Der Unternehmer hat den Versicherten, die in Bereichen mit einem Tages-Lärmexpositionspegel von über 80 dB(A) oder über einem Höchstwert des C-bewerteten Schalldruckpegels von 135 dB beschäftigt sind, geeignete Gehörschutzmittel zur Verfügung zu stellen. Der zu verwendende Gehörschutz muss dem Stand der Technik entsprechen.
Von Bedeutung sind z. B.:
3.1.1 Gefährdungsbeurteilung und Maßnahmen
Der Unternehmer hat die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung für die Arbeitsplätze seiner Beschäftigten zu erstellen. Dabei muss er die Belastung am Arbeitsplatz ermitteln und die jeweils notwendigen Schutzmaßnahmen,
festlegen.
3.1.1.1 Gefährdungsermittlung
Eine Gehörgefährdung liegt in Lärmbereichen vor. Dort erreicht oder überschreitet
Die Gefährdungsermittlung kann mit oder ohne Messung durchgeführt werden.
Die Lärmgefährdung kann personen- oder arbeitsbereichsbezogen ermittelt werden.
3.1.1.2 Gefährdungsbewertung
Die Überprüfung auf Einhaltung der maximal zulässigen Expositionswerte erfolgt entsprechend Anhang 1. Dabei wird zwischen sachgerechter und qualifizierter Benutzung unterschieden.
Unter Einbeziehung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes muss sichergestellt werden, dass der auf das Gehör des Versicherten einwirkende Lärm die maximal zulässigen Expositionswerte nicht überschreitet.
3.1.2 Rangfolge der Schutzmaßnahmen
Können die mit einer Lärmexposition verbundenen Risiken nicht durch technische (T) oder organisatorische (O) Maßnahmen vermieden werden, muss ein geeigneter, ordnungsgemäß passender persönlicher Gehörschutz (P) zur Verfügung gestellt und von den Lärmexponierten bestimmungsgemäß benutzt werden (Rangfolge: TOP).
3.1.3 Arten von Gehörschutz
3.1.3.1 Kapselgehörschützer
Alle Gehörschützer mit Kapseln, die die beiden Ohrmuscheln umschließen, sind Kapselgehörschützer. Es sind drei Arten zu unterscheiden:
Abb. 1
Aufbau eines Kapselgehörschützers mit Kopfbügel
3.1.3.1.1 Konventionelle Kapselgehörschützer
Konventionelle Kapselgehörschützer werden mit unterschiedlichen Bügelkonstruktionen - Kopfbügel, Nackenbügel, Universalbügel - als Verbindungselemente der Kapseln geliefert. Kapselgehörschützer mit Universalbügel sind gegen Verrutschen zusätzlich mit einem Kopfband ausgerüstet.
3.1.3.1.2 Spezielle Kapselgehörschützer
3.1.3.1.2.1 Kapselgehörschützer mit pegelabhängiger Schalldämmung
Mit einer elektroakustischen Ausrüstung werden schwache Signale am Ohr verstärkt. Mit zunehmender Stärke der Signale und Geräusche nimmt dabei die Verstärkung ab. Der durch die Elektronik erzeugte Schallanteil wird dabei auf 85 dB(A) begrenzt. Der Kriteriumspegel gibt dabei an, bis zu welchem äußeren Schalldruckpegel (Tages-Lärmexpositionspegel) der Gehörschützer eingesetzt werden darf, ohne den maximal zulässigen Expositionswert zu überschreiten. Die Wahrnehmung von Sprache, von informationshaltigen Arbeitsgeräuschen und akustischen Signalen ist insbesondere bei Arbeitsabschnitten mit niedrigen Schalldruckpegeln bis etwa 82 dB(A) in der Regel besser als beim Tragen anderer Gehörschutzarten. Die Qualität der Übertragung hat entscheidenden Einfluss auf die Verständlichkeit der Sprache. Bei hohen Schalldruckpegeln können in Abhängigkeit von der passiven Dämmwirkung des Kapselgehörschützers Schalldruckpegel von über 85 dB(A) am Ohr wirksam werden.
3.1.3.1.2.2 Kapselgehörschützer mit Kommunikationseinrichtung
Kapselgehörschützer mit Kommunikationseinrichtung ermöglichen es, drahtlos oder
über Kabelverbindungen Informationen zu übertragen. Es gibt Systeme, die Informationen
nur in eine Richtung übertragen können und andere, die den Dialog zwischen den
Versicherten auch in Lärmbereichen ermöglichen.
3.1.3.1.2.3 Kapselgehörschützer mit aktiver Geräuschkompensation
Im Gehörschützer können Geräusche durch zeitlich versetzten (Anti-)Schall gemindert
werden. Dieser setzt sich aus etwa gleichen Schalldruckpegeln und Frequenzen
zusammen wie die auszulöschenden Geräusche. Die beste Wirkung zeigt diese Technik
bei tiefen Frequenzen.
3.1.3.1.2.4 Kapselgehörschützer mit eingebautem Radio
Kapselgehörschützer werden auch mit eingebautem UKW-Radio angeboten. Um eine
zusätzliche Gehörgefährdung durch laute Musik auszuschließen, wird der vom Radio
am Ohr erzeugte Schalldruckpegel auf 82 dB(A) begrenzt.
3.1.3.1.3 Kapselgehörschützer in Kombination mit anderen persönlichen Schutzausrüstungen
Kapselgehörschützer können mit Hilfe von Verbindungselementen an dafür vorgesehenen
Industrieschutzhelmen befestigt werden. Diese Kombination gibt es als Einheit
oder auch als Ausrüstungen zur Selbstmontage. Dabei sollten nur geprüfte und
zulässige Kombinationen verwendet werden.
3.1.3.2 Gehörschutzstöpsel
Alle Gehörschützer, die im Gehörgang oder in der Ohrmulde getragen werden, sind Gehörschutzstöpsel. Es sind folgende Arten zu unterscheiden:
Einige Typen werden wahlweise mit und ohne Verbindungsschnur, in verschiedenen Größen oder mit elektronischen Zusatzeinrichtungen (siehe Abschnitt 3.1.3.1.2) angeboten.
Abb. 2 Fertig geformte Gehörschutzstöpsel |
Abb. 3: Vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel |
Abb. 4 Gehörschutz-Otoplastik |
Abb. 5 Bügelstöpsel |
3.1.3.2.1 Fertig geformte Gehörschutzstöpsel
Merkmal der fertig geformten Gehörschutzstöpsel, die in einer Vielzahl verschiedener
Ausführungen angeboten werden, ist es, dass sie sofort ohne vorherige Formgebung
in den Gehörgang eingesetzt werden können. Für die verschiedenen Gehörgangsweiten
werden Modelle mit mehreren weichen, quergestellten, kreisförmigen Lamellen
wachsenden Durchmessers oder Sortimente einzelner Typen verschiedener Nenngrößen
angeboten. Zum Teil sind diese fertig geformten Gehörschutzstöpsel mit Bohrungen
versehen. Dies führt bei tiefen Frequenzen zu einer geringen Schalldämmung.
Außerdem wird dadurch der Druckausgleich zwischen dem abgeschlossenen Gehörgang
und der äußeren Umgebung ermöglicht.
Fertig geformte Gehörschutzstöpsel sind in der Regel für den mehrmaligen Gebrauch vorgesehen. Ihr Vorteil liegt dann in ihrer Dauerhaftigkeit und der Möglichkeit, sie ohne Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit mehrmals am Tag einsetzen zu können. Sie sind meist von einfacher Geometrie und lassen sich mit geringem Aufwand hygienisch reinhalten. Wegen der großen Individualität der Gehörgangsformen und -querschnitte und der daraus resultierenden unbefriedigenden Passform können fertig geformte Gehörschutzstöpsel beim Tragen unangenehme Druckempfindungen verursachen. In diesen Fällen sollte ein anderer Gehörschützer ausprobiert werden.
3.1.3.2.2 Gehörschutz-Otoplastiken
Gehörschutz-Otoplastiken sind eine Sonderform der fertig geformten Gehörschutzstöpsel.
Sie werden individuell nach dem Ohr und insbesondere dem Gehörgang des Trägers
geformt und verschließen den Gehörgang, ohne (in normaler Kopfhaltung) einen
Druck auf die Gehörgangwandungen auszuüben. Bei einigen Modellen ist durch verschiedene Filter eine Anpassung
der Schalldämmung in gewissen Grenzen, entsprechend den Erfordernissen am Arbeitsplatz,
möglich.
Druckerscheinungen sind bei Gehörschutz-Otoplastiken aus hartem Material möglich,
wenn während der Benutzung häufig erhebliche Kopfdrehungen ausgeführt werden.
3.1.3.2.3 Vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel
Gehörschutzstöpsel aus polymerem Schaumstoff werden vor dem Einsetzen in den
Gehörgang zu einer dünnen Rolle zusammengedrückt und dehnen sich dann im Laufe
einiger Sekunden wieder aus, so dass der Gehörgang akustisch gut abgeschlossen
wird. Die Auflagefläche des Gehörschutzstöpsels an der Gehörgangshaut ist relativ
groß und das erzeugte Druck-/Fremdkörpergefühl daher gering. Gehörschutzstöpsel
aus polymerem Schaumstoff sind sowohl zum mehrfachen als auch zum einmaligen
Gebrauch bestimmt.
3.1.3.2.4 Bügelstöpsel
Bügelstöpsel bestehen aus fertig geformten Gehörschutzstöpseln, die an Bügeln
befestigt sind. Bei vielen Typen kann der Bügel im Nacken, über dem Kopf oder
unter dem Kinn getragen werden.
3.1.3.2.5 Gehörschutzstöpsel mit Verbindungsschnur
Gehörschutzstöpsel mit Verbindungsschnur bestehen aus fertig geformten oder
vor Gebrauch zu formenden Gehörschutzstöpseln, die an den Enden einer Trageschnur
befestigt sind.
3.1.4 Kennzeichnung
Bei der Auswahl ist auf die erforderliche CE-Kennzeichnung des Gehörschützers
zu achten. Die CE-Kennzeichnung besteht aus dem Kurzzeichen "CE" (= communauté
européenne) und befindet sich auf dem Gehörschützer bzw. bei Gehörschutzstöpseln
alternativ auch auf der kleinsten handelsüblichen Packung, die für den Endverbraucher
bestimmt ist (kleinste Verkaufsverpackungseinheit)*.
Gehörschützer gehören der Zertifizierungskategorie II für persönliche Schutzausrüstung
an. Für sie muss der Hersteller eine EG-Baumusterprüfbescheinigung einer notifizierten
Stelle vorweisen können.
Daneben müssen noch weitere Informationen auf dem Produkt angegeben werden,
die nicht zur CE-Kennzeichnung gehören, aber zur eindeutigen Identifikation
des Produkts erforderlich sind, z. B. Modellbezeichnung, Herstelleridentifikation,
Nummer der Normenreihe (EN 352).
3.2.1 Auswahlprinzipien
3.2.1.1 Schalldämmung und maximal zulässige Expositionswerte
Für die Auswahl und Bewertung nach der Schalldämmung ist zu berücksichtigen,
dass
3.2.1.1.1 Einhaltung des maximal zulässigen Expositionswertes
Zur Einhaltung des maximal zulässigen Expositionswertes dürfen der Tages-Lärmexpositionspegel
am Ohr des Benutzers (unter Berücksichtigung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes)
den Wert von 85 dB(A) und der Spitzenschalldruckpegel den Wert von 137 dB(C)
nicht überschreiten. Das Verfahren zur Überprüfung findet sich in Anhang 1.
3.2.1.1.2 Verfahren zur Auswahl
Die Schalldämmung von Gehörschützern ist in unterschiedlichem Maße frequenzabhängig
(siehe Abbildung 6). Die Auswahlverfahren berücksichtigen diese Frequenzabhängigkeit.
Sie erfordern unterschiedliche Informationen über die betreffenden Lärmsituationen. Die Auswahlverfahren zur Ermittlung des beim Tragen des Gehörschützers am Ohr
wirksamen Schalldruckpegels sind
Die genannten Verfahren werden im Anhang 2 näher beschrieben.
Abb. 6
Schalldämmkurven typischer Gehörschützer
Die Oktavband-Methode ist ein genaues, aber sehr aufwändiges Verfahren, das die Kenntnis der einzelnen Oktavband-Schalldruckpegel erfordert. Es sollte angewendet werden, wenn im Einzelfall die Schutzwirkung möglichst genau zu bestimmen ist, z. B. durch Vorgaben im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge. Das Verfahren wird in Anhang 2 durch ein Beispiel erläutert.
Die HML-Methode ist mit ihren drei für jeden Gehörschützertyp angegebenen Dämmwerten für hohe (H), mittlere (M) und tiefe (L) Frequenzen ein Auswahlverfahren, das die Frequenzabhängigkeit der Schalldämmung ebenfalls berücksichtigt. Als Information über das Geräusch am Arbeitsplatz müssen der A- und C-bewertete Schalldruckpegel bekannt sein. Diese Methode ist zu empfehlen, wenn keine Oktavband-Analyse vorliegt und trotzdem im Einzelfall die Schutzwirkung möglichst genau bestimmt werden soll. Das Verfahren wird in Anhang 2 durch ein Beispiel erläutert.
Der HML-Check ist eine Kurzform der HML-Methode und wird in der betrieblichen Praxis am häufigsten angewendet. Er liefert im Allgemeinen ausreichende Ergebnisse, wenn keine zusätzlichen Informationen zur Frequenzzusammensetzung zur Verfügung stehen. Das Verfahren wird in Anhang 2 durch ein Beispiel erläutert.
Die SNR-Methode verwendet einen einzigen Dämmwert (SNR-Wert). Dieser Wert charakterisiert als Einzahlkennwert die Schalldämmung nur grob, da die Frequenzzusammensetzung des Arbeitslärms nicht ausreichend berücksichtigt wird. Bei der Auswahlmethode erhält man den A-bewerteten Restschallpegel am Ohr durch Subtraktion des SNR-Wertes vom C-bewerteten Schallpegel am Arbeitsplatz. Der SNR-Wert liegt durchschnittlich um 3 bis 4 dB über dem M-Wert. Zur Auswahl von Gehörschutz sind H-, M- und L-Werte besser geeignet.
Die Methode zur Beurteilung der Schalldämmung eines Gehörschützers unter Berücksichtigung des Höchstwertes des C-bewerteten momentanen Schalldruckpegels in dB(Cpeak) wird in Anhang 2 durch Beispiele erläutert.
3.2.1.1.3 Verringerte Schalldämmung in der Praxis
Nach durchgeführten Untersuchungen ist die Schalldämmung aufgrund der Tragegewohnheiten
der Benutzer in der Praxis häufig geringer, als unter Laborbedingungen bei der
Baumusterprüfung ermittelt wurde und in der Benutzerinformation mitgeliefert
wird. Um bei sachkundiger (aber ungeübter) Benutzung dasselbe Schutzniveau wie
bei qualifizierter Benutzung zu erreichen, ist der M- bzw. der L-Wert bei vor Gebrauch
zu formenden Gehörschutzstöpseln um 9 dB und bei mehrfach zu verwendenen
Stöpseln, Bügelstöpseln sowie Gehörschutzkapseln um 5 dB zu verringern. Für
Gehörschutz-Otoplastiken mit Funktionskontrolle ist ein Abschlag von 3 dB anzuwenden. Der
Einsatz von Gehörschutz-Otoplastiken ohne Funktionskontrolle mit einem Abschlag von 6 dB ist
entsprechend TRLV Lärm Teil 3 (Lärmminderungsmaßnahmen) nicht mehr zulässig.
An diesen Produkten ist kurzfristig eine Funktionskontrolle durchzuführen. Die Funktionskontrolle
ist bei der Auslieferung und danach regelmäßig im Abstand von maximal
zwei Jahren durchzuführen.
Die verringerte Schalldämmung in der Praxis bedeutet besonders für Gehörschutzstöpsel, dass nur sorgfältig angepasste und eingesetzte Stöpsel die vom Hersteller angegebene Schutzwirkung erreichen.
3.2.1.1.4 Auswahl bei qualifizierter Benutzung von Gehörschutz
Bei der qualifizierten Benutzung von Gehörschutz wird davon ausgegangen, dass
der Gehörschutz die in der Baumusterprüfung ermittelte Schalldämmung auch in
der Praxis erreicht. Voraussetzung dafür ist eine Unterweisung mit praktischen
Übungen, welche mehrmals (mindestens 4-mal) jährlich wiederholt werden.
Der
Vorgesetzte stellt dabei sicher, dass die Benutzung entsprechend den Herstellerinformationen
und die Unterweisung entsprechend den Vorgaben aus Anhang 6 erfolgen. Die Durchführung
der Unterweisungen muss dokumentiert werden. Die qualifizierte Benutzung bietet
die Möglichkeit, bei extrem hohen Schalldruckpegeln eine ausreichende Schutzwirkung
zu erzielen und sollte auf Einzelfälle beschränkt bleiben. Unabhängig von der Gehörschutz-Auswahlmethode sind nach TRLV Lärm
an Arbeitsplätzen oder bei persönlicher Exposition ab einem Tages-Lärmexpositionspegel
von LEX,8h = 110 dB(A) besondere Schutzmaßnahmen erforderlich, die eine
qualifizierte Unterweisung und Benutzung von Gehörschutz einschließen.
3.2.1.1.5 Praxisabschläge bei speziellen Kapselgehörschützern
Bei pegelabhängig dämmendem Gehörschutz ist zu berücksichtigen, dass sich der
Kriteriumspegel (als maximal zulässiger Tages-Lärmexpositionspegel) bei der
Durchführung einer qualifizierten Unterweisung entsprechend dem jeweiligen Praxisabschlag
(Ks-Wert) nach oben verschieben kann.
Bei Gehörschutz mit Kommunikationseinrichtung,
Gehörschutz mit aktiver Geräuschkompensation und Gehörschutz mit eingebautem
Radiogerät verschiebt sich der Einsatzbereich bei Durchführung einer qualifizierten
Unterweisung (bzw. bei qualifizierter Benutzung) entsprechend den Praxisabschlägen
ebenfalls nach oben.
3.2.1.1.6 Berücksichtigung einer möglichen Überprotektion
Wird die Schalldämmung eines Gehörschützers wesentlich höher ausgewählt, als
zur Vermeidung eines Gehörschädigungsrisikos notwendig ist, werden die Sprachverständigung
und das Erkennen von informationshaltigen Arbeitsgeräuschen sowie die Wahrnehmbarkeit
von Warnsignalen unnötig erschwert. Die Folge kann Ablehnung des Gehörschützers
sein, d. h. er wird gar nicht oder unsachgemäß getragen, um die Schalldämmung
bewusst zu verringern. Das wiederum kann zu einer Unterprotektion mit einem
am Ohr wirksamen Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) oder mehr führen. Überprotektion
sollte grundsätzlich vermieden werden, kann jedoch, wenn vom Mitarbeiter gewünscht,
im Einzelfall zulässig sein. Auf mögliche Überprotektion ist zu prüfen, wenn
der am Ohr wirksame Tages-Lärmexpositionspegel den Wert von 70 dB(A) unterschreitet
(siehe Anhang 2, Tabelle 1).
3.2.1.1.7 Kapselgehörschützer oder Gehörschutzstöpsel
Hinsichtlich der Schalldämmung sind beide Gehörschützerarten im Grundsatz gleichwertig,
d. h. es gibt Gehörschutzstöpsel und Kapselgehörschützer mit verhältnismäßig
hoher oder niedriger Schalldämmung. Kapselgehörschützer haben im Allgemeinen
bei tiefen Frequenzen eine geringere Schalldämmung als Gehörschutzstöpsel. Ob
Kapselgehörschützer oder Gehörschutzstöpsel auszuwählen sind, richtet sich daher
nicht nach der Schalldämmung, sondern nach der Arbeitssituation und Arbeitsumgebung.
3.2.1.1.8 Kombination von Kapselgehörschützern und Gehörschutzstöpseln
Reicht an Arbeitsplätzen mit extrem hoher Lärmbelastung die Schalldämmung von
Gehörschutzstöpseln oder Kapselgehörschützern allein nicht aus, kann deren Kombination
erforderlich sein. Hierbei ist zu beachten, dass sich bei der Anwendung beider
Gehörschützerarten die Schalldämmungen nicht einfach addieren. Eher werden für
die Kombination die bei den verschiedenen Frequenzen höheren Schalldämmungswerte
des einzelnen Gehörschützers zugrunde zu legen sein. Es sind daher nur geprüfte
Kombinationen einzusetzen, deren Gesamtschalldämmung bekannt ist (siehe Anhang
3).
Müssen Praxisabschläge berücksichtigt werden, ist der M- bzw. L-Wert der Kombination um den für den verwendeten Gehörschutzstöpsel angegeben Korrekturwert zu verringern.
3.2.1.2 Arbeitsumgebung
Bei der Auswahl der Gehörschützerarten ist die jeweilige Arbeitsumgebung zu berücksichtigen, und zwar
3.2.1.2.1 Kapselgehörschützer
Kapselgehörschützer sind zu empfehlen, wenn
Kapselgehörschützer erschweren die Ortung von Schallquellen. Ihr Einsatz sollte daher vermieden werden, wenn aus Sicherheitsgründen gutes Richtungshören erforderlich ist.
Kapselgehörschützer mit pegelabhängiger Schalldämmung (elektroakustischer Ausrüstung) sind zu empfehlen, wenn
Kapselgehörschützer mit Kommunikationseinrichtungen sind zu empfehlen bei
Kapselgehörschützer mit aktiver Geräuschkompensation sind für tieffrequente
Geräusche mit hohen Schallpegeln geeignet.
Kapselgehörschützer mit eingebautem Radio sind insbesondere für Arbeitsplätze
mit monotoner Tätigkeit in Lärmbereichen geeignet. Durch ihren Einsatz kann
hier die Motivation der Versicherten positiv beeinflusst werden. Bei der Auswahl
eines solchen Gehörschützers muss die zusätzliche Geräuschquelle durch das Radio
berücksichtigt werden. Deshalb muss der nach Anhang 2 berechnete, am Ohr wirksame
Schalldruckpegel des Geräusches am Arbeitsplatz beim Tragen des Gehörschützers
unter 82 dB(A) liegen.
Diese Gehörschützer sind nicht geeignet für Arbeitsplätze, an denen eine Sprachverständigung
oder das Erkennen informationshaltiger Arbeitsgeräusche erforderlich ist.
Warnsignale müssen in jedem Fall sicher erkennbar sein. Im Zweifelsfall ist eine Hörprobe nach DIN EN ISO 7731 durchzuführen.
3.2.1.2.2 Kapselgehörschützer an Industrieschutzhelmen
Die wichtigen Eigenschaften für die Auswahl von Kapselgehörschützern, die an
Industrieschutzhelmen montiert werden können, sind auch abhängig von den jeweiligen
Helmtypen. Dazu zählen die Andrückkraft, flächenbezogene Andrückkraft und Schalldämmung.
Deshalb dürfen nur geprüfte und zertifizierte Kombinationen verwendet werden.
Die EG-Baumusterprüfbescheinigung muss für die Kombination ausgestellt sein.
Angaben über zulässige Kombinationen enthalten die Informationsbroschüren der Hersteller.
3.2.1.2.3 Gehörschutzstöpsel
Gehörschutzstöpsel (insbesondere ohne Verbindungselement) sind zu
empfehlen
Bügelstöpsel sind zu empfehlen, wenn ein häufiges Auf- und
Absetzen erforderlich ist.
Sie sollten nicht getragen werden, wenn Schalldruckspitzen durch Anstoßen
der Bügel entstehen können, z. B. am Schweißerschutzschirm.
Gehörschutzstöpsel mit Verbindungsschnur sind zu empfehlen, wenn ein
Verlust der Stöpsel zu Produktionsstörungen führen kann. Sie
dürfen nicht getragen werden, wenn in der Nähe bewegter Maschinenteile
gearbeitet wird, z. B. an Drehmaschinen, Bohrmaschinen, Holzbearbeitungsmaschinen.
Es besteht sonst die Gefahr, dass die Verbindungsschnur erfasst wird und so
Verletzungen durch Herausreißen der Stöpsel aus dem Gehörgang
möglich sind.
3.2.1.2.4 Gehörschutz-Otoplastiken
Gehörschutz-Otoplastiken sind besonders bequem zu tragen und daher zu empfehlen,
wenn
3.2.1.3 Ohrabformung und Funktionsprüfung von Gehörschutz-Otoplastiken
Nach TRLV Lärm gilt für Gehörschutz-Otoplastiken: Nur bei fachgerechter Herstellung und Funktionskontrolle bei Auslieferung (maximal bis zu sechs Monate nach Lieferdatum) sowie regelmäßig wiederkehrender Funktionskontrolle im Abstand von höchstens zwei Jahren wird die Schutzwirkung der Gehörschutz-Otoplastiken gewährleistet (funktionale Anpassung).
Die Kontrolle kann eine akustische Prüfung oder eine Druckmessung der im Gehörgang getragenen Gehörschutz-Otoplastik sein (vgl. Abb. 7 Foto Nr. 5). Für die Erstkontrolle bei Auslieferung ist der Hersteller verantwortlich. Die wiederkehrende Funktionskontrolle kann durch den Hersteller oder durch eine vom Unternehmer beauftragte Person durchgeführt werden.
Bild 7: Ohrabformung zur Herstellung einer Gehörschutz-Otoplastik
Personen, die die Ohrabformung durchführen, müssen über die erforderliche Fachkunde für Ohrabdrucknahme verfügen. Handelt es sich bei diesen Personen nicht um ausgebildete Hörgeräteakustiker, sollte das Wissen dazu über eine spezielle Ausbildung vermittelt werden. Inhalte und Gegenstand der Ausbildung sind z. B.:
3.2.1.4 Medizinische Auffälligkeiten
Die Benutzer von Gehörschützern sind vor der ersten Anwendung nach bestehenden
Ohrproblemen, z. B. Gehörgangsreizungen, und einer eventuellen ärztlichen Behandlung
zu befragen. In derartigen Fällen ist vor der Benutzung eine ärztliche Beratung
zur Auswahl der Gehörschützer einzuholen. Eine ärztliche Beratung zur Auswahl von Gehörschützern ist Bestandteil jeder arbeitsmedizinischen Vorsorge Lärm nach dem DGUV Grundsatz G 20 Lärm.
3.2.1.5 Vorhandene Hörverluste
Damit sich ein geschädigtes Gehör nicht zusätzlich verschlechtert, darf es nicht
weiter durch Lärm belastet werden. Daher muss für diesen Personenkreis die Auswahl
eines Gehörschützers besonders sorgfältig erfolgen. Zur Auswahl sollte grundsätzlich
die Oktavband-Methode oder - falls dies nicht möglich - die HML-Methode verwendet
werden (siehe Anhang 2). Besonders wichtig ist, dass
Der Gehörschutz ist nach TRLV Lärm konsequent ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 80 dB(A) zu tragen.
3.2.1.6 Vereinbarkeit von Gehörschutz mit anderen am Kopf getragenen Ausrüstungen
Müssen außer Gehörschützern auch andere Schutzausrüstungen bzw. Ausrüstungen
am Kopf getragen werden, ist darauf zu achten, dass
Es sind daher Gehörschutzstöpsel zu bevorzugen.
Bei der Kombination von Brillen oder Schutzbrillen mit Kapselgehörschützern ist zu beachten, dass die Brillenbügel möglichst flach sind.
Kapselgehörschützer mit breiten und weichen Kissen sind zu bevorzugen.
3.2.1.7 Trageversuche
Vor der Entscheidung für den Einsatz eines bestimmten Gehörschützers sollten
im Betrieb Trageversuche mit einer kleinen Gruppe von Versicherten durchgeführt
werden, um in der Praxis die individuellen Arbeitsbedingungen, z. B. Staub, Hitze,
starke Körperbewegungen, Tragen anderer persönlicher Schutzausrüstungen oder
Signalhören, mit zu erfassen. Es wird empfohlen, dass sich auch die im Betrieb
für den Einsatz von Gehörschützern Verantwortlichen an diesen Trageversuchen
beteiligen.
3.2.2 Ergonomie
Der Tragekomfort eines Gehörschützers entscheidet wesentlich über die Bereitschaft,
Gehörschutz regelmäßig im Lärm zu tragen.
Bei Kapselgehörschützern können besonders das Material, das mit der Haut Kontakt
hat, das Gewicht, die Andrückkraft und die flächenbezogene Andrückkraft sowie
die Einstellbarkeit für den vom Benutzer empfundenen Tragekomfort ausschlaggebend
sein. Außerdem ist die erforderliche Größe zu beachten. Die Mehrzahl der Kapselgehörschützer
deckt alle bei der EG-Baumusterprüfung geforderten Größenbereiche ab. Bei Gehörschutzstöpseln
kann neben dem verwendeten Material besonders die Leichtigkeit des Einsetzens
und Herausnehmens ausschlaggebend sein. Außerdem sind die Größen nach der Weite
des Gehörganges auszuwählen.
Im Allgemeinen werden Gehörschutzstöpsel bei mehrstündigem Tragen angenehmer
empfunden als Kapselgehörschützer.
Bei niedriger Umgebungstemperatur können Schaumstoffstöpsel zu hart werden.
Vor dem Einsetzen ist dann ein Anwärmen erforderlich.
Überprotektion ist aus ergonomischer Sicht meist negativ einzustufen, da sie die Benutzer von Gehörschutz häufig mental belastet (siehe Abschnitt 3.2.1.1.6).
Gehörschutz soll möglichst aus schadstoffarmem Material bestehen. Diesbezüglich geprüfte, schadstoffarme Gehörschützer sind mit dem "DGUV Test"-Zeichen (vormals "BG-PRÜFZERT"-Zeichen) versehen.
3.3.1 Betriebsanweisung
Für den Einsatz von Gehörschützern sollte der Unternehmer eine Betriebsanweisung erstellen, die alle für den sicheren Einsatz erforderlichen Angaben enthält, insbesondere Angaben über
Die Betriebsanweisung soll entsprechend dem Muster im Anhang 4 gestaltet werden.
3.3.2 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Bestandteile der arbeitsmedizinischen Vorsorge Lärm sind
Die arbeitsmedizinische Vorsorge Lärm ist vom Unternehmer entsprechend der ArbMedVV zu veranlassen bzw. anzubieten.
3.3.3 Unterweisung
Der Unternehmer hat die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung den betroffenen Versicherten mitzuteilen, und sie über die Bedeutung der Ergebnisse, die Gefährdungen durch Lärm sowie über Maßnahmen, die entsprechend der vorliegenden Regel vorgesehen sind, zu unterweisen. Die Unterweisung hat vor der ersten Benutzung und danach wiederholt nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich zu erfolgen. Bei der Unterweisung sollen insbesondere folgende Informationen vermittelt werden:
Wird die Unterweisung mindestens viermal jährlich mit praktischen Übungen durchgeführt und dies dokumentiert, spricht man von einer qualifizierten Benutzung (siehe Anhang 6 - Unterweisungsrichtlinie zur qualifizierten Benutzung von Gehörschutz). In diesen Fällen kann auf die Praxisabschläge der Schalldämmung verzichtet werden.
Die praktischen Übungen beinhalten:
3.3.4 Informationsbroschüre des Herstellers
Bei der Unterweisung wird die Informationsbroschüre des Herstellers erläutert
und angewendet.
Die Informationsbroschüre des Herstellers enthält u. a. Hinweise auf
Sofern erforderlich, müssen weitergehende Informationen zu den eingesetzten Gehörschützern gegeben werden. Dies betrifft insbesondere
3.3.5 Benutzung von Gehörschützern ab den unteren Auslösewerten
Da bei Lärmexpositionspegeln ab 80 dB(A) eine Gehörgefährdung nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, soll auf die Benutzung der bereitgestellten Gehörschützer ab diesem Lärmexpositionspegel hingewirkt werden.
3.3.6 Überwachung
Der Unternehmer hat den bestimmungsgemäßen Einsatz und das Trageverhalten zu
überwachen. Gegebenenfalls hat er einen Aufsichtsführenden zu benennen, der
sicherstellt, dass die Versicherten der Tragepflicht nachkommen.
Der Unternehmer hat dafür Sorge zu tragen, dass die Versicherten den persönlichen
Gehörschutz bestimmungsgemäß verwenden, wenn
3.3.7 Befreiung von der Benutzung
Die Benutzer von Gehörschützern können im Einzelfall durch die zuständige Behörde von der Tragepflicht befreit werden, wenn durch die Benutzung von Gehörschutzmitteln eine erhöhte Unfallgefahr entsteht und diese auf andere Weise nicht vermieden werden kann.
3.3.8 Anpassen von Gehörschützern
Die Informationsbroschüren der Hersteller sind zu beachten. Sind Gehörschützer für das linke oder rechte Ohr unterschiedlich gestaltet, müssen sie seitenrichtig benutzt werden.
3.3.8.1 Kapselgehörschützer
Damit die Schutzwirkung der Gehörschützer erreicht wird, ist Folgendes zu beachten:
3.3.8.2 Gehörschutzstöpsel
Der äußere Gehörgang ist gekrümmt. Krümmung und Weite des Gehörganges sind individuell sehr unterschiedlich. Der Form des Gehörganges muss sich ein Gehörschutzstöpsel, ohne unangenehmen Druck auf die Haut auszuüben, anpassen können. Insbesondere ist bei der Verwendung von Gehörschutzstöpseln Folgendes zu beachten:
Größe L (= large) | Größe S (= small) |
Abb. 8
Ausreichend tief im Gehörgang eingesetzte Gehörschutzstöpsel
in kleinem und großem Gehörgang
3.3.9 Tragedauer von Gehörschützern
Gehörschützer müssen bei gehörgefährdenden Lärmpegeln während der gesamten Aufenthaltsdauer getragen werden, damit eine optimale Schutzwirkung erreicht wird. Auch wenn sie nur für kurze Zeit nicht getragen werden, wird die Schutzwirkung, wie Abbildung 9a und 9b zeigt, drastisch verringert.
Abb. 9a:
Effektive Dämmung eines Gehörschützers mit 30 bzw. 10 dB Dämmung in Abhängigkeit von
der Expositionszeit ohne Gehörschützer bezogen auf eine 8-Stunden-Schicht
Abb. 9b
Effektive Dämmung eines Gehörschützers mit 30 bzw. 10 dB Dämmung in Abhängigkeit von der Expositionszeit ohne Gehörschützer bezogen auf eine 8-Stunden-Schicht (Ausschnitt: Zeitraum 60 min).
3.3.10 Hörbarkeit von Sprache und Warnsignalen
3.3.10.1 Sprache
Es ist eine normale Reaktion, den Stimmaufwand zu reduzieren, wenn Gehörschützer
getragen werden. Es ist daher wichtig, dass die Benutzer ihren Sprachschallpegel
beibehalten oder sogar erhöhen, um die Sprachkommunikation zu verbessern.
Die Sprachverständlichkeit kann durch die Verwendung eines Gehörschutzes mit möglichst frequenzunabhängiger Schalldämmung verbessert werden (siehe Abschnitt 3.3.10.3).
3.3.10.2 Informationshaltige Arbeitsgeräusche
Weisen höherfrequente Schallanteile des Arbeitsgeräusches auf mögliche Gefahren
(z. B. Unfallgefahren, Werkzeugstörung) hin, sollten Gehörschützer mit einer
möglichst frequenzunabhängigen Schalldämmung ausgewählt werden, also solche,
die nicht nur die hohen Frequenzen stark dämmen.
3.3.10.3 Signalerkennung
Es muss sichergestellt werden, dass akustische Gefahrensignale in Lärmbereichen
von den Benutzern der Gehörschützer eindeutig wahrgenommen werden können. Ist
dies nicht der Fall, ist die eindeutige Wahrnehmung durch Lärmminderung oder,
falls dies nicht möglich ist, durch eine Änderung des Signals anzustreben. Im
Zweifelsfall sind Hörproben nach DIN EN ISO 7731 "Ergonomie - Gefahrensignale
für öffentliche Bereiche und Arbeitsstätten - Akustische Gefahrensignale" durchzuführen.
In speziellen Fällen, bei denen eine erhöhte Gefährdung angenommen werden muss,
sind Hörproben zwingend vorgeschrieben, z. B. bei Gleisbauarbeiten täglich vor
Beginn der Arbeitsschicht.
Abb. 10
Schalldämmkurven geeigneter Gehörschützer zur Signalerkennung
An Arbeitsplätzen in Lärmbereichen des öffentlichen Straßenverkehrs dürfen
die Fahrzeugführer nur geeignete Gehörschützer verwenden (siehe Liste mit geeigneten
Gehörschützern in der DGUV Information 212-673 "Empfehlungen zur Benutzung von Gehörschützern
durch Fahrzeugführer bei der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr"). Sie müssen alle drei Jahre eine Hörprobe am Arbeitsplatz unter bestimmten
Bedingungen erfolgreich durchführen und erhalten für Kontrollen der Verkehrspolizei
eine Bescheinigung des zuständigen Unfallversicherungsträgers.
Die Signalerkennung kann durch die Verwendung von Gehörschützern mit näherungsweise
frequenzunabhängiger Dämmwirkung verbessert werden (siehe Abbildung 10). Um derartige
Gehörschützer kennzeichnen zu können, wurde ein weiteres Kriterium zur Auswahl
von Gehörschützern mit guten Eigenschaften hinsichtlich der Aspekte "Warnsignale
allgemein", "Sprachkommunikation notwendig" und "informationshaltige Arbeitsgeräusche"
vom zuständigen Fachbereich "Persönliche Schutzausrüstungen" der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) festgelegt. Gehörschützer, die dieses
Kriterium erfüllen, sind in der Liste der Gehörschützer (siehe Anhang 3) entsprechend
gekennzeichnet. Führt auch die Verwendung dieser Gehörschützer zu negativen
Ergebnissen bei Hörproben, dürfen keine Gehörschützer verwendet werden.
3.3.10.4 Richtungshören
Bei Arbeiten im Bereich von Transporteinrichtungen, z. B. an Fahrzeugen, werden
Kapselgehörschützer nicht selten wegen des gestörten Richtungshörens abgelehnt.
Hier hilft meist ein Wechsel zu Gehörschutzstöpseln.
3.3.11 Tragen von Hörgeräten
Hörgeräte sollen im Lärmbereich grundsätzlich nicht getragen werden. Ohrpassstücke ausgeschalteter Hörgeräte sind kein Ersatz für Gehörschützer. Jedoch besteht im Einzelfall die Möglichkeit, ein ausgeschaltetes Hörgerät als Ersatz für einen Gehörschutzstöpsel zu verwenden. Dazu muss die Gehörschutz-Otoplastik in Kombination mit einem ausgeschalteten Hörgerät als Gehörschutz geprüft und zertifiziert sein, was die Mindestschalldämmung nach DIN EN 352-2 einschließt. Außerdem muss die Gehörschutz-Otoplastik für den Schalldruckpegel am Arbeitsplatz geeignet sein.
Hörgeräte können dann im Lärmbereich verwendet werden, wenn sie als Gehörschutz geeignet sind. Diese Eignung soll durch eine Baumusterprüfbescheinigung nachgewiesen sein. Es ist sicherzustellen, dass der am Ohr wirksame Tages-Lärmexpositionspegel (L'EX,8h) den Wert von 85 dB(A) nicht erreicht. Dies soll vom zuständigen Hörgeräteakustiker in Absprache mit dem Betriebsarzt durch eine geeignete Messung überprüft werden.
3.3.12 Kombination von mehreren Persönlichen Schutzausrüstungen
Wesentliche Kombinationen sind das gleichzeitige Benutzen von:
Es gibt geeignete und geprüfte Kombinationen aus Kapselgehörschützern und Industrieschutzhelmen. Bei anderen PSA-Arten ist die Verwendung von Gehörschutzstöpseln angezeigt.
3.3.13 Ordnungsgemäßer Zustand und Trageverhalten
Es dürfen nur einwandfreie Gehörschützer benutzt werden. Der Unternehmer führt in regelmäßigen Abständen in Abhängigkeit von den Einsatzbedingungen (mindestens jährlich) Sichtprüfungen der Gehörschützer und der Tragegewohnheiten durch.
3.3.14 Prüfung vor der Benutzung von Gehörschutz
Gehörschützer müssen vor jeder Benutzung auf ihren einwandfreien Zustand hin geprüft werden (Sichtprüfung).
Es ist insbesondere zu prüfen:
Zum mehrfachen Gebrauch bestimmte Gehörschützer müssen regelmäßig gewartet, d. h. auch gereinigt werden, um
zu vermeiden.
3.4.1 Hygiene und Pflege
Bei der Benutzung des Gehörschützers können Verunreinigungen, z. B. durch Stäube
und Flüssigkeiten, auftreten und Hautreizungen bewirken. Deshalb sind insbesondere
die Träger von Gehörschutzstöpseln bezüglich der notwendigen Hygiene zu unterweisen.
Die Benutzer müssen auch darauf hingewiesen werden, dass ein Arzt, z. B. der
Betriebsarzt, aufgesucht werden muss, wenn sie Hautreizungen während oder nach
dem Gebrauch ihrer Gehörschützer bemerken.
Werden wiederverwendbare Gehörschutzstöpsel getragen, sind sie nach den Angaben
des Herstellers zu reinigen.
Kapselgehörschützer, insbesondere die Dichtungskissen, sind regelmäßig zu reinigen.
Die Angaben des Herstellers sind zu beachten.
Durch häufiges Reinigen kann sich das Material verändern und dadurch die Schalldämmung
reduziert werden.
3.4.2 Inspektion und Austausch
Gehörschützer müssen in regelmäßigen Abständen überprüft werden, um Ausrüstungen,
die durch mechanische Fehler, Alterung, Unfall oder Missbrauch beschädigt sind,
austauschen zu können. Bügel von Kapselgehörschützern oder Bügelstöpsel können
Formveränderungen unterliegen. Im Zweifelsfall sind sie hinsichtlich ihrer Gestalt
mit einem unbenutzten Gehörschützer gleiches Typs zu vergleichen.
Dichtungskissen von Kapselgehörschützern müssen nach den Anweisungen des Herstellers
ausgetauscht werden. Insbesondere ist ein Austausch erforderlich, wenn sie ihre
Form verändert haben, Anzeichen von Rissen und/oder Brüchen zeigen oder auf
andere Weise ihre Funktion verloren haben, in ihrer Funktion beeinträchtigt
sind oder ihre Funktion nicht sichergestellt werden kann.
3.4.3 Lagerung, Ausgabe und Verfügbarkeit
Für eine saubere Aufbewahrung der Gehörschützer, die nicht in Gebrauch sind, müssen entsprechende Aufbewahrungsmöglichkeiten vorhanden sein.
Gehörschützer müssen in geeigneter Umgebung aufbewahrt werden. Die Herstellerangaben
zur richtigen Lagerung sind hierbei zu beachten.
Die Ausgabe von Gehörschutzstöpseln kann über Spender an Zugängen von Lärmbereichen
vereinfacht werden. Auf die Ausgabestellen ist hinzuweisen. Neue Gehörschützer
wie auch Austauschteile müssen in geeigneter Form jederzeit verfügbar sein.
3.4.4 Alterung
Alterung kann eine Minderung der Schalldämmung zur Folge haben.
Bei Kapselgehörschützern
sind nach längerer Lagerung die Funktionsfähigkeit der Kissen und die Elastizität
der Kopfbügel zu prüfen.
Bei vor Gebrauch zu formenden Gehörschutzstöpseln ist
darauf zu achten, dass durch Verhärtung der Stöpsel die Schalldämmung reduziert
wird. Durch das Verhärten der Gehörschutzstöpsel besteht die Möglichkeit, dass
sie sich im Gehörgang des Benutzers langsamer und womöglich nicht vollständig
ausdehnen. Stöpsel zum mehrfachen Gebrauch können bei längerer Lagerung ebenfalls
hart oder spröde werden.