8 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

Erster Schritt der Gefährdungsbeurteilung ist die Informationsermittlung zu den im Sanierungsbereich anzutreffenden Stoffen sowie zu den auszuführenden Tätigkeiten. Auf dieser Grundlage kann eine Gefährdungsklasse bestimmt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Diese Methodik der Gefährdungsbeurteilung ist in Abb. 3 dargestellt.

Abb. 3 Methodik der Gefährdungsbeurteilung

Abb. 3 Methodik der Gefährdungsbeurteilung

8.1 Ermittlung der Stoffe im Sanierungsbereich

Schimmelpilze sind ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt und Schimmelpilzsporen sind daher auch immer in Innenräumen nachweisbar. Wichtigste Voraussetzung für ein Schimmelpilzwachstum in Innenräumen ist ausreichend hohe Feuchtigkeit auf Bauteiloberflächen oder in Bauteilen.

Bei einem Schimmelpilzbefall können auch Hefepilze, Bakterien und Milben vorhanden sein. Am häufigsten werden auf feuchten Materialien Schimmelpilze oder Bakterien wie Aktinomyzeten nachgewiesen, die beide durch die Bildung von Sporen zu einer Innenraumbelastung beitragen können. Bei Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzbefall entstehen auch für Milben günstige Lebensbedingungen.

Feuchtigkeitseintrag infolge von Hochwasserereignissen, Leckstellen in Schmutzwasserleitungen, Rückstau aus dem Kanalnetz (Schmutzwasser- oder Mischwasserkanalisation) führt darüber hinaus zu einer Belastung durch Fäkalkeime.

Schadstoffe in Gebäuden
Im Rahmen der Informationsermittlung sind nicht nur biologische Belastungen, sondern auch ggf. anzutreffende Gebäudeschadstoffe zu berücksichtigen. Vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen sind daher bei der Auftraggeberin bzw. beim Auftraggeber Informationen einzuholen, ob entsprechend der Bau- oder Nutzungsgeschichte des Objektes Gefahrstoffe wie z. B. Asbest, alte Mineralwolle oder teerhaltige Materialien vorhanden sind.

8.2 Ermittlung der Tätigkeiten und der Exposition

Bei der Probenahme, der Trocknung, dem Entfernen befallener Materialien und der Reinigung verschmutzter Bereiche können die Beschäftigten mit Biostoffen in Kontakt kommen. Maßgebend für die Gefährdung sind Höhe und Dauer der Exposition. Erfahrungsgemäß führen erst hohe Konzentrationen und eine länger andauernde und wiederholte Exposition gegenüber Biostoffen zu einer Sensibilisierung. Für das sensibilisierende Potential von Biostoffen kann keine Dosis-Wirkungs-Beziehung angegeben werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gefährdung mit der Höhe der Exposition zunimmt.

Die Höhe der Exposition für typische Tätigkeiten bei der Schimmelpilzsanierung kann Anhang 2 entnommen werden. Bei der Beurteilung der Exposition sind im Einzelfall auch die Größe der befallenen Fläche, der Befall tieferliegender Schichten und die Materialbeschaffenheit zu berücksichtigen. Beim Entfernen von Putz spielen beispielsweise dessen Alter und Festigkeit eine entscheidende Rolle für die Staubentwicklung.

Hohe Sporenkonzentrationen in der Raumluft entstehen nicht nur bei Arbeiten an stark mit Schimmel befallenen Flächen. Bei Arbeiten mit hoher Staubbelastung können auch kleine oftmals nicht sichtbare Befallsituationen ausreichen, um hohe oder sehr hohe Expositionen zu erzeugen. Schimmelpilzbefall muss nicht sichtbar sein. Er kann hinter einer Tapete, Vertäfelung etc. verdeckt vorliegen oder ist optisch nicht auffällig (z. B. im Teppichboden).

Für Tätigkeiten, die nicht in Anhang 2 aufgeführt sind, muss die Unternehmerin bzw. der Unternehmer entsprechende Recherchen durchführen.

8.3 Ermittlung der Gefährdungsklasse

Über die Einflussfaktoren Expositionshöhe und Dauer der Tätigkeit wird wie in Abb. 4 dargestellt eine Gefährdungsklasse abgeleitet.

Abb. 4 Zuordnung der Tätigkeiten zu einer Gefährdungsklasse in Abhängigkeit von der Exposition und der Dauer der Tätigkeit

Abb. 4 Zuordnung der Tätigkeiten zu einer Gefährdungsklasse in Abhängigkeit von der Exposition und der Dauer der Tätigkeit

Gefährdungsklasse 1 umfasst Tätigkeiten mit erhöhter Exposition unabhängig von der Dauer der Sanierung.

Gefährdungsklasse 2 umfasst Tätigkeiten mit hoher Exposition. Kurzzeitige Tätigkeiten von maximal zwei Stunden Dauer können der Gefährdungsklasse 2a zugeordnet werden. Die Tätigkeiten müssen die Reinigung des Sanierungsbereiches einschließen. Bei Zuordnung in Gefährdungsklasse 2a darf der Sanierungsbereich nicht vor Abschluss der Arbeiten verlassen werden. Können diese Bedingungen nicht eingehalten werden, sind die Tätigkeiten der Gefährdungsklasse 2b zuzuordnen.

Gefährdungsklasse 3 umfasst Tätigkeiten mit sehr hoher Exposition, unabhängig von der Dauer der Sanierung.

Im Laufe der Sanierungsmaßnahme kann sich die Gefährdungssituation ändern. Dies kann z. B. bei der Entfernung von Wandverkleidungen oder Trockenbauwänden der Fall sein, wenn dahinter unerwartet ein Schimmelpilzbefall oder eine Verunreinigung festgestellt wird. Die Gefährdungsbeurteilung ist dann erneut durchzuführen und der neuen Situation anzupassen.

8.4 Vorgehensweise bei Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gefährdungsklassen

Bei Schimmelpilzsanierungen werden oftmals unterschiedliche Tätigkeiten ausgeführt, die hinsichtlich der Gefährdung der Beschäftigten in unterschiedliche Gefährdungsklassen einzuordnen sind.

Für die Baustelleneinrichtung sollten alle Arbeitsschritte und Schutzmaßnahmen, die im Rahmen der Sanierung erforderlich sind, z. B. vorläufige Maßnahmen, Räumung des Sanierungsbereiches, das Entfernen befallener Materialien, Trocknung, Feinreinigung und der anschließende Wiederaufbau, gewerkübergreifend geplant werden.

Bereits in der Planung sind die maximal erforderlichen technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen gewerkübergreifend zu ermitteln und zu prüfen, ob deren Nutzung während der gesamten Sanierungsdauer zusätzliche Vorteile ergibt. Diese Betrachtung der Schutzmaßnahmen kann zu einer Vermeidung von Mehrarbeit führen und das Schutzniveau der einzelnen Arbeitsschritte verbessern.

Eine Abschottung des späteren Sanierungsbereiches kann beispielsweise bereits als Sofortmaßnahme eingesetzt werden. Die Abschottung kann auch genutzt werden, um den Raum für eine nachfolgende Trocknung zu begrenzen oder den Staubschutz beim Wiederaufbau zu gewährleisten. Die Abschottung erfüllt so mehrere Funktionen und kann gewerkübergreifend genutzt werden.