Diese Methode wurde vom Sachgebiet „PSA gegen Absturz“ im Fachausschuss „Persönliche Schutzausrüstungen“ der Berufsgenossenschaftlichen Zentrale für Sicherheit und Gesundheit – BGZ erarbeitet. Zielrichtung ist es insbesondere, dem Unternehmer eine Praxishilfe zur Durchführung der Risikobeurteilung von Arbeiten mit Absturzgefahr unter Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz bzw. zum Retten aus Höhen und Tiefen zu geben.
Mit dieser Methode zur Risikobeurteilung kann ein arbeitsplatzspezifisches Risiko beschrieben werden, um geeignete Maßnahmen ableiten zu können. Sie wird durch branchenübergreifende Beispiele illustriert (siehe http://www.dguv.de/fb-psa/de/index.jsp). Es wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es keine Standardlösungen gibt, sondern vielmehr jeder Einsatzfall individuell betrachtet und bewertet werden muss.
„Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz bzw. zum Retten aus Höhen und Tiefen“ schützen gegen tödliche Gefahren! Somit bedeutet die nicht bestimmungsgemäße Verwendung ein hohes Risiko. Es wird daher bei allen Risikobeurteilungen im Sinne dieser Handlungsanleitung generell davon ausgegangen, dass der Unternehmer für die Verwendung der „PSA gegen Absturz“ geeignete Beschäftigte beauftragt hat und dass die persönlichen Schutzausrüstungen bestimmungsgemäß unter Berücksichtigung der anstehenden Arbeiten eingesetzt werden.
Auf Grund der hohen Risiken für Leib und Leben nach Stürzen bei Arbeiten in Verbindung mit der Verwendung von „Auffangsystemen“ sind diese grundsätzlich als „gefährliche Arbeiten“ im Sinne des § 8 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) einzustufen. Hieraus ergibt sich zwangsläufig, dass Alleinarbeit nicht zulässig ist und daher mindestens eine zweite Person anwesend sein muss; dies hat besondere Bedeutung für die unverzügliche Einleitung von Sofort- und Rettungsmaßnahmen.
Bei Arbeiten mit Absturzgefahren und Verwendung von Rückhalte- oder Positionierungssystemen kann alternativ vorgegangen werden. Entweder wird der ungünstigste Fall „Einstufung als gefährliche Arbeit im Sinne des § 8 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1)“ angenommen oder es wird eine individuelle Risikobeurteilung durchgeführt, aus der sich die erforderlichen Maßnahmen ergeben.
Im Rahmen der vom Unternehmer nach § 3 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) und § 5 Arbeitsschutzgesetz durchzuführenden „Gefährdungsermittlung und der Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ ist eine Risikobeurteilung vorzunehmen, damit wirksame präventive Maßnahmen getroffen werden können.
Das nachfolgend beschriebene Verfahren stellt eine Möglichkeit zur Risikobeurteilung dar und ist angelehnt an die DIN EN ISO 1050 „Leitsätze zur Risikobeurteilung“.
Über die ermittelte Risikoprioritätszahl (RPZ) kann festgestellt werden, ob es sich um eine gefährliche Arbeit im Sinne des § 8 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) handelt.
Im nachfolgenden wird das Risiko durch die „Risikoprioritätszahl (RPZ)“ ausgedrückt. Diese ergibt sich aus dem Produkt „Verletzungsschwere/Handlungsfähigkeit“ multipliziert mit der „Wahrscheinlichkeit des Auftretens“.
Risikoprioritätszahl (RPZ) =
Verletzungsschwere/Handlungsfähigkeit (G) x Wahrscheinlichkeit des Auftretens (A)
Der Grad der Verletzungsschwere/Handlungsfähigkeit (G) ist entsprechend den Arbeitsverfahren so weit wie möglich objektiv festzulegen.
Die Bewertungsskala reicht hier von einer minimalen Verletzung oder uneingeschränkten Handlungsfähigkeit (G=1) bis hin zum Tod (G=10). Die Verwendung von zusätzlichen persönlichen Schutzausrüstungen kann die Folgen der Verletzung deutlich erhöhen, z.B. Atemschutz.
Verletzungsschwere
Handlungsfähigkeit (G) |
Verletzungsschwere
(mit PSA) |
Handlungsfähigkeit
|
|
leicht
|
1
|
Minimalverletzung | Handlungsfähig (kann sich selbst aus der Notsituation
befreien) |
2
|
oberflächliche Verletzung | ||
3
|
leichte Prellungen | ||
mittel
|
4
|
schwere Prellungen (AU < 3 Tage) |
eingeschränkt handlungsfähig (kann eigenständig die Rettungskette
einleiten) |
5
|
schwere Prellungen (AU > 3 Tage) | ||
6
|
leichte Knochenbrüche | ||
schwer
|
7
|
schwere Knochenbrüche |
Handlungsunfähig |
8
|
schwere Knochenbrüche mit inneren Verletzungen |
||
9
|
schwere innere Verletzungen |
||
10
|
Tod |
Tabelle 1: Verletzungsschwere/Handlungsfähigkeit (Grad 1 bis 10)
Erläuterungen zu Tabelle 1:
Die Ziffer zur „Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Unfalls“ ist unter anderem von folgenden Einflüssen abhängig:
A
|
Stufe
|
Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Unfalls
|
1
|
Gering |
Äußerst unwahrscheinlich |
2
|
||
3
|
||
4
|
|
|
5
|
Wahrscheinlich | |
6
|
||
7
|
|
|
8
|
||
9
|
Äußerst wahrscheinlich | |
10
|
Zwangsläufig, unabdingbar |
Tabelle 2: Wahrscheinlichkeit des Auftretens (A); (3 Stufen, Ziffern 1 bis 10)
Hinweise zur Tabelle:
Die Ziffern zur „Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Unfalls“ sind generell den 3 Stufen „Gering, Mittel, Hoch“ zugeordnet, wobei sich die Zwischenwerte insbesondere durch die oben genannten Faktoren ergeben. Die Ziffer 10 beschreibt ein unabwendbares Ereignis.
Zur abschließenden Bewertung des Risikos werden die Ziffern zur Verletzungsschwere und Handlungsfähigkeit (G) und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens (A) miteinander multipliziert und die Risikoprioritätszahl (RPZ) ermittelt.
RPZ = G x A
Die RPZ kann somit zwischen
RPZ = 1 x 1 = 1
und dem Maximalwert
RPZ = 10 x 10 = 100
liegen.
Die Risikobeurteilung und damit verbunden die ermittelte RPZ ist Grundlage für die jeweils zu treffende Maßnahme. Ist das vorhandene Risiko aus Sicht des Unternehmers akzeptabel – so liegt „ausreichende Sicherheit“ vor. Ist das Risiko nicht akzeptabel – so liegt „Gefährdung“ vor. Aus dieser Betrachtung ergibt sich die vom Unternehmen akzeptierte RPZ.
! | Sofern die „Schwere der Verletzung mit persönlichen Schutzausrüstungen“ einen Zustand der Handlungsunfähigkeit (Tabelle 1, ab Ziffer 7) ergeben sollte, so ist grundsätzlich eine gefährliche Arbeit im Sinne des § 8 der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) anzunehmen. |
Unter Beachtung des Standes der Technik ist eine möglichst niedrige RPZ anzustreben!