Die nachstehend beschriebenen Auswahlmethoden sind Bestandteil von DIN EN 458 "Gehörschützer – Empfehlungen für Auswahl, Einsatz, Pflege und Instandhaltung – Leitfaden".
Es wird der am Ohr wirksame A-bewertete Schalldruckpegel L'A bestimmt,
wenn der Gehörschützer getragen wird. Dieser darf den maximal zulässsigen
Expositionswert von 85 dB(A) nicht überschreiten.
Ziel der Auswahl ist das Erreichen eines am Ohr des Benutzers wirksamen Restschallpegels
von 70 bis 80 dB(A) unter dem Gehörschutz. Zu hohe Schalldämmung (Überprotektion)
kann zu Verständigungsproblemen und Isolationsgefühl führen. Um die daraus resultierende
Ablehnung der Benutzung zu vermeiden, sollte dies ab einem am Ohr wirksamen
Restschallpegel von L'EX,8h< 70 dB(A) überprüft werden.
Am Ohr wirksamer Restschallpegel in dB(A) | Am Ohr wirksamer Restspitzenschallpegel in dB(Cpeak) | Beurteilung der Schutzwirkung |
> 85 | > 137 | nicht zulässig |
> 80 | > 135 | nicht empfehlenswert |
70-80 | ≤ 135 | empfehlenswert |
< 70 | - | * |
*Verständigung und Isolationsgefühl prüfen
Tabelle 1 Schema zur Beurteilung der Schutzwirkung
Zur Festlegung der Expositionspegel ist bei zeitlich schwankenden Geräuschen grundsätzlich der äquivalente Dauerschallpegel LAeq und für die Oktavband-Methode das äquivalente Dauerschallspektrum Loct,eq zugrunde zu legen.
Für die Auswahl des Gehörschützers sollten der nach §§ 2, 3, 4 der LärmVibrations-ArbSchV ermittelte Lärmexpositionspegel und der Spitzenschalldruckpegel verwendet werden. Dabei ist die tatsächliche tägliche Arbeitszeit zu berücksichtigen.
Die Berechnung des am Ohr wirksamen Lärmexpositionspegels nach der Oktavband-Methode erfolgt gemäß folgender Gleichung:
mit: | f | Mittenfrequenz des Oktavbandes | |
Lf | Oktavband-Schalldruckpegel des Geräusches | ||
Af | Frequenzbewertung A, entsprechend der DIN EN 60651 | ||
APVf | Wert der angenommenen Schutzwirkung des Gehörschützers |
Beispiel:
f/Hz | 125 | 250 | 500 | 1000 | 2000 | 4000 | 8000 |
Lf /dB | 84 | 86 | 88 | 97 | 99 | 97 | 96 |
Af /dB | - 16,1 | - 8,6 | - 3,2 | 0 | + 1,2 | + 1,0 | - 1,1 |
Lf +Af /dB | 67,9 | 77,4 | 84,8 | 97,0 | 100,2 | 98,0 | 94,9 |
APVf /dB | 7,0 | 11,4 | 15,7 | 19,4 | 24,4 | 32,6 | 29,7 |
L'Af /dB | 60,9 | 66,0 | 69,1 | 77,6 | 75,8 | 65,4 | 65,2 |
L'A = 80,6 dB ≈ 81 dB
Der unter dem Gehörschützer wirksame Schalldruckpegel ist nach Tabelle 1 als "nicht empfehlenswert, aber zulässig" zu beurteilen. Diese Methode kann nur bei qualifizierter Benutzung von Gehörschützern (siehe Anhang 1, Ziffer 2) verwendet werden.
Die Schalldämmungswerte H, M und L in Verbindung mit den Messergebnissen des A- und C-bewerteten Schalldruckpegels des Geräusches werden dazu benutzt, um die vorhergesagte Minderung des Geräuschpegels (PNR) zu berechnen. Dieser Wert wird dann von dem festgestellten A-bewerteten Schalldruckpegel subtrahiert, um so den bei aufgesetztem Gehörschutz für das Ohr wirksamen, A-bewerteten Schalldruckpegel (L´A) zu bestimmen. Die H-, M-, L-Werte werden von den Herstellern angegeben. Diese Methode wird bei qualifizierter Benutzung verwendet.
und
Der Restschallpegel ergibt sich dann aus
L´A = LA - PNR
Diese Methode kann nur bei qualifizierter Benutzung von Gehörschützern (siehe Anhang 1, Ziffer 2) verwendet werden.
Beispiel:
- | Geräuschquelle: | Hochfrequenz-Handschleifmaschine, |
- | Tätigkeit: | Putzschleifen von kleinen Pumpengehäusen, |
- | LA = 102 dB; | LC = 101 dB |
Gehörschützer mit:
Abb. 11
Graphische Bestimmung der vorhergesagten Minderung des Geräuschpegels
(PNR) nach HML-Methode
Bewertung:
Die Schutzwirkung des ausgewählten Gehörschützers
ist nach Tabelle 1 als „empfehlenswert“ einzuschätzen.
Abb. 12
Arbeitsblatt zur graphischen Bestimmung als Vorlage
Unter Berücksichtigung des gemessenen Schalldruckpegels (LA ) wird durch Hörprobe und unter Beachtung der Tabellen 2 und 3 das Geräusch als mittel- bis hochfrequent oder als tieffrequent eingestuft. Mit der Liste der Gehörschützer aus der IFA-Datenbank wird dann die Gehörschutz-Auswahl getroffen.
Tabelle 2
Geräuschquellen der Geräuschklasse HM - mittel- bis hochfrequent mit LC - LA ≤ 5 dB
Tabelle 3
Geräuschquellen der Geräuschklasse L – überwiegend tieffrequent mit LC - LA > 5 dB
Beispiel:
Bewertung:
Der Lärmexpositionspegel liegt innerhalb des empfohlenen Einsatzbereiches des Gehörschützers X, aber außerhalb des Einsatzbereiches des Gehörschützers Y. Der Gehörschützer X ist hinsichtlich der Schalldämmung für den Arbeitsplatz Schmiedehammer geeignet. Der Gehörschützer Y ist für diesen Arbeitsplatz nicht geeignet.
Nach TRLV Lärm gilt:
Der Schalldruckpegel kann der Tages-Lärmexpositionspegel oder der mit der Tätigkeit verbundene äquivalente Dauerschalldruckpegel sein.
Wenn die Geräuschklassen im Laufe einer Arbeitsschicht wechseln, sollte der Tages-Lärmexpositionspegel zur Beurteilung verwendet werden.
Beispiel:
Gehörschützer mit M = 24 dB und L = 18 dB
a) | Schleifmaschine LA = 103 dB / entspricht Geräuschklasse HM
L`A = LA - M = 103 dB - 24 dB = 79 dB Der unter dem Gehörschützer wirksame Schalldruckpegel ist nach Tabelle 1 noch mit "empfehlenswert" zu bewerten. |
b) | Kompressorenanlage LA = 100 dB / entspricht Geräuschklasse
L L`A = LA - L = 100 dB - 18 dB = 82 dB Der unter dem Gehörschützer wirksame Schalldruckpegel ist nach Tabelle 1 mit "nicht empfehlenswert, aber zulässig" zu bewerten. |
Wird keine Unterweisung zur qualifizierten Benutzung durchgeführt, sind die H-, M-, L-Werte durch Subtraktion der jeweiligen Korrekturwerte Ks an die tatsächliche Schalldämmung in der Praxis anzupassen.
Die Schalldämmung eines Gehörschützers ist dann als gut zu bewerten, wenn die für das Gehör wirksamen Schalldruckpegel bei getragenem Gehörschützer
Die Tabellen 4 und 5 zeigen Beispiele für mittel- bis hochfrequente und tieffrequente Impuls-/Schlaggeräusche. Die genannten Werte sind als Richtwerte zu betrachten.
Lärmquelle | LpC,peak in dB |
Automatik-Gewehr (am Ohr des Schützen) | 170 |
Pistole (am Ohr des Schützen) | 160 |
Schreckschuss-Pistole (am Ohr des Schützen) | 157 |
Feuerwerkskörper (in 2 m Entfernung) | 167 |
Druckluft-Nagler (am Arbeitsplatz) | 130 |
schwere Schmiedehämmer (am Arbeitsplatz) | 145 |
Richtschlag (am Arbeitsplatz) | 140 |
200 t Presse (am Arbeitsplatz) | 140 |
Tafelschere (am Arbeitsplatz); Fallen schwerer Bleche | 140 |
Tabelle 4
Beispiele für hoch- und mittelfrequente Impuls-/Schlaggeräusche
(LCFmax - LAFmax ≤ 5 dB)
Lärmquelle | LpC,peak in dB |
Explosion von 10 kg TNT auf dem Erdboden in 300 m Entfernung | 151 |
Kanone 20 mm (ca. 3 m Entfernung) | 162 |
Kanone 105 mm (ca. 10 m Entfernung) | 168 |
Richtarbeiten an großen Gehäusen aus dünnen Blechen | 144 |
Tabelle 5
Beispiele für tieffrequente Impuls-Geräusche (LCFmax - LAFmax >
5 dB)
Die nachstehende Methode für die Abschätzung einer ausreichenden Schutzwirkung
setzt eine qualifizierte Benutzung der Gehörschützer voraus.
Kann diese nicht
garantiert werden, sind die entsprechenden Praxisabschläge zu berücksichtigen
(siehe Anhang 1, Ziffer 1).
Die Ermittlung von L´pC,peak und L´EX,8h wird mit dem Schalldämmungswert M oder L des Gehörschützers durchgeführt.
L`pC,peak = LpC,peak - M/L
und
L´EX,8h = LEX,8h - M/L
Beispiel:
Gehörschützer mit M = 19 dB
Schwerer Schmiedehammer LpC,peak = 148 dB(C) und LEX,8h = 101 dB(A) mittel- bis hochfrequent
Die unter dem Gehörschützer wirksamen Schalldruckpegel L´pC,peak und L´EX,8h können als "nicht empfehlenswert, aber zulässig" bewertet werden. Die Auswahl des Gehörschützers wird hier von dem äquivalenten Dauerschallpegel bestimmt. Nur wenn das Gesamtgeräusch von einzelnen Impulsspitzen (LpC,peak ≥ 135 dB) dominiert wird, d. h. der äquivalente Dauerschallpegel verhältnismäßig klein ist, ist der Spitzenwert des C-Schalldruckpegels für die Auswahl ausschlaggebend.
Bei der Einwirkung von tieffrequenten Spitzenschalldruckpegeln, zum Beispiel Explosionsgeräuschen nach Tabelle 5, treten zusätzliche Leckagen am Gehörschutz aufgrund der Druckwelle auf.
Aus Gründen der Sicherheit wird empfohlen, die Auswahl bei tieffrequenten Spitzenschalldruckpegeln nach der folgenden Methode vorzunehmen:
L`pC,peak = LpC,peak - (L - 5 dB)
(L = Schalldämmungswert für tieffrequente Geräusche)
L`EX,8h = LEX,8h - L
Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die schädigende Wirkung solcher Geräusche geringer ist als die von mittel- und hochfrequenten Geräuschen wie in Tabelle 4.