(1) Bei Öffnungen von Anlagenteilen, in denen eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre vorhanden ist und die nicht hinreichend explosionsfest ausgeführt sind, ist die Notwendigkeit eines Schutzes der Anlagenteile gegen das Einlaufen von Explosionen zu prüfen. Dies kann z. B. bei Be- und Entlüftungseinrichtungen, Füllstandsanzeigern, Füll- und Entleerungsleitungen, aber auch Verbindungsleitungen zu anderen Anlagenteilen erforderlich sein. Bei verbundenen Anlagenteilen kann es bei einer Explosion in einem Anlagenteil zu einer Vorkompression von explosionsfähiger Atmosphäre im anderen Anlagenteil kommen, so dass der dann zu erwartende Explosionsdruck in diesem Anlagenteil wesentlich höher sein kann. Der Explosionsdruck ist direkt proportional zum Ausgangsdruck. Zur Reduzierung der Druckbelastung kann eine flammentechnische Entkopplung, z. B. durch eine geeignete Flammendurchschlagsicherung, erforderlich sein.
(2) Öffnungen von Anlagenteilen, durch die Explosionen herausschlagen können und dadurch zu einer Gefährdung der Beschäftigten oder anderer Personen führen können, müssen gegen einen Flammendurchschlag geschützt sein. Hierzu können Füll-, Entleerungs- und Gaspendelanschlüsse, aber auch Ansaugöffnung und Auspuff von Verbrennungsmotoren gehören. Mögliche weitere Gefährdungen durch z. B. heiße Gase, Druckeinwirkungen oder Verbrennungsprodukte sind zu berücksichtigen.
(3) Bei miteinander verbundenen Anlagenteilen ist die Notwendigkeit eines Schutzes gegen die Ausbreitung einer Explosion zu prüfen. Dies kann z. B. bei Gaspendelsystemen und bei nicht ständig mit Flüssigkeit gefüllten Rohrleitungen wie Füll- und Entleerungsleitungen erforderlich sein.
(1) Flammendurchschlagsicherungen sind Einrichtungen, die an der Öffnung eines Anlagenteils oder in verbindenden Rohrleitungen von Anlagenteilen eingebaut sind und deren vorgesehene Funktion es ist, den Durchfluss von Gasen, Dämpfen, Nebeln und Flüssigkeiten zu ermöglichen, aber den Flammendurchschlag zu verhindern.
(2) Die Wirkungsweise einer Flammendurchschlagsicherung beruht im Wesentlichen auf einem oder mehreren der folgenden Mechanismen:
(3) Je nach Einbausituationen und Betriebsverhältnissen sind entweder Deflagrations- oder Detonationssicherungen als Flammendurchschlagsicherungen zu verwenden.
(4) Wenn es zum Nachströmen von explosionsfähiger Atmosphäre und damit zu einem stabilisierten Brennen in oder an der Flammendurchschlagsicherung kommen kann, muss die Flammendurchschlagsicherung, sofern Abschnitt 7.4 nicht zutrifft, mit einer sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtung im Sinne der TRGS 725 zum Erkennen eines stabilisierten Brennens ausgerüstet und für die unter Berücksichtigung ggf. eingeleiteter Maßnahmen, z. B. Absperren der Gemischzufuhr, Einblasen von Inertgas oder Luft, zu erwartende Dauer des Brennens geeignet sein. Abweichend von Satz 1 brauchen Detonationssicherungen unmittelbar an Tanks oder Behältern im Zuge von Gaspendel- und Gassammelleitungen nicht mit sicherheitsrelevanten MSR-Einrichtungen zum Erkennen eines stabilisierten Brennens ausgerüstet werden. Flammendurchschlagsicherungen widerstehen ggf. einem Abbrand nur über eine begrenzte Zeitspanne (Standzeit) und verlieren dann ihre Flammendurchschlagsicherheit. Die Standzeit kann der Betriebsanleitung des Herstellers entnommen werden.
(5) Flammendurchschlagsicherungen müssen für die möglichen explosionsfähigen Gemische (zünddurchschlagsichere Normspaltweiten) und die Betriebsbedingungen (Druck und Temperatur der Gemische) geeignet sein.
(6) Flammendurchschlagsicherungen, die im Rahmen der EU-Baumusterprüfung nach Richtlinie 2014/34/EU zusätzlich für höhere Drücke als 1,1 bar (Obergrenze des atmosphärischen Drucks gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) bewertet worden sind können bei explosionsfähigen Gemischen unter entsprechenden nicht-atmosphärischen Bedingungen eingesetzt werden.
(7) Flammendurchschlagsicherungen, die im Rahmen der EU-Baumusterprüfung nach Richtlinie 2014/34/EU für atmosphärische Bedingungen bewertet wurden, dürfen auch bei Drücken kleiner als 0,8 bar (Untergrenze des atmosphärischen Drucks gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) eingesetzt werden.
(8) Flammendurchschlagsicherungen, die im Rahmen der EU-Baumusterprüfung nach Richtlinie 2014/34/EU zusätzlich für höhere Temperaturen als 60 °C (Obergrenze der atmosphärischen Temperatur gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) oder zusätzlich für tiefere Temperaturen als –20 °C (Untergrenze der atmosphärischen Temperatur gemäß § 2 Absatz 13 GefStoffV) bewertet worden sind, und können bei explosionsfähigen Gemischen unter entsprechenden nicht-atmosphärischen Bedingungen eingesetzt werden.
(9) Flammendurchschlagsicherungen dürfen nicht durch ihren Strömungswiderstand zu gefährlichen Druckerhöhungen in der Anlage führen.
(10) Die Gefahr des Zusetzens z. B. durch Schmutz, Polymerisation und Sublimation sowie durch Einfrieren muss ebenso beachtet werden wie der Verlust der Funktionsfähigkeit der Flammendurchschlagsicherung z. B. durch Korrosion.
(11) Flammendurchschlagsicherungen müssen möglichst nahe am Tank oder Behälter angebracht und so angeordnet sein, dass sie leicht gewartet werden können. Ist aus statischen Gründen die Montage auf dem Tankdach nicht möglich, kann die Flammendurchschlagsicherung direkt neben den Tank angeordnet werden, sofern die Rohrleitung zwischen Tank und Flammendurchschlagsicherung direkt neben der Tankwandung angeordnet wird. Die Flammendurchschlagsicherung ist so anzuordnen, dass im Tank oder in der Rohrleitung vorhandene explosionsfähige Atmosphäre durch einen Dauerbrand an der Flammendurchschlagsicherung nicht entzündet werden kann.
(1) Strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtungen halten eine Strömungsgeschwindigkeit von Gasen oder Dämpfen an der Ausströmöffnung oberhalb der Flammenausbreitungsgeschwindigkeit aufrecht, um auf diese Weise einen Flammenrückschlag zu verhindern. Strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtungen sind geeignet, um explosionsfähige Atmosphäre in Anlagen mit erhöhten Temperaturen (Temperatur oberhalb der Zündtemperatur der brennbaren Gase und Dämpfe) einzuleiten.
(2) Die Strömungsgeschwindigkeit der Gase und Dämpfe ist auf geeignete Weise zu überwachen. Bei Unterschreiten der erforderlichen Mindestströmungsgeschwindigkeit ist die Zufuhr von explosionsfähiger Atmosphäre unverzüglich zu unterbrechen. Eine strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtung ist als betriebliche explosionstechnische Entkoppelungsmaßnahme anzusehen. Sie ist in der Regel nicht als einzige Schutzmaßnahme anzuwenden und erfordert häufig eine in Strömungsrichtung vorgeschaltete Flammendurchschlagsicherung.
(3) Die erforderlichen Mindestströmungsgeschwindigkeiten für explosionsfähige Atmosphäre mit Stoffen der Explosionsgruppen IIA und IIB können Tabelle 1 entnommen werden. Die Tabellenwerte gelten als sichere Grenzwerte für die explosionsfähigen Atmosphären dieser Stoffe bei Ausströmen aus Rohren ohne turbulenzerhöhende Bauweise. In Fällen erhöhter Turbulenz und für andere explosionsfähige Gemische sind die Mindestströmungsgeschwindigkeiten experimentell zu bestimmen. Brennbare Gase und Dämpfe können gemäß DIN EN 60079-0:2014-06 in Verbindung mit ISO/IEC 80079-20-1:2015 in Explosionsgruppen eingeteilt werden. Die Explosionsgruppen charakterisieren auch die Zündempfindlichkeit für elektrische und elektrostatische Entladungen und für mechanische Zündquellen.
Tabelle 1: Erforderliche Mindestströmungsgeschwindigkeiten (nach Schampel)
Nennweite in mm | Stoffe der Explosionsgruppe IIA | Stoffe der Explosionsgruppe IIB | ||
≤ 20 | ≤ 200 | ≤ 20 | ≤ 200 | |
Geschwindigkeit in m/s bei Umgebungstemperatur an der Einströmöffnung (z. B. bei einer Fackel) | ≥ 4 | ≥ 8 | ≥ 6 | ≥ 12 |
Geschwindigkeit in m/s bei erhöhter Temperatur an der Einströmöffnung (z. B. an einem Feuerraum) | ≥ 8 | ≥ 16 | ≥ 12 | ≥ 24 |
(4) Die Funktionssicherheit einer strömungsüberwachten rückzündsicheren Einströmung ist nachzuweisen.
(1) Die erforderlichen Schutzmaßnahmen gegen Flammendurchschlag müssen unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre Zoneneinteilung und der in einer Rückgewinnungs- oder Abluftreinigungsanlage vorhandenen Zündmöglichkeiten abgestuft durchgeführt werden. Für die Zahl der gleichzeitig anzuwendenden und voneinander unabhängigen Maßnahmen zur Erzielung der Flammendurchschlagsicherheit gilt Tabelle 2. Eine strömungsüberwachte rückzündsichere Einströmung gilt nicht als autonomes Schutzsystem im Sinne der Richtlinie 2014/34/EU.
Tabelle 2: Anzahl der Schutzmaßnahmen bei der Absicherung von Abluftleitungen
Wahrscheinlichkeit des Auftretens wirksamer Zündquellen in der Rückgewinnungs- oder Abluftreinigungsanlage | Anzahl der Schutzmaßnahmen bei Vorliegen folgender Zonen im Abluftsystem | ||
Zone 0 | Zone 1 | Zone 2 | |
ständig oder häufig (z. B. Brennerflamme) | 3 | 2 | 1 |
gelegentlich (z. B. bei vorhersehbaren Störungen) | 2 | 1 | 0 |
selten (z. B. bei seltenen Störungen) | 1 | 0 | 0 |
(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 Satz 2 ist gegeben, wenn nach DIN EN ISO 16852:2016 auf stabile Detonationen geprüfte Detonationssicherungen verwendet werden oder unter der Berücksichtigung des maximal zulässigen L/D Verhältnisses eine geeignete Deflagrationssicherung.
(3) Eine strömungsüberwachte rückzündsichere Einrichtung ist in der Regel nicht als einzige Schutzmaßnahme anzuwenden und erfordert häufig eine in Strömungsrichtung vorgeschaltete Flammendurchschlagsicherung.
(1) Ins Freie mündende Öffnungen von Tanks und Anlagen, aus denen nicht nur kurzzeitig Dampf/Luft-Gemische ausströmen können, müssen mit einer Einrichtung versehen sein, die dem Abbrand ausströmender explosionsfähiger Gemische für alle Einsatzbedingungen ohne Flammendurchschlag standhält (Dauerbrandsicherungen). Für den Fall, dass geeignete Dauerbrandsicherungen nicht einsetzbar sind, z. B. für Dämpfe einer bestimmten brennbaren Flüssigkeit wie für Alkohole, dürfen alternativ zu Satz 1 Detonationssicherungen in Lüftungsleitungen eingesetzt werden, wenn zwischen Detonationssicherung und der Öffnung der ins Freie mündenden Lüftungsleitung mindestens die nachfolgend genannte Länge eingehalten wird. Satz 2 ist z. B. erfüllt, wenn auf stabile Detonationen geprüfte Detonationssicherungen verwendet werden.
Tabelle 3: Mindestlänge der Rohrleitungen für Gemische unter atmosphärische Bedingungen (nach Schampel)
Nennweite der Rohrleitung in mm |
Länge der Rohrleitung in m |
15 | 0,5 |
20 | 1 |
25 | 1,5 |
32 | 2 |
40 | 3 |
50 | 4 |
65 | 6 |
80 | 8 |
100 bis 200 | 10 |