3 Grundsätze zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

3.1 Allgemeines

Nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) sind Gefährdungsbeurteilungen an Arbeitsplätzen durchzuführen. Dabei sind alle Gefährdungen zu betrachten, die durch physikalische, chemische oder sonstige Einwirkungen am Arbeitsplatz vorliegen können. Damit sind nach § 3 Absatz 1 OStrV auch Gefährdungen einzubeziehen, die durch Expositionen gegenüber Laserstrahlung auftreten können. § 3 Absatz 1 OStrV legt die grundlegenden Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung fest, während § 3 Absatz 2 OStrV die zu berücksichtigenden Punkte im Detail nennt. Gefährdungsbeurteilungen sind nach § 3 Absatz 3 OStrV vor der Aufnahme einer Tätigkeit durchzuführen. Ebenso sind vorher die notwendigen Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik festzulegen. Näheres wird in Teil 3 "Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen durch Laserstrahlung" der TROS Laserstrahlung beschrieben. Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Die Durchführung und das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren. § 3 Absatz 4 OStrV legt Anforderungen an den Inhalt und die Form der Dokumentation sowie für ihre Aufbewahrungsfrist fest.

Hinweis:
Beim Umgang mit Laser-Einrichtungen handelt es sich allgemein um eine bewusste Nutzung der besonderen und z. T. einzigartigen Eigenschaften der Laserstrahlung. Alternative Verfahren oder Substitutionen sind daher zumeist ausgeschlossen. Gewöhnlich werden dafür kommerziell erworbene Laser-Einrichtungen benutzt. Für diese Laser-Einrichtungen sind zumeist auch Angaben zu möglichen Gefährdungen vom Wirtschaftsakteur (Hersteller, Bevollmächtigter, Händler oder Einführer) vorhanden, die dieser nach dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) beibringen muss. Deshalb kann sich der Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung im Zusammenhang mit Laser-Einrichtungen vor allem auf die Angaben des Herstellers stützen. Schwerpunkt bilden dabei die auf dem Produkt ausgewiesenen Laserklassen entsprechend einschlägiger Lasersicherheitsnormen (siehe Anhang 4 des Teils "Allgemeines" der TROS Laserstrahlung).

3.2 Ermittlung und Bewertung von Laserstrahlung am Arbeitsplatz

(1) Zunächst ist zu ermitteln, ob Beschäftigte Laserstrahlung ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, von der eine Gefährdung der Sicherheit oder der Gesundheit ausgehen kann.

(2) Ist dies der Fall, so sind diese Gefährdungen zu bewerten und Schutzmaßnahmen abzuleiten. Dabei sind die verschiedenen Betriebszustände einer Laser-Einrichtung zu berücksichtigen.

(3) Der Arbeitgeber hat hierzu die auftretenden Expositionen zu ermitteln und zu bewerten. Nach § 3 OStrV ist für die Beschäftigten in jedem Fall eine Gefährdung gegeben, wenn die Expositionsgrenzwerte überschritten werden. Es sind aber auch solche Gefährdungen zu betrachten, für die keine Expositionsgrenzwerte vorliegen (z. B. indirekte Auswirkungen – siehe Abschnitt 6.4 dieser TROS Laserstrahlung). Die Expositionsgrenzwerte sind im Anhang 4, Abschnitt 4.1 der TROS Laserstrahlung Teil 2 "Messungen und Berechnungen von Expositionen gegenüber Laserstrahlung" aufgeführt.

Hinweis:
Eine relevante Gefährdung hinsichtlich der Laserstrahlung geht zum Beispiel nicht von einem DVD-Brenner aus, wenn die Quelle der Laserstrahlung durch das Öffnen des Gehäuses nicht frei zugänglich ist.

3.3 Organisation und Verantwortung

(1) Die Gefährdungsbeurteilung ist die systematische Beurteilung (Ermittlung und Bewertung) von Gefährdungen der Beschäftigten durch Laserstrahlung mit dem Ziel, erforderliche Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit festzulegen. Die Gefährdungsbeurteilung betrachtet alle voraussehbaren Arbeitsabläufe im Betrieb und umfasst alle Gefährdungsfaktoren.

(2) Der Ablauf der Gefährdungsbeurteilung wird in folgenden Prozessschritten durchgeführt:

  1. Festlegen der zu beurteilenden Arbeitsbereiche und Tätigkeiten,
  2. Ermitteln der Exposition; Ermitteln der mit der Laserstrahlung verbundenen möglichen indirekten Auswirkungen,
  3. Bewerten der möglichen Gefährdungen durch Exposition oder indirekte Auswirkungen,
  4. Festlegen konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen (bei diesem Schritt ist die Rangfolge der Maßnahmen nach § 4 ArbSchG und §§ 4, 5 und 7 OStrV zu beachten),
  5. Durchführen der Maßnahmen,
  6. Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung,
  7. Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung.

(3) In der Regel erfolgt die Beurteilung der von Art, Ausmaß und Dauer der Exposition durch die Laserstrahlung abhängigen Gefährdungen unter ungünstigsten Konstellationen tätigkeitsbezogen anhand der vorliegenden Laserklasse. Hierbei sind alle Betriebszustände zu berücksichtigen, insbesondere auch Wartung, Service, Instandhaltung, Errichtung. Die Beurteilung der mit Laserstrahlung verbundenen Gefährdungen kann auch personenbezogen erfolgen. Dazu werden dann die personenbezogenen Expositionsszenarien bestimmt. Dies ist der Ausnahmefall für spezielle Arbeiten.

(4) Eine mögliche oder tatsächliche Gefährdung ist nicht gegeben, wenn die Expositionsgrenzwerte bei maximal anzusetzender Expositionsdauer nach OStrV von 30 000 Sekunden (8-Stunden-Tag) nicht überschritten werden können und auch keine Gefährdungen durch indirekte Auswirkungen gegeben sind sowie besondere Personengruppen (siehe Abschnitt 6.5) und besondere Anwendungen zusätzlich berücksichtigt wurden.

(5) Eine detaillierte Analyse ist notwendig, wenn Laser angewendet werden, die das Ziel haben, die Augen zu treffen (z. B. spezielle Datenbrillen oder Laser-Überwachungen). In der Regel müssen dann bei der Gefährdungsbeurteilung wegen möglicher vorübergehender Blendung bereits Expositionen zwischen 0,025 W · m-2 und 0,25 W · m-2 berücksichtigt werden, die um viele Faktoren geringer als die Expositionsgrenzwerte sind. Eine genaue Analyse ist dann nur im Einzelfall möglich. In einem solchen Fall ist der Betriebsarzt oder ein Augenarzt mit entsprechenden Kenntnissen in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen.

(6) Der Arbeitgeber darf bei möglichen Expositionen der Beschäftigten durch Laserstrahlung die Tätigkeit erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen worden ist und die daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen umgesetzt sind.

(7) Die Gefährdungsbeurteilung muss erneuert werden, wenn sich die Arbeitsbedingungen maßgeblich ändern oder Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorge dies erfordern. Anlässe hierfür können insbesondere sein:

(8) Die Gesamtverantwortung für die Gefährdungsbeurteilung liegt beim Arbeitgeber.

(9) Verfügt der Arbeitgeber nicht über die erforderliche Fachkunde und die entsprechenden Kenntnisse zur Beurteilung der Gefährdung durch Laserstrahlung, hat er sich nach § 5 Absatz 1 OStrV fachkundig beraten zu lassen. Diese Beratung kann beispielsweise der LSB oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit durchführen. Die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung kann an eine oder mehrere fachkundige Personen delegiert werden. Dazu ist es erforderlich, dass die für den Arbeitgeber tätig werdenden Personen über die notwendigen betriebsspezifischen Kenntnisse verfügen, Einsicht in alle für die Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Unterlagen nehmen können und im Besitz aller notwendigen Informationen sind.

(10) Im Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung kann es notwendig werden, dass vor Aufnahme des Betriebs von Lasern ein LSB gemäß den Anforderungen des § 5 Absatz 2 OStrV schriftlich zu bestellen ist. Dies gilt ausdrücklich für die Unterstützung des Arbeitgebers bei der Überwachung des sicheren Betriebs von Lasern der Klasse 3R, 3B und 4. Unter Umständen ist die Bestellung eines LSB aber auch in anderen Fällen, z. B. beim Umgang mit nicht klassifizierten Lasern in Abhängigkeit von der tatsächlichen Gefährdung, empfehlenswert. Sofern bereits vorhanden, wirkt der LSB bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung mit und ist in die Wirksamkeitskontrolle der Schutzmaßnahmen eingebunden. Vom Arbeitgeber müssen seine Aufgaben, Rechte und Pflichten (u. a. Bereich, Laser) genau festgelegt werden.

Hinweis:
Beim Betrieb von Lasern der Klasse 1M und 2M kann es in besonderen Einzelfällen sinnvoll sein, dass vom Arbeitgeber hierfür ein LSB bestellt wird. Diese können z. B. gegeben sein, wenn beim Betrieb nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Strahl mit optisch sammelnden Instrumenten gebündelt wird und beim jeweiligen Einsatz eine Überschreitung der Expositionsgrenzwerte nicht auszuschließen ist. Für diese Anwendungsfälle wird der LSB von der OStrV und diesen Technischen Regeln jedoch nicht gefordert.

(11) Werden für die Durchführung von Arbeiten in einem Betrieb Fremdfirmen beauftragt und besteht die Möglichkeit einer gegenseitigen Gefährdung durch Exposition gegenüber Laserstrahlung, haben alle betroffenen Arbeitgeber bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zusammenzuwirken und sich abzustimmen. Näheres ist in § 8 ArbSchG geregelt.

(12) Die Gefährdungsbeurteilung muss auch Gefährdungen durch indirekte Auswirkungen von Laserstrahlung berücksichtigen, z. B.

Hinweis:
Gefährdungen durch die Laseranlage selbst (z. B. elektrische Gefährdung, Gefährdung durch elektromagnetische Strahlung, Gefährdung durch die Lasergase, Gefährdung durch ionisierende Strahlung) sind nicht Gegenstand der OStrV und der TROS Laserstrahlung.

3.4 Fachkundige für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

(1) Fachkundige für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung im Sinne des § 5 Absatz 1 OStrV sind Personen, die aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung oder Erfahrungen ausreichende Kenntnisse über die Gefährdungen durch Laserstrahlung haben. Sie sind auch mit den Vorschriften und Regelwerken soweit vertraut, dass sie die Arbeitsbedingungen und daraus resultierenden arbeitsplatzspezifischen Gefährdungen vor Beginn der Tätigkeit ermitteln und bewerten können. Der Fachkundige kann die Schutzmaßnahmen festlegen, bewerten und überprüfen.

(2) Umfang und Tiefe der notwendigen Kenntnisse sind häufig in Abhängigkeit von der zu beurteilenden Tätigkeit unterschiedlich. Fachkundige Personen für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung können zum Beispiel die Fachkraft für Arbeitssicherheit und ggf. der LSB sein.

(3) Die Beurteilung der Gefährdung durch Laserstrahlung verlangt Kenntnisse

  1. der anzuwendenden Rechtsgrundlagen,
  2. zu den physikalischen Grundlagen der Laserstrahlung,
  3. der für die Beurteilung geeigneten Informationsquellen,
  4. zu dem für die Beurteilung notwendigen Stand der Technik,
  5. der Wirkungen von Laserstrahlung (auf die Augen, Haut und Materialien),
  6. des Vorgehens bei der Beurteilung von Wechsel- oder Kombinationswirkungen von verschiedenen Laserstrahlungsquellen,
  7. zu den Tätigkeiten im Betrieb, bei denen Personen Laserstrahlung ausgesetzt sein können,
  8. der technischen, organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen (insbesondere Berechnung und Auswahl der Laser-Schutzbrillen, Laser-Justierbrillen und Schutzeinhausungen),
  9. der alternativen Arbeitsverfahren,
  10. der Überprüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen und
  11. der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung.

3.5 Fachkundige für die Durchführung von Messungen und Berechnungen von Expositionen gegenüber Laserstrahlung

(1) Messungen dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die über die dafür notwendige Fachkunde und die erforderlichen Einrichtungen verfügen. Der Fachkundige für die Durchführung von Messungen und Berechnungen muss je nach Situation über die unter Abschnitt 3.4 aufgelisteten Kenntnisse zur Gefährdungsbeurteilung verfügen. Darüber hinaus muss er zusätzliche Kenntnisse in der Laserstrahlungsmesstechnik nach dem Stand der Technik, über die Durchführung von Expositionsmessungen und die Beurteilung der Ergebnisse haben. Die Kenntnisse sind auf dem aktuellen Stand zu halten.

(2) Berechnungen dürfen nur von Personen durchgeführt werden, die über die dafür notwendige Fachkunde verfügen.

(3) Die Kenntnisse für die Durchführung von Expositionsmessungen und -berechnungen am Arbeitsplatz können u. a. durch Teilnahme an einer geeigneten Fortbildungsveranstaltung von z. B. Technischen Akademien, Unfallversicherungsträgern oder ähnlichen Institutionen erworben und aufgefrischt werden.

3.6 Aufgaben, Rechte und Pflichten des Laserschutzbeauftragten (LSB)

Wird bei der Gefährdungsbeurteilung festgestellt, dass ein Laser der Klasse 3R, 3B oder 4 betrieben werden soll, muss vom Arbeitgeber schriftlich ein LSB bestellt werden. Im Bestellschreiben müssen der Verantwortungsbereich und die zugehörigen Aufgaben sowie Abgrenzungen zu Aufgaben anderer klar definiert sein. Die Aufgaben, Rechte und Pflichten des LSB sind im Abschnitt 5 des Teils "Allgemeines" der TROS Laserstrahlung näher beschrieben.

3.7 Gleichartige Arbeitsbedingungen

Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen reicht in der Regel auch bei räumlich getrennten Arbeitsplätzen die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit aus. Tätigkeiten, die aufgrund der Arbeitsbedingungen als gleichartig angesehen werden, können zusammengefasst werden. Die Dokumentation kann arbeitsplatz- oder tätigkeitsbezogen, aber auch personenbezogen erfolgen. Bei einer arbeitsbereichsbezogenen Dokumentation muss nachvollziehbar sein, welchem Arbeitsbereich die Beschäftigten zuzuordnen sind. Die Anforderungen an die Dokumentation sind im Abschnitt 10 dieser TROS Laserstrahlung beschrieben.