5 Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit bei der Arbeit

5.1

Betriebsanweisung, Unterweisung

5.1.1 Der Unternehmer hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeiten eine arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisung zu erstellen, in der auf die Gefahren für den Menschen hingewiesen wird sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensmaßregeln festgelegt werden. Auf die sachgerechte Entsorgung entstehender gefährlicher Abfälle ist hinzuweisen. Die Betriebsanweisung ist in verständlicher Form und Sprache der Versicherten abzufassen und an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekanntzumachen. In der Betriebsanweisung sind auch Anweisungen über das Verhalten im Gefahrfall und über die Erste Hilfe zu treffen.

   
Siehe § 12 der Biostoffverordnung und § 4 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV A1).

Musterbetriebsanweisung siehe Anhang 3.



5.1.2 Die Versicherten sind vom Unternehmer anhand der Betriebsanweisung über die auftretenden Gefahren sowie über die Schutzmaßnahmen vor Aufnahme der Beschäftigung oder bei maßgeblichen Änderungen der Arbeitsbedingungen und danach mindestens einmal jährlich und arbeitsplatzbezogen zu unterweisen. Die Unterweisungen sind zu dokumentieren.

   
Siehe § 12 der Biostoffverordnung


  Im Rahmen der Unterweisung ist für die Beschäftigten eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung durchzuführen.

   
Siehe § 12 Abs. 2a der Biostoffverordnung und § 4 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV A1).


5.1.3 Der Unternehmer hat darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die in den Betriebsanweisungen genannten Schutzmaßnahmen und Verhaltensmaßregeln beachten.

5.1.4 Für Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, bei denen als Folge eines Unfalles mit Infektionen zu rechnen ist, hat der Unternehmer zusätzliche Arbeitsanweisungen zur Verhütung von Unfällen aufzustellen.

   
Siehe § 12 Abs. 3 Biosfoffverordnung.

Eine solche Tätigkeit kann z.B. die Abfallbeseitigung im Krankenhaus sein.

Als mögliche Unfälle kommen z.B. Stich- und Schnittverletzungen durch benutzte Kanülen bzw. andere spitze und scharfe Gegenstände in Betracht.



5.2

Beschäftigungsbeschränkungen

5.2.1 Der Unternehmer darf Jugendliche bei Reinigungsarbeiten in medizinischen Einrichtungen mit Infektionsgefahr nicht beschäftigen.

   
Siehe § 22 Abs. 1 Nr. 7 Jugendarbeitsschutzgesetz.


5.2.2 Abweichend von Abschnitt 5.2.1 dürfen Jugendliche beschäftigt werden, wenn
  1. dies zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlich ist,
  2. ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachkundigen gewährleistet ist.
   
Siehe § 22 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Jugendarbeitsschutzgesetz.

Jugendliche im Sinne des § 2 Abs.2 Jugendarbeitsschutzgesetz sind Personen, die das 15. Lebensjahr erreicht und das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Fachkundige Aufsicht (Aufsichtführender) ist, wer die Durchführung von Arbeiten zu überwachen und für die betriebssichere Ausführung zu sorgen hat. Er muss hierfür ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen sowie weisungsbefugt sein.


5.2.3 Der Unternehmer darf werdende oder stillende Mütter bei Reinigungsarbeiten in medizinischen Einrichtungen mit Infektionsgefahr nicht beschäftigen.

   
Siehe § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 3 Mutterschutzgesetz.



5.3

Schutzmaßnahmen

5.3.1 Allgemeines
5.3.1.1 Der Unternehmer hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung Schutzmaßnahmen zur Abwehr von biologischen Gefährdungen zu treffen. Davon unberührt bleiben die Schutzmaßnahmen, die der Unternehmer für das gleiche Arbeitsverfahren auf Grund anderer Gefährdungen zu treffen hat.
5.3.1.2 Bei Reinigungsarbeiten mit Infektionsgefahr in medizinischen Einrichtungen haben Unternehmer und Versicherte vorrangig darauf hinzuwirken, dass die Übertragungswege unterbrochen werden.
   
Anforderungen zu allgemeinen Hygienemaßnahmen enthalten die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe TRBA 500 "Allgemeine Hygienemaßnahmen; Mindestanforderungen".


5.3.2 Maßnahmen der Schutzstufe 1

Bei Reinigungsarbeiten in Bereichen, die der Schutzstufe 1 zuzuordnen sind, hat der Unternehmer die Anforderungen der Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe TRBA 500 "Allgemeine Hygienemaßnahmen; Mindestanforderungen" sicherzustellen.

   
Bei bestimmten Reinigungsarbeiten z.B. der Toilettenreinigung sind allergenarme, flüssigkeitsdichte Handschuhe mit längerem Schaft zum Stülpen zu tragen. Auf die bestehenden Anforderungen bei Feuchtarbeiten wird hingewiesen.

Siehe Technische Regeln für Gefahrsfoffe TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen".


5.3.3 Maßnahmen der Schutzstufe 2

Bei Reinigungsarbeiten in Bereichen, die der Schutzstufe 2 zuzuordnen sind, hat der Unternehmer zusätzlich zu den Maßnahmen nach Abschnitt 5.3.2 Maßnahmen zum Schutz der Hände sicherzustellen. Der direkte Kontakt der Körperteile zu den Erregern ist zu vermeiden. Dazu hat der Unternehmer - gegebenenfalls unabhängig von der Arbeitskleidung - tätigkeitsbezogen persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen.
   
Als persönliche Schutzausrüstungen können z.B. in Betracht kommen:
  • Zum Schutz der Hände mechanisch resistente und flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe,
  • zum Schutz der übrigen Körperteile sowie zum Schutz der Arbeitskleidung vor Kontamination durch Infektionserreger Schutzkleidung, z.B. Schutzkittel, Schutzhosen, Schutzschürzen und Schutzschuhe.

Eine besondere Infektionsgefahr besteht durch Verletzungen der Haut an Injektionskanülen, Instrumenten oder sonstigen Einrichtungen, die mit Blut oder menschlichen Ausscheidungen verunreinigt sind und dadurch keimbelastet sein können, da hierbei die Schutzbarriere der Haut und der persönlichen Schutzausrüstung durchbrochen wird.

Es gehört zu den Pflichten des Auftraggebers, dafür zu sorgen, dass diese Gegenstände bestimmungsgemäß gesammelt, verpackt und entsorgt werden. Kommt der Auftraggeber dieser Verpflichtung in ausreichendem Maß nach, so dass bei den Beschäftigten der Reinigungsarbeiten Verletzungen an benutzten Injektionskanülen bzw. anderen möglicherweise mit Infektionserregern kontaminierten Gegenständen des Abfalls ausbleiben, dann ist davon auszugehen, dass die Expositionswahrscheinlichkeit in diesem Arbeitsbereich nicht über das übliche Maß hinausgeht.

Siehe Abschnitt 7 der BG-Regel "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" (BGR 250/TRBA 250).


5.3.4 Maßnahmen zur Schutzstufe 3

Zusätzlich zu den Maßnahmen der Abschnitte 5.3.2 und 5.3.3 sind folgende Maßnahmen zu treffen:
  • Die Reinigungsarbeiten dürfen erst nach schriftlicher Freigabe durch die nach Abschnitt 3.5 benannte Person begonnen werden.
  • Bei Reinigungsarbeiten im Krankenhaus ist vor Beginn der Arbeiten durch den Unternehmer bzw. dessen Beauftragten der Hygienebeauftragte hinzuzuziehen und bei der Auswahl eventuell zusätzlich erforderlich werdender Schutzmaßnahmen zu beteiligen.

5.4

Spezielle Schutzmaßnahmen

5.4.1 Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
5.4.1.1 Der Unternehmer darf Versicherte für Tätigkeiten nach Anhang IV der Biostoffverordnung bzw. Tätigkeiten mit Infektionsgefahr nur dann beschäftigen, wenn sie arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen durch einen Arzt für Arbeitsmedizin oder einen Arzt mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin unterzogen wurden. Diese arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, bei Erregern impfpräventabler Erkrankungen hingegen nur für Beschäftigte ohne ausreichenden Immunschutz. Darüber hinaus sind sie am Ende der Beschäftigung anzubieten.

   
Siehe § 15 der Biostoffverordnung.


5.4.1.2 Den Versicherten sind bei sonstigen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Schutzstufe 2 vor Aufnahme der Tätigkeiten und danach in regelmäßigen Abständen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzubieten. Das gilt auch für die Risikogruppe 2, es sei denn auf Grund der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen.
   
Siehe § 15a Abs. 5 der Biostoffverordnung.


5.4.1.3 Zusätzlich zu Abschnitt 5.4.1.2 sind Versicherten, die sich eine Infektion oder Erkrankung zugezogen haben, die auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sein kann, unverzüglich arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzubieten. Dies gilt für alle Versicherten des gleichen Tätigkeitsbereiches, es sei denn, die Infektion/Erkrankung ist auf eine personenbezogene Schädigung zurückzuführen.

   
Siehe § 15 Abs.6 der Biostoffverordnung.

Für die Auswahl der zu untersuchenden Beschäftigten sind die im Anhang IV Abs. 2 Spalten 1 bis 3 der Biostoffverordnung beschriebenen biologischen Arbeitsstoffe, Arbeitsbereiche sowie Expositionsbedingungen zu berücksichtigen. Die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen richten sich nach dem BG-Grundsatz "Berufsgenossenschaftliche arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen" G42 "Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung".

Siehe Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe TRBA 300 (in Vorbereitung).

5.4.1.4 Bei Reinigungsarbeiten in Bereichen, die der Schutzstufe 1 zuzuordnen sind, sind spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen für die Versicherten nicht verpflichtend. Ergibt sich jedoch im Einzelfall eine Gefährdung durch Erreger der Risikogruppe 2 oder 3, so hat der Unternehmer den Versicherten das Angebot zu unterbreiten, sich einer speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen.

   
Nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen sind bei Reinigungsarbeiten spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach dem BG-Grundsatz "Berufsgenossenschaftliche arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen" G42 "Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung" zu veranlassen
  • im Hinblick auf die Gefährdung durch Erreger von Hepatitis B und C bei den unter Abschnitt 4.2.3 beschriebenen Tätigkeiten und besonders betroffenen Bereichen,
  • im Hinblick auf Hepatitis A bei den unter Abschnitt 4.2.3 aufgeführten Tätigkeiten und Bereichen,
  • im Hinblick auf Lungentuberkulose bei den unter Abschnitt 4.2.4 aufgeführten Bereichen.


5.4.2 Aktive Immunisierung

Steht ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung, ist Versicherten, die mit Reinigungsarbeiten mit Infektionsgefahr beschäftigt werden und über keinen ausreichenden Immunschutz verfügen, im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung, eine Impfung anzubieten. Das schließt ein, dass die Versicherten vom untersuchenden Arzt über die zu verhütende Krankheit, den Nutzen der Impfung und mögliche Nebenwirkungen/Komplikationen aufzuklären sind.

   
Siehe § 15a Abs. 3 der Biostoffverordnung.

Den Versicherten dürfen dabei keine Kosten entstehen.

Siehe Arbeitsschutzgesetz und Abschnitt 9.5 der BG-Regel "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" (BGR 250/TRBA 250).


5.4.3 Tätigkeitsbeschränkung

Bei ärztlichen Bedenken gegen die Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen sind vom Unternehmer zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen, gegebenenfalls ist dem Beschäftigten eine andere Tätigkeit zuzuweisen.

   
Siehe § 15a Abs. 7 der Biostoffverordnung.