4 Gefährdungsbeurteilung


4.1

Allgemeines

4.1.1 Der Unternehmer hat vor Aufnahme der Arbeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Diese ist bei maßgeblichen Veränderungen der Arbeitsbedingungen sowie bei Auftreten von möglicherweise durch biologische Arbeitsstoffe bedingten Infektionen und Erkrankungen bei der Tätigkeit zu aktualisieren. Das Ergebnis ist schriftlich festzulegen.

   

Siehe §§ 7 und 8 der Biostoffverordnung.

Muster einer Gefährdungsbeurteilung siehe Anhang 1.


4.1.2 Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefährdung müssen folgende Informationen eingeholt werden:
  1. Festlegung und Bezeichnung der Arbeitsbereiche sowie Arbeitsverfahren,
  2. Bezeichnung der Art, des Umfanges und der Dauer der Tätigkeiten,
  3. Beschreibung der biologischen Arbeitsstoffe und der Bedingungen, unter denen erfahrungsgemäß Krankheitserreger übertragen werden können,
  4. Beurteilung von Expositionsmöglichkeiten gegenüber den Krankheitserregern,
  5. Zuordnung der Tätigkeiten und Bereiche zu den Schutzstufen. Dabei hat die Zuordnung entsprechend den zu erwartenden Gefährdungen unter Berücksichtigung der Risikogruppen und unter Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen zu erfolgen.
   
Einstufung biologischer Arbeitsstoffe in Risikogruppen siehe § 4 der Biostoffverordnung, Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe

und BG-Informationen der Reihe "Sichere Biotechnologie" (BGI 628 bis 636).

Gleiche Arbeitsbereiche können verschiedenen Schutzstufen zugeordnet werden, je nach dem, welche Infektionserreger vorkommen und welche Tätigkeiten ausgeführt werden.

Zuordnung zu den Schutzstufen siehe Abschnitt 4.2.


 
  1. Festlegungen der Arbeitsverfahren, der Arbeitsmittel und der Arbeitsschutzmaßnahmen unter dem Aspekt der Gefährdungsminimierung.
   
Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen kann die Beurteilung eines entsprechenden Arbeitsbereiches oder einer Tätigkeit ausreichend sein.

Infektionsgefahren bei Reinigungsarbeiten ergeben sich vorrangig bei

  • direktem Kontakt zu Körperflüssigkeiten, insbesondere Blut,
  • direktem Kontakt zu Ausscheidungen (Stuhl) von infizierten Patienten
    oder
  • beim Einatmen von durch Tröpfcheninfektion übertragener Erreger, z.B. bei Lungentuberkulose.

Prüfliste zur Gefährdungsbeurteilung siehe Anhang 2.




4.2

Zuordnung zu den Schutzstufen

4.2.1 Allgemeines
4.2.1.1 Die Zuordnung zu den Schutzstufen ist tätigkeitsbezogen im Rahmen der Gefähr-dungsbeurteilung zu ermitteln. Der Arbeitgeber hat sich bei der Gefährdungsbeurteilung fachkundig beraten zu lassen, sofern er nicht selbst über die erforderliche Fachkenntnis verfügt.

   
Siehe § 7 Abs. 1 und 2 der Biostoffverordnung.

In der Regel kann die Zuordnung der Reinigungstätigkeiten zu den Schutzstufen gemäß Abschnitten 4.2.2 und 4.2.3 erfolgen.

Fachkundige Personen sind insbesondere der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit.


4.2.1.2 Ist eine Zuordnung nicht möglich, so sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik vorzunehmen.

   

Siehe Abschnitt 7.3 der BG-Regel "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" (BGR 250/TRBA 250).


4.2.2 Schutzstufe 1
  Der Schutzstufe 1 sind Reinigungsarbeiten in Bereichen zuzuordnen, in denen die Infektionsgefahren als gering einzuschätzen sind.

   
Betroffene Bereiche können z.B. sein:
  • Allgemeine Verkehrswege (Treppen, Flure, Stationsflure),
  • allgemein zugängliche Toilettenanlagen,
  • Patienten- und Besucheraufenthaltsräume,
  • Wartebereiche für Patienten und Besucher,
  • Umkleide-, Aufenthalts- und Sozialräume für das Personal,
  • Patientenzimmer einschließlich zugeordneter sanitärer Anlagen, soweit nicht von einer höheren Schutzstufe erfasst.
4.2.3 Schutzstufe 2
  Der Schutzstufe 2 sind Reinigungsarbeiten zuzuordnen, bei denen Infektionsgefahren durch Erreger der Risikogruppe 2 oder 3** gemäß Biostoffverordnung auftreten können und die nicht der Schutzstufe 3 zuzuordnen sind.
   
Betroffene Bereiche können z.B. sein:
  • Stationsflure,
  • Patientenzimmer,
  • Patiententoiletten,
  • Patientenbehandlungsräume,
  • Arbeitsräume des medizinischen Personals,
  • Infektionseinrichtungen,
  • mikrobiologische Laboratorien,
  • Pädiatrische Einrichtungen.
Erreger der Risikogruppe 2 der Biostoffverordnung sind insbesondere
  • solche, die über die Atemwege übertragen werden, z.B. Röteln, Keuchhusten, Masern, Mumps, Windpocken.

    Betroffene Bereiche sind pädiatrische Einrichtungen. Hier kann eine spezielle arbeitsmedizinische Beratung erforderlich sein. Es können auch spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen erforderlich sein, z.B. bei Infektionsgefährdung durch vorstehend genannte Erreger. Auf die besondere Gefährdung des ungeborenen Lebens in der Schwangerschaft, z.B. durch Windpocken und Röteln, wird hingewiesen.

    Beschäftigungsbeschränkungen für Schwangere ergeben sich aus der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz,
  • solche, die durch den Mund bzw. über den Verdauungstrakt übertragen werden, z.B. der Erreger der Hepatitis A (HA-Virus).

    Betroffene Bereiche können sein:
    • Infektionseinrichtungen, soweit nicht der Schutzstufe 3 zugeordnet,
    • Stuhllaboratorien,
    • pädiatrische Einrichtungen z.B. bei regelmäßigem Stuhlkontakt.

Bei bestimmten biologischen Arbeitsstfoffen, die in der Richtlinie 2000/54/EG in Risikogruppe 3 eingestuft und mit zwei Sternchen (**) versehen wurden, ist das Infektionsrisiko für Arbeitnehmer begrenzt, da eine Infizierung über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann (siehe auch Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe TRBA 462 "Einstufung von Viren in Risikogruppen").

Erreger der Risikogruppe 3** sind im Wesentlichen die Erreger der Hepatitis B und C. Sie werden durch Kontakt zu Körperflüssigkeiten, insbesondere Blut aufgenommen oder werden bei Stich- und Schnittverletzungen an benutzten Instrumenten oder Kanülen übertragen. In Einzelfällen können auch andere Erreger zu einer Gefährdung führen, z.B. HIV bei Einsatz in Spezialstationen.

Besonders betroffene Bereiche können z.B. sein:

  • Operationseinrichtungen,
  • Dialyseeinrichtungen,
  • Infektionseinrichtungen, soweit nicht der Schutzstufe 3 zuzuordnen,
  • Intensiveinrichtungen,
  • Endoskopieeinrichtungen,
  • Notfallbehandlungseinheiten,
  • Kreißsäle,
  • Medizinische Laboratorien,
  • Sektionseinrichtungen,
  • Zahnärztliche Behandlungseinrichtungen.

Eine Gefährdung kann darüber hinaus auch in folgenden Bereichen möglich sein, wenn es bei der Tätigkeit regelmäßig und in größeren Umfang zu Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten bzw. Ausscheidungen kommen kann, z.B. bei direktem Kontakt zu benutzten Instrumenten, Kanülen oder sonstigen Materialien, wenn die Gefährdung durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht verringert werden kann.

Siehe Abschnitt 3.2.3 der BG-Regel "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" (BGR 250/TRBA 250).

Betroffene Bereiche können sein:

  • Stationsflure,
  • Patientenzimmer,
  • Patientenbehandlungsräume,
  • Arbeitsräume des medizinischen Personals,
  • Einrichtungen der Bettenreinigung einschließlich Schwarzbereich der Wäscherei.
4.2.4 Schutzstufe 3
  Der Schutzstufe 3 sind Reinigungsarbeiten in Bereichen zuzuordnen, in denen sich Patienten befinden oder behandelt werden, die bekanntermaßen an einer offenen Lungentuberkulose erkrankt sind.

   
Erreger der Lungentuberkulose können mit der Atemluft in Form von Stäuben bzw. Aerosolen aufgenommen werden.

Betroffene Bereiche können z.B. sein:
  • Tuberkuloseeinrichtungen,
  • pulmologische Einrichtungen,
  • Sektionseinrichtungen,
  • veterinärmedizinische Bereiche.

Eine Zuordnung in Schutzstufe 3 ist auch dann gegeben, wenn beim Transport von Abfällen der Gruppe C (Abfallschlüssel 18 01 03; TRBA 250 und LAGA-Richtlinie) aus den geschlossenen Behältnissen Müll freigesetzt werden kann.

4.2.5 Schutzstufe 4
  Der Schutzstufe 4 sind Reinigungsarbeiten mit Infektionsgefahren durch Erreger der Risikogruppe 4 zuzuordnen, bei deren Auftreten in Abstimmung mit der staatlichen Arbeitsschutzbehörde, der Berufsgenossenschaft und dem Gesundheitsamt Maßnahmen im Einzelfall zu treffen sind.