zu schulen. Die bereitgestellten PSA sind zu benutzen.

(2) Der Arbeitgeber hat den Einsatz belastender PSA auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken und darf sie nicht als Dauermaßnahme vorsehen. Den Beschäftigten sind mindestens die in den nachfolgenden Abschnitten genannte PSA zur Verfügung zu stellen.

4.8.1 Schutzkleidung

(1) Die Schutzkleidung soll insbesondere bewirken,

  1. dass ein unmittelbarer Hautkontakt mit Abwasser vermieden wird, keine Biostoffe auf Beschäftigte einwirken oder unkontrolliert verschleppt werden,
  2. dass Beschäftigte vor Nässe geschützt werden.

(2) Geeignet ist eine Schutzkleidung, die Arme und Beine bedeckt (s. a. DIN EN ISO 13688 „Schutzkleidung – Allgemeine Anforderungen“). Oftmals ist der Gebrauch einer Gummischürze sinnvoll (z. B. bei Abspritzarbeiten). Dies gilt auch für Arbeitskleidung.

(3) Bei Arbeiten mit Aerosolbildung wie z. B. bei manuellen Hochdruckreinigungsarbeiten in Kanalbauwerken ist eine spraydichte Schutzkleidung (mindestens Schutzanzug Typ 4 B nach DIN EN 14126) zu tragen.

(4) Arbeitskleidung, Schutzkleidung und PSA sind nach Bedarf zu wechseln. Ein wöchentlicher Wechsel der Arbeitskleidung muss aber mindestens eingehalten werden. Es müssen mindestens drei Sätze von Arbeitskleidung zur Verfügung stehen, so dass ein weiterer Kleidungswechsel im Laufe der Woche möglich ist.

4.8.2 Handschutz

(1) Je nach Tätigkeit und Gefährdung müssen abgestimmt auf die mechanische, chemische und biologische Belastung Schutzhandschuhe ausgewählt und getragen werden.

  1. Schutzhandschuhe gegen mechanische Gefährdungen (DIN EN 388 „Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken“).
  2. Flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe bei Arbeiten mit unmittelbarem Abwasser- und Schlammkontakt (vgl. DIN EN 374 Teil 1–5 „Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen“).
  3. Bei Feuchtarbeiten sind flüssigkeitsdichte Handschuhe einzusetzen [12]. Im Allgemeinen empfiehlt es sich, Handschuhe aus Nitril- bzw. Butylkautschuk zu verwenden.Handschuhe aus Leder/Textil-Kombinationen sowie medizinische Einmalhandschuhe sind ungeeignet. Die Beschäftigten sollen individuell jeweils mehrere Paare geeignete Handschuhe zur Verfügung haben, damit verschmutzte oder feuchte Handschuhe nach Reinigung und Trocknung gewechselt werden können. Es können auch Unterziehhandschuhe verwendet werden. Es empfiehlt sich, die Schutzhandschuhe arbeitstäglich zu wechseln.

(2) Es ist zu verhindern, dass Flüssigkeit in die Schutzhandschuhe eindringen kann. Dieses lässt sich z. B. dadurch erreichen, dass man den Schaft des Schutzhandschuhes unter das Bündchen des Schutzanzuges zieht und dieses dicht abschließt oder indem man bei entsprechenden Tätigkeiten Schutzhandschuhe mit verlängertem Schaft zum Stulpen verwendet.

4.8.3 Fußschutz

(1) Je nach Tätigkeit und Gefährdung müssen abgestimmt auf die erforderliche Schafthöhe Sicherheitsschuhe ausgewählt und getragen werden.

(2) Bei Reinigungs-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten z. B. in Gruben, Schächten, Pumpensümpfen und Rechenhäusern besteht die Möglichkeit eines Kontaktes mit Biostoffen im Fußbereich durch Wasserkontakt. In solchen Fällen müssen Sicherheitsschuhe (mindestens Kategorie S2 nach DIN EN ISO 20345) getragen werden. Bei zahlreichen Tätigkeiten können Polymerstiefel (mindestens Kategorie S4) erforderlich sein.

4.8.4 Augenschutz

Die Augen sind gegen Spritzer und Aerosole durch geeignete Schutzbrillen bzw. Gesichtsschutzschirme (vgl. DIN EN 166 „Persönlicher Augenschutz – Anforderungen) wirksam zu schützen. Für Brillenträger sind Korbbrillen oder Überbrillen ggf. Korrektionsschutzbrillen zu verwenden. Wenn mit Spritzern von allen Seiten und Aerosolen zu rechnen ist, sind grundsätzlich Korbbrillen zu verwenden.

4.8.5 Atemschutz

(1) Atemschutz ist zu tragen, wenn die inhalative Aufnahme von Biostoffen in Form von Spritzern und Aerosolen durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht verhindert werden kann. Die Tätigkeiten, bei denen Atemschutz zum Einsatz kommt, sind in der Gefährdungsbeurteilung ausdrücklich zu berücksichtigen.

(2) Geeigneter Atemschutz muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

  1. Halbmaske mit Partikelfilter der Klasse P2 nach DIN EN 143 oder partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 gemäß DIN EN 149.
  2. Filtrierende Halbmasken mit Ausatemventil sind bevorzugt einzusetzen. Auf die individuelle Passform ist zu achten. Für Personen mit Bärten und Koteletten im Bereich der Dichtlinien sind Atemschutzgeräte mit Halb-/Vollmaske nicht geeignet. Das Tragen von Atemschutzgeräten (auch partikelfiltrierenden Halbmasken) stellt für die Beschäftigten eine Belastung dar. Der Einsatz von belastendem Atemschutz ist daher auf das unbedingt erforderliche Maß zu begrenzen und darf nicht als Dauermaßnahme vorgesehen werden. Die Gebrauchsdauer ist zu beachten [16]. Dies gilt nicht für nicht belastende Gebläse unterstützte Hauben und Helme. Auf die arbeitsmedizinische Vorsorge wird hingewiesen.
  3. Partikelfiltrierende Halbmasken sind nach der Benutzung zu verwerfen. Atemschutzgeräte zur Mehrfachverwendung sind nach Gebrauch/vor Wiederverwendung zu reinigen und desinfizieren. Bei der Auswahl des Atemschutzes gegenüber Biostoffen ist ferner darauf zu achten, dass die Nutzung des Selbstretters im Falle der Gefahr nicht behindert wird.