5 Was bedeutet "möglichst ausreichend Tageslicht" am Arbeitsplatz?

Vergleicht man die Intensität des Tageslichts im Freien mit den Beleuchtungsverhältnissen in Innenräumen, so wird deutlich, dass auch dort ein möglichst hoher Anteil Tageslicht unserer Natur entspräche und gesund wäre. Der Aufenthalt im Freien, auch in Arbeitspausen und in der freien Zeit, ist daher zu empfehlen. Für Innenräume sind hier aber technische und energetische Grenzen gesetzt.

Die ASR A3.4 stellt diesbezüglich zwei Anforderungen. Mindestens eine davon ist zu erfüllen. Entweder muss

Dies entspricht bei Rohbaumaßen einem Verhältnis von ca. 1:8.


Möglichst ausreichend Tageslicht nach ASR A3.4

Tageslichtquotient

  • bei Fenstern > 2 %
  • bei Dachoberlichtern > 4 %

oder

Verhältnis


Ausreichend Tageslicht im Sinne der ArbStättV bedeutet nicht, dass die betroffenen Arbeitsplätze allein mit Tageslicht immer ausreichend beleuchtet sind. Das ist über die gesamte Tagesarbeitszeit oder auch bedingt durch die Jahreszeiten nicht möglich. Da Tageslicht örtlich und zeitlich nicht immer in ausreichendem Maße vorhanden ist, ist zusätzlich eine künstliche Beleuchtung erforderlich.

5.1 Tageslichtquotient

Der Tageslichtquotient ist ein Maß für die Tageslichtversorgung von Räumen in Gebäuden. Er berücksichtigt nicht nur das natürliche Tageslicht, sondern auch den Einfluss der Verglasung, der Verschmutzung und Versprossung von Fenstern sowie gegebenenfalls einen feststehenden Sonnenschutz.

Der Tageslichtquotient kann durch gleichzeitige Messung der horizontalen Beleuchtungsstärkewerte im Freien und im Innenraum – am Arbeitsplatz – ermittelt werden. Dabei muss die Beleuchtungsstärke im Freien bei gleichmäßig bedecktem Himmel gemessen werden. Der Messpunkt im Freien muss an einer unverbauten Stelle ohne Einfluss von Schatten und reflektierenden Flächen liegen. Die Messung der Beleuchtungsstärke am Arbeitsplatz sollte im Bereich der Sehaufgabe oder an einem anderen relevanten Punkt liegen. Wegen möglicher schneller Änderungen von Wetter und Bewölkung müssen die Messungen im Freien und im Arbeitsraum zeitgleich erfolgen.

Die ASR A3.4 definiert den Begriff "Tageslichtquotient" als das Verhältnis der Beleuchtungsstärke an einem Punkt im Innenraum zur Beleuchtungsstärke im Freien ohne Verbauung bei bedecktem Himmel.


Abb. 3 Messpunkte zur Bestimmung des Tageslichtquotienten an einem Arbeitsplatz.

Abb. 3 Messpunkte zur Bestimmung des Tageslichtquotienten an einem Arbeitsplatz.


Messbedingungen zur Bestimmung des Tageslichtquotienten
  • gleichmäßig bedeckter Himmel
  • gleichzeitige Messungen im Freien und am Arbeitsplatz
Messpunkt im Freien:
  • keine Verbauung
  • ohne Einfluss von Schatten und reflektierenden Flächen

Der Tageslichtquotient kann auch vorab vom Fachplaner beispielsweise durch Simulation ermittelt werden. Bei neuen Bauvorhaben oder Umbauten sollte dies bereits in der Planungsphase und vor Baubeginn erfolgen. Das ermöglicht einen rechtzeitigen Überblick hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Energiebetrachtung und erspart Ärger, Aufwand und Kosten für eine ungeplante Nachrüstung.


Bei neuen Bauvorhaben oder Umbauten sollte der Tageslichtquotient bereits in der Planungsphase und vor Baubeginn ermittelt werden.

5.2 Verhältnis lichtdurchlässiger Flächen zur Raumgrundfläche

Um zu ermitteln, ob die Voraussetzungen für ausreichend Tageslicht nach ASR A3.4 erfüllt sind, können alle lichtdurchlässigen Fenster-, Tür- oder Wandflächen bzw. Oberlichtflächen herangezogen werden, durch die Tageslicht in den Raum gelangt.

Abb. 4 Skizze der lichtdurchlässigen Flächen zur Raumgrundfläche am Arbeitsplatz.

Abb. 4 Skizze der lichtdurchlässigen Flächen zur Raumgrundfläche am Arbeitsplatz.


Beispielraum
Raumbreite a:
Raumtiefe b:
Anzahl der lichtdurchlässigen Flächen:
Breite c:
Höhe d:
4,00 m
5,00 m
4
0,70 m
1,50 m

Berechnung
Summe der lichtdurchlässigen Flächen: 0,70 m × 1,50 m × 4 (Fensterflächen) = 4,2 m²

Verhältnis Formel 2

Ergebnis
Das Verhältnis der lichtdurchlässigen Flächen zur Raumgrundfläche ist größer als 1:10 (das entspricht 0,1 bzw. 10 %) und erfüllt somit die Anforderung nach möglichst ausreichendem Tageslicht.


5.3 Der Tageslichtquotient und das Fensterverhältnis in der Praxis

Der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin kann gemäß ASR A3.4 auswählen, ob man zum Nachweis für ausreichendes Tageslicht den Tageslichtquotienten oder das Verhältnis der lichtdurchlässigen Flächen zur Raumgrundfläche heranziehen möchte. Beide Anforderungen erfüllen die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung. Sie können aber sehr unterschiedliche Lichtsituationen im Raum abbilden. Diese zeigen sich in unterschiedlicher Tageslichtversorgung, Beleuchtungsstärkewerten am Arbeitsplatz und auch der Lichtverteilung im Raum.

Ein Tageslichtquotient von 2 % wird bei einem Anteil der Fensterfläche von 1:10 (lichtdurchlässige Fläche zur Raumgrundfläche) nur in Fensternähe und bei Fenstern ohne Verbauung erreicht (siehe Kapitel 7 und 8). In Großraumbüros mit Fenstern in nur einer Fassade wird dieser Tageslichtquotient jedoch nur in unmittelbarer Fensternähe erreichbar sein. Das gilt auch für Hallen, größere Produktionsstätten und ähnliche Räume mit großer Raumgrundfläche, die nur durch Fenster beleuchtet werden. Hier können zusätzliche Oberlichter den Tageslichtanteil erhöhen.

In dem gezeigten Beispiel (Abb. 5) ist die Anforderung nach ausreichend Tageslicht durch das Verhältnis der lichtdurchlässigen Fläche zur Raumgrundfläche von 1:10 erfüllt. Das Beispiel zeigt jedoch, dass mit einem Anteil der Fensterfläche von 1:10 (rote Kurve: Verlauf des Tageslichtquotienten über die Raumtiefe) nur im fensternahen Bereich ein Tageslichtquotient größer als 2 % (gelbe Linie) erzielt werden kann; im gezeigten Beispiel bis zu einer Raumtiefe von ca. 1,6 m. Um in einer Raumtiefe bis zu 2,50 m einen Tageslichtquotienten größer als 2 % zu erreichen, ist ein Anteil der Fensterfläche von mindestens 1:5 (blaue Kurve) erforderlich.

ASR A3.4 Punkt 4.1
Ausreichendes Tageslicht

Auch bei Einhaltung des Verhältnisses von 1:10 sind fensternahe Arbeitsplätze zu bevorzugen.


Abb. 5 In Büro- oder ähnlichen Räumen wird der geforderte Tageslichtquotient bei unterschiedlichen Anteilen der Fensterflächen nur bis zu einer bestimmten Raumtiefe erreicht. (Quelle: nach DGUV Information 215-210 Natürliche und künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten)

Abb. 5 In Büro- oder ähnlichen Räumen wird der geforderte Tageslichtquotient bei unterschiedlichen Anteilen der Fensterflächen nur bis zu einer bestimmten Raumtiefe erreicht. (Quelle: nach DGUV Information 215-210 "Natürliche und künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten")


Beispielraum Büro Abb. 5
Raum Höhe 2,85 m; Tiefe 5,00 m; Breite 4,00 m
Reflexionsgrade Decke 0,7; Wände 0,5; Boden 0,2
Fenster Brüstungshöhe 0,90 m; Unterkante Fenstersturz 2,30 m
Lichttransmissionsgrad der Verglasung 0,8
Minderung aufgrund der Verschmutzung der Verglasung 0,9
Bereich im Freien ohne beeinflussende Verbauung

(Quelle der Daten, die dem Simulationsergebnis zugrunde liegen: Schmits, HAWK Hildesheim)


Beispielraum Halle Abb. 6
Raum Höhe 3,50 m; Raumtiefe 20,00 m; Breite 10,00 m
Reflexionsgrade Decke 0,7; Wände 0,5; Boden 0,2
Oberlichter gleichmäßige Verteilung
Lichttransmissionsgrad der Verglasung 0,8
Lichttransmissionsgrad der Verglasung 0,7
Minderung aufgrund der Verschmutzung der Dachoberlichter 0,9
Die dargestellte Anzahl der Dachoberlichter entspricht dem Verhältnis Dachoberlichtfläche/Raumgrundfläche von 1:5 (20 %)
Beim Verhältnis von 1:10 sind es nur halb so viele Oberlichter
Bereich im Freien ohne beeinflussende Verbauung

(Quelle der Daten, die dem Simulationsergebnis zugrunde liegen: Schmits, HAWK Hildesheim)


Abb. 6 Verlauf des Tageslichtquotienten abhängig vom Anteil der Oberlichter in einer Halle oder einem größeren Raum. (Quelle: nach DGUV Information 215-210 Natürliche und künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten)

Abb. 6 Verlauf des Tageslichtquotienten abhängig vom Anteil der Oberlichter in einer Halle oder einem größeren Raum. (Quelle: nach DGUV Information 215-210 "Natürliche und künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten")

Das Beispiel zeigt, dass mit Dachoberlichtern ein höherer Tageslichtquotient und eine gleichmäßigere Tageslichtversorgung in einem größeren Raum erzielt werden können. Entsprechend ist der Tageslichtquotient größer als 4 % an den Arbeitsplätzen auch mit vertretbarem Aufwand zu erreichen.

Bei einem Verhältnis der Fläche der Oberlichter zur Raumgrundfläche von 1:10 (rote Kurve: Verlauf des Tageslichtquotienten über die Raumtiefe) wird im gesamten Raum ein Tageslichtquotient von 2 % bis 3,5 % erreicht. Wird der Anteil der Oberlichtflächen auf 1:5 vergrößert (blaue Kurve), so erhöht sich im gesamten Raum der Tageslichtquotient auf bis zu 7,5 %.

ASR A3.4 Punkt 4.1
Ausreichendes Tageslicht

Bei Dachoberlichtern in Arbeitsräumen wird ein Tageslichtquotient von größer als 4 % gefordert.