Hinweise für die Prüfung von Winden, Hub- und Zuggeräten

1   Vorbemerkung

1.1 Nach der Unfallverhütungsvorschrift "Winden, Hub- und Zuggeräte" (DGUV Vorschrift 54 und 55) dürfen Winden, Hub- und Zuggeräte erstmals nur in Betrieb genommen werden, wenn ihre Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Maschinenverordnung1 durch eine EG-Konformitätserklärung und die CE-Kennzeichnung nachgewiesen ist (siehe § 2a DGUV Vorschrift 54 und 55).

1.2

Winden, Hub- und Zuggeräte, die bis zum 31. Dezember 1994 in den Verkehr gebracht worden sind, müssen mindestens den bis zum 31. Dezember 1992 geltenden nationalen Bestimmungen bei Einhaltung der Mindestvorschriften des Anhanges 1 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV) entsprechen.

1.3

Winden, Hub- und Zuggeräte einschließlich Tragkonstruktion (z. B. Rahmen) sowie Seilblöcke sind durch eine sachkundige Person zu prüfen
  • vor der ersten Inbetriebnahme,
  • nach wesentlichen Änderungen vor der Wiederinbetriebnahme,
  • mindestens einmal jährlich (wiederkehrende Prüfung),
    Die Einsatzbedingungen und die betrieblichen Verhältnisse können kürzere Prüfintervalle erforderlich machen.
  • falls außergewöhnliche Ereignisse stattgefunden haben, die schädigende Auswirkungen auf deren Sicherheit haben können (außerordentliche Prüfung),
    Solche außergewöhnlichen Ereignisse können insbesondere Unfälle, Veränderungen an den Arbeitsmitteln, längere Zeiträume der Nichtbenutzung oder Naturereignisse sein.
  • nach Instandsetzungsarbeiten, die deren Sicherheit beeinträchtigen können.
(Siehe § 23 Abs. 1 und 2 der DGUV Vorschrift 54 und 55 sowie § 3 Abs. 6 und § 14 Abs. 1 bis 3 der Betriebssicherheitsverordnung).
  Winden, Hub- und Zuggeräte sind auch dann zu prüfen, wenn sie in Einrichtungen eingebaut sind.

1.4

Sachkundige (befähigte Personen nach § 2 Abs. 6 der Betriebssicherheitsverordnung) sind Personen, die auf Grund ihrer fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Winden, Hub- und Zuggeräte haben und mit den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik (z. B. DGUV Regeln, DIN-Normen, VDE-Bestimmungen, technische Regeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum) soweit vertraut sind, dass sie den arbeitssicheren Zustand von Winden, Hub- und Zuggeräten beurteilen können.

Diese Anforderungen erfüllen z. B. die einschlägig ausgebildeten Monteure und Monteurinnen der Herstell- und Wartungsfirmen sowie entsprechend ausgebildetes betriebszugehöriges Fachpersonal.

1.5

Die Prüfungen sind von der Leitung der Betreiberfirma zu veranlassen. Es liegt in ihrer Verantwortung, wen sie als sachkundige Person mit der Prüfung eines Gerätes beauftragt; hierbei ist darauf zu achten, dass die ausgewählte Person den Anforderungen nach Abschnitt 1.4 genügt.

1.6

Im Rahmen der wiederkehrenden Prüfung von kraftbetriebenen Seil- und Kettenzügen zum Heben von Lasten sowie von kraftbetriebenen Kranhubwerken haben die Betreiber den verbrauchten Anteil der theoretischen Nutzungsdauer zu ermitteln (siehe § 23 Abs. 4 der DGUV Vorschrift 54 und 55). Erforderlichenfalls ist damit eine sachverständige Person zu beauftragen. Sachverständige Personen nach § 23 der DGUV Vorschrift 54 und 55 (befähigte Personen gemäß § 2 Abs. 6 der Betriebssicherheitsverordnung) sind:

  • vom Unfallversicherungsträger ermächtigte sachverständige Personen für die Prüfung von Kranen (siehe § 28 der DGUV Vorschrift 52 und 53)
  • Sachverständige der Technischen Überwachung
  • Beauftragte der Herstellfirmen
Herstellfirmen bilden für die Ermittlung des verbrauchten Anteils der theoretischen Nutzungsdauer, die Bewertung der Geräte und die Festlegung daraus abzuleitender Maßnahmen Personen aus und beauftragen diese.
  Ausnahmen von der Pflicht zur Ermittlung des verbrauchten Anteils der theoretischen Nutzungsdauer sind in § 23 Abs. 5 der DGUV Vorschrift 54 und 55 geregelt.


1 Zwischenzeitlich wurde die Maschinenrichtlinie 98/37/EG überarbeitet und als Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 neu veröffentlicht. Sie trat am 29.12.2009 in Kraft und wurde durch eine Änderung der Maschinenverordnung – 9. GPSGV jetzt: Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz - 9. ProdSV – national in Deutschland eingeführt.


2   Art und Umfang der Prüfungen

2.1 Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme und nach wesentlichen Änderungen vor der Wiederinbetriebnahme

 

Die Prüfung erstreckt sich auf die ordnungsgemäße Aufstellung und Betriebsbereitschaft und besteht im Wesentlichen aus einer Sicht- und Funktionsprüfung. Sie soll sicherstellen, dass sich das Gerät in einem sicheren Zustand befindet und gegebenenfalls Mängel und Schäden, die z. B. durch unsachgemäßen Transport verursacht worden sind, festgestellt und behoben werden.
  Die Prüfung nach wesentlichen Änderungen vor der Wiederinbetriebnahme richtet sich nach Art und Umfang der wesentlichen Änderung und ist in Anlehnung an die Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme durchzuführen.

2.2

Wiederkehrende Prüfungen

 

Die wiederkehrenden Prüfungen sind im Wesentlichen Sicht- und Funktionsprüfungen, wobei der Zustand von Bauteilen hinsichtlich Beschädigungen, Verschleiß, Korrosion oder sonstigen Veränderungen beurteilt sowie die Vollständigkeit und Wirksamkeit der Sicherheitseinrichtungen festgestellt werden soll. Zur Beurteilung kritischer Bauteile kann eine Demontage erforderlich werden.

 
Die Funktions- und Bremsprüfungen sind mit Last durchzuführen, wobei die Prüflast in der Nähe der zulässigen Tragfähigkeit liegen muss. Zur Prüfung der Auslösegrenze von Überlastsicherungen kann es erforderlich werden, dass die sachkundige Person eine Last aufbringen muss, die über der zulässigen Tragfähigkeit des Gerätes liegt. Hierbei sind Prüfhinweise der Herstellfirmen unbedingt mit zu berücksichtigen.
  Für die Prüfung von Rutschkupplungen sind entsprechende Prüfgeräte anzuwenden.

2.3

Ermittlung des verbrauchten Anteils der theoretischen Nutzungsdauer

 

Für kraftbetriebene Seil- und Kettenzüge zum Heben von Lasten sowie für kraftbetriebene Kranhubwerke müssen Unternehmerinnen und Unternehmer gemäß § 23 Abs. 4 im Rahmen der wiederkehrenden Prüfung den verbrauch- ten Anteil der theoretischen Nutzungsdauer ermitteln.
  Für neuere Geräte ist davon auszugehen, dass Angaben zur theoretischen Nutzungsdauer und zur Ermittlung des verbrauchten Anteils in den Dokumentationen der Herstellfirmen (Betriebsanleitungen) enthalten sind. Die Nutzungsdauer wird z. B. in Stunden oder in Jahren angegeben. ln vielen Fällen wird es ausreichend sein, festzustellen, ob die Betriebsverhältnisse (Belastungsspektrum als Lastkollektiv sowie Laufzeiten des Hubwerks) mit den bei der Bemessung zugrunde gelegten Daten (angegebene Triebwerkgruppe) übereinstimmen.

Für die am 1. April 1995 bereits in Betrieb befindlichen Geräte enthält § 37 Abs. 5 der DGUV Vorschrift 54 und 55 modifizierte Regelungen. Hinweise zur Ermittlung des verbrauchten Anteils der theoretischen Nutzungsdauer sind in Dokumentationen der Herstellfirmen und auch in Anhang 1 zur DGUV Vorschrift 54 und 55 enthalten.
  Die vorgenommene Bewertung ist auf den Nachweisblättern zu dokumentieren. Diese sind dem Prüfbuch beizufügen.


3   Hinweise für die Durchführung der Prüfung

  Die Prüfungen sind auf der Grundlage dieses DGUV Grundsatzes durchzuführen. Vorgaben der Herstellfirma in BetriebsanIeitungen zur Durchführung von Prüfungen sind zu berücksichtigen. Prüfungen erstrecken sich im Wesentlichen auf:
  Prüfungen erstrecken sich im Wesentlichen auf:

3.1

Dokumentation
 
EG -Konformitätserklärung/ Herstellererklärung/ Einbauerklärung (ab 1. Januar 1995)
Prüfbuch/Prüfnachweise
Betriebsanleitung
Vorhandensein
Vollständigkeit

3.2

Kennzeichnung

 

Angaben auf dem Gerät Vollständigkeit
Dauerhaftigkeit
Erkennbarkeit

3.3

Tragkonstruktion
 
Träger, Stäbe, Verbindungen
Aufhängungen von Geräten und
Umlenkrollen
Befestigung
Zustand

Transporteinrichtungen
Befestigungseinrichtungen
Umlenkrollen
Vorhandensein
Zustand

3.4

Triebwerke
 
Wellen, Kupplungen, Lagerstellen
Zahnräder, Schneckenräder, Schnecken
Schrauben, Muttern, Keile, Bolzen
Befestigung
Lagerung
Zustand

Einrichtungen gegen unbeabsichtigtes Unterbrechen des Kraftflusses
(druckfederbelastete Sperren, Kulissenschaltungen)

Zustand
Funktion

Handantriebe
(Sicherung gegen Abgleiten und unbeabsichtigtes Abziehen bei abnehmbaren
Kurbeln oder Hebeln)

Zustand
Funktion

Hand- und Kraftantriebe
(gegenseitige Verriegelung)
Zustand
Funktion

Seiltrommeln, Bordscheiben
Treibscheiben
Klemmbacken
Seilrollen, Seilführung
Seilwickeleinrichtungen
Kettenräder, Kettenführung


Befestigung, Lagerung
Zustand

Hubkissen Zustand

3.5

Ausrüstungen
 
Elektromotoren, Widerstände
Bremslüfter
Leitungen, Zugentlastungen
Schutzleiter
Schalter, Schütze
Sicherungen

Befestigung
Zustand
Vorhandensein
Funktion
Schutzmaßnahmen gegen direktes Berühren

Hydromotoren, -pumpen
Druckbegrenzungs-, Rückschlagventile
Schlauchleitungen, Rohrleitungen
Filter
Befestigung
Zustand
Funktion
Dichtheit
Alterung
Hydraulikölzustand und -menge

Pneumatikmotoren
Druckminder-, Rückschlagventile
Schlauchleitungen, Rohrleitungen
Filter
Befestigung
Zustand
Funktion
Dichtheit

3.6

Tragmittel

 

Bei der Prüfung müssen Tragmittel in ihrer gesamten Länge besichtigt werden, auch die verdeckt liegenden Teile.
 
Zahnstangen, Ritzel
Spindeln, Tragmuttern
Kolben, Zylinder
Befestigung
Zustand
Funktion

Drahtseile Anzahl der Drahtbrüche
Verringerung des Durchmessers
Verformung
Korrosion, Abrieb, Hitzeeinwirkung
Befestigung an der Trommel
Seilendbefestigung, Seilbefestigung
Seilschmierung
(siehe DIN 15020-2 :1994-04 "Hebezeuge; Grundsätze für Seiltriebe; Überwachung im Gebrauch" bzw. DIN ISO 4309:2013-06 "Krane - Drahtseile - Wartung und lnstandhaltung, Inspektion und Ablage (ISO 4309:2010)" und VDI-Richtlinie 2358 "Drahtseile für Fördermittel")

Faserseile mechanische Schädigungen, Quetschstellen
Garnbrüche, Litzenbrüche, Auflockerungen
chemische Einwirkungen, aggressive Stoffe
Nässe
(siehe VDI-Richtlinie 2500:1990-04 "Faserseile; Beschreibung, Auswahl, Bemessung)

Rundstahlketten Verformung, Anrisse, Korrosionsnarben
Abnahme der Glieddicke durch Verschleiß
Teilungsvergrößerung durch Verschleiß
Längung durch plastische Verformung
Kettenschmierung
Verdrehung der Kette
(siehe DIN 685-5:1981-11 "Geprüfte Rundstahlketten; Benutzung")

Rollenketten Längung
Abnutzung
Anrisse
Kettenschmierung

Lasthaken Verformungen, Abnutzung, Anrisse, Rost
Quetschung im Hakenmaul
Sicherung der Hakenmutter
Hakensicherung
(siehe z. B. DIN 15405-1:1979-03 "Lasthaken für Hebezeuge, Überwachung im Gebrauch von geschmiedeten Lasthaken")

3.7

Befehlseinrichtungen
 
Stellteile Zustand
Funktion
Leichtgängigkeit
selbsttätige Rückstellung
Sicherung gegen unbeabsichtigtes Betätigen
Kennzeichnung der ausgelösten
Bewegungsrichtungen

3.8

Schutzeinrichtungen
 
Verkleidungen
Verdeckungen
Befestigung
Zustand
Vollständigkeit
Wirksamkeit

3.9

Sicherheitseinrichtungen
 
Sicherung gegen Überlastung Zustand
Wirksamkeit
Einstellung Auslösegrenze
Sicherung gegen Verstellen

Notendhalteinrichtung
Betriebsendhalteinrichtung
Zustand
Wirksamkeit
Berücksichtigung des Nachlaufweges

Rücklaufsicherung
Rückschlagsicherung
Sperrklinken (Sicherung gegen Auslegen)
Federn
Zustand
Wirksamkeit
Rückschlagweg < 15 cm (gemessen am Handgriff)

Bremseinrichtung
Scheiben, Backen
Trommeln, Bänder
Gestänge, Gewichte, Federn
Befestigung
Zustand
Wirksamkeit
Bremsprobe mit Last im Bereich der zulässigen Tragfähigkeit

Hilfsbremse Zustand
Wirksamkeit