6 Anforderungen der Biostoffverordnung

Für Tätigkeiten bei der Schimmelpilzsanierung gilt die Biostoffverordnung (BioStoffV). Sie regelt Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und beschreibt auch erforderliche Maßnahmen zum Schutz anderer Personen, die z. B. durch eine Verschleppung von Biostoffen gefährdet werden können.

Die Biostoffverordnung unterscheidet zwischen gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten. Gezielte Tätigkeiten liegen dann vor, wenn

Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn mindestens eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben ist. Bei Sanierungs- und Reinigungsarbeiten im Rahmen der Schimmelpilzsanierung handelt es sich um nicht gezielte Tätigkeiten.

In bestimmten Arbeitsbereichen, in denen überwiegend Biostoffe mit infektiösen Eigenschaften vorkommen können, sind die Tätigkeiten gemäß Biostoffverordnung einer Schutzstufe zuzuordnen. Die Schutzstufen orientieren sich an der Risikogruppe (Infektionspotential) der Biostoffe und sind Maßstab für die Höhe der Infektionsgefährdung, die von einer Tätigkeit ausgehen kann. Eine Schutzstufenzuordnung ist erforderlich für Tätigkeiten in Laboratorien, in der Versuchstierhaltung, in der Biotechnologie und in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes.

Bei der Schimmelpilzsanierung liegt keine erhöhte Infektionsgefährdung vor. Die gesundheitliche Gefährdung der Beschäftigten geht insbesondere von den sensibilisierenden und toxischen Wirkungen der Biostoffe aus. Zu den sensibilisierenden Biostoffen zählen u. a. Schimmelpilze und bestimmte Bakterien (u. a. Aktinomyzeten). Toxische Wirkungen können von Mykotoxinen (Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen) und Endotoxinen (Bakterien) ausgehen. Bei der Schimmelpilzsanierung ist daher keine Schutzstufenzuordnung erforderlich.

Werden die Sanierungsmaßnahmen jedoch in einem der oben genannten Arbeitsbereiche (Laboratorien, Versuchstierhaltung, Biotechnologie, Einrichtungen des Gesundheitsdienstes) ausgeführt, muss die Unternehmerin bzw. der Unternehmer im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung in Abstimmung mit dem oder der Auftraggebenden aufgrund der dort ggf. anzutreffenden Biostoffe eine Schutzstufe bestimmen und ggf. ergänzende Schutzmaßnahmen ergreifen.

6.1 Gefährdungsbeurteilung

Die Unternehmerin bzw. der Unternehmer (ausführendes Unternehmen) muss vor Aufnahme der Tätigkeiten eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen und geeignete Schutzmaßnahmen festlegen. Bei einer Änderung der Arbeitsbedingungen, z. B. beim Einsatz neuer Arbeitsmittel, ist die Gefährdungsbeurteilung entsprechend anzupassen. Die Gefährdungsbeurteilung muss mindestens jedes zweite Jahr überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden.

Abb. 2 Mit Schimmelpilz befallene Leichtbauwand aus Gipskarton nach einem Leitungswasserschaden

Abb. 2 Mit Schimmelpilz befallene Leichtbauwand aus Gipskarton nach einem Leitungswasserschaden

Die Unternehmerin bzw. der Unternehmer ist dafür verantwortlich, dass die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchgeführt wird. Verfügen die Unternehmerin oder der Unternehmer nicht selbst über entsprechende Kenntnisse, ist eine fachkundige Beratung einzuholen. Ansprechpersonen sind z. B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt oder fachkundige Personen im Sinne dieser Handlungsanleitung. Die Kenntnisse, die für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung erforderlich sind, werden in Anhang 1 beschrieben.

Wesentliche Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung ist eine ausreichende Informationsbeschaffung über die Biostoffe und die auszuführenden Tätigkeiten. Die Informationsermittlung umfasst:

Die Gefährdungsbeurteilung ist unabhängig von der Zahl der Beschäftigten zu dokumentieren. Die Dokumentation umfasst auch ein Verzeichnis der vorkommenden Biostoffe. Bei Tätigkeiten ohne Schutzstufenzuordnung genügt dabei die Angabe von Organismengruppen.

Die vorliegende Handlungsanleitung liefert die erforderlichen Informationen für die Gefährdungsbeurteilung. Eine Gefährdungsbeurteilung auf Grundlage dieser Handlungsanleitung erfordert in der Regel keine Bestimmung der Biostoffe oder Messungen der luftgetragenen Biostoffe am Arbeitsplatz.

6.2 Festlegung von Schutzmaßnahmen

Auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung werden die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten ermittelt. Nach Biostoffverordnung muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber zunächst dem Substitutionsgebot nachkommen. Dabei ist zu prüfen, inwieweit durch Ersatz (Substitution) von Biostoffen, Arbeitsverfahren oder Arbeitsmitteln die Gefährdung der Beschäftigten verringert werden kann.

Bei der Schimmelpilzsanierung ist eine Freisetzung der Stoffe durch staubarme Arbeitsverfahren so weit wie möglich zu minimieren. Ein Beispiel für staubarme Arbeitsverfahren ist der Einsatz von Maschinen mit wirksamer Absaugung.

Reichen technische Maßnahmen nicht aus, um eine Gefährdung auszuschließen, sind ergänzend organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen zu treffen. Diese Rangfolge der Schutzmaßnahmen wird als "STOP" (Substitution, Technische, Organisatorische, Persönliche Maßnahmen) bezeichnet. Ein Abweichen von dieser Rangfolge muss in der Gefährdungsbeurteilung begründet werden.

Bei allen Tätigkeiten sind als Mindestanforderung die Maßnahmen der TRBA 500 "Grundlegende Maßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" zu ergreifen. Diese umfassen neben Maßnahmen der persönlichen Körperhygiene auch technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen zur Verringerung der Exposition.