3 Allgemeine Anforderungen

3.1 Verwendung von Arbeitsmitteln durch Beschäftigte

(1) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat (§ 5 Absatz 5 BetrSichV).

(2) Er hat darauf zu achten, dass die Beschäftigten in der Lage sind, die Arbeitsmittel zu verwenden, ohne sich oder andere Personen zu gefährden (§ 6 Absatz 1 BetrSichV). Dazu ist eine ausreichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten erforderlich.

(3) Ist die Verwendung von Arbeitsmitteln mit besonderen Gefährdungen verbunden, hat der Arbeitgeber zudem dafür zu sorgen, dass diese nur von hierzu beauftragten Beschäftigten verwendet werden (§ 12 Absatz 4 BetrSichV). Dies gilt auch, wenn Instandhaltungsarbeiten mit besonderen Gefährdungen verbunden sind.

(4) Instandhaltungsmaßnahmen dürfen nur von fachkundigen, beauftragten und unterwiesenen Beschäftigten oder von sonstigen für die Durchführung der Instandhaltungsarbeiten geeigneten Auftragnehmern mit vergleichbarer Qualifikation durchgeführt werden (§ 10 Absatz 2 Satz 2 BetrSichV).

3.2 Gefährdungsbeurteilung

(1) Der Arbeitgeber hat vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen zu beurteilen (Gefährdungsbeurteilung) und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten (§ 3 Absatz 1 BetrSichV).

(2) Der Arbeitgeber hat zu ermitteln und festzulegen, welche Informationen er zur Verfügung stellen muss, um die Beschäftigten ausreichend und angemessen zu unterweisen über

  1. vorhandene Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln einschließlich damit verbundener Gefährdungen durch die Arbeitsumgebung, Arbeitsgegenstände und andere Arbeitsmittel,
  2. erforderliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensregelungen (Anweisungen, z. B. Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen, Einhaltung vorgegebener Arbeitsabläufe) und
  3. Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und zur Ersten Hilfe bei Notfällen.

(3) Der Arbeitgeber hat im Zuge der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob eine Beauftragung von Beschäftigten entsprechend Abschnitt 3.7 erforderlich ist. Dabei ist zu prüfen, ob

  1. mit der Verwendung eines Arbeitsmittels besondere Gefährdungen verbunden sind (§ 12 Absatz 3 BetrSichV). Dabei sind auch Gefährdungen für andere Personen zu berücksichtigen, die sich aus der Verwendung des Arbeitsmittels ergeben können.
  2. Instandhaltungsarbeiten durchgeführt werden (§ 10 Absatz 2 Satz 2 BetrSichV).
  3. Instandhaltungsarbeiten mit besonderen Gefährdungen als Kombination der Nummern 1 und 2 durchgeführt werden. Hierfür kann eine gemeinsame Beauftragung gemäß § 10 Absatz 2 und § 12 Absatz 3 BetrSichV erfolgen.

(4) Bei Instandhaltungsarbeiten, die im Zuge der regulären Verwendung eines Arbeitsmittels von den Beschäftigten durchgeführt werden dürfen, ist keine Beauftragung im Sinne von § 10 Absatz 2 BetrSichV erforderlich. Dies betrifft Tätigkeiten, zu deren sicherer Durchführung die Beschäftigten aufgrund ihrer Qualifikation in der Lage sind und die z. B. laut Herstellerangaben der Pflege des Arbeitsmittels zuzuordnen sind.

Beispiel Hubarbeitsbühne:

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung kommt der Arbeitgeber zu dem Ergebnis, dass die Verwendung seiner Hubarbeitsbühne mit einer besonderen Gefährdung verbunden ist und beauftragt gemäß § 12 Absatz 3 BetrSichV Beschäftigte, die für diese Aufgabe ausreichend qualifiziert sind. Zur Verwendung der Hubarbeitsbühne können z. B. die Kontrolle des Ölstandes oder das Abschmieren von beweglichen Teilen gehören.

Ist dagegen z. B. eine Wartung der Hubarbeitsbühne laut Serviceplan des Herstellers oder eine Reparatur aufgrund von defekter Hydraulik erforderlich, darf diese Instandhaltungsmaßnahme entsprechend § 10 Absatz 2 BetrSichV nur von fachkundigen, beauftragten und unterwiesenen Beschäftigten oder von sonstigen für die Durchführung der Instandhaltungsarbeiten geeigneten Auftragnehmern mit vergleichbarer Qualifikation durchgeführt werden.

(5) Besondere Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln, die eine Beauftragung nach § 12 Absatz 3 BetrSichV erfordern, können sich zum Beispiel ergeben aus

  1. der Möglichkeit instabiler oder gefährlicher Betriebszustände des Arbeitsmittels,
  2. dem Aufenthalt von Personen im Gefahrenbereich des Arbeitsmittels,
  3. der Freisetzung gespeicherter Energien,
  4. Wechselwirkungen mit der Arbeitsumgebung, Arbeitsgegenständen und mit anderen Arbeitsmitteln,
  5. der Vielseitigkeit und Komplexität von Bedien- und Steuerungsfunktionen des Arbeitsmittels, z. B. Dampfkesselanlagen,
  6. erforderlicher Aufnahme und Verarbeitung von Informationen, Entscheidungsspielraum und Abstimmungsbedarf,
  7. fehlender oder eingeschränkter Wirksamkeit vorhandener Schutzmaßnahmen während der Instandhaltung (vergleiche TRBS 1112 Abschnitt 4.2).

Hinweis: Die beispielhaft aufgeführten Merkmale beinhalten keine Aussage über die Zulässigkeit der Tätigkeiten und über die zu treffenden Schutzmaßnahmen.

Zu den Arbeitsmitteln, für deren Verwendung eine Beauftragung nach § 12 Absatz 3 BetrSichV erforderlich ist, zählen beispielsweise

  1. Flurförderzeuge mit Fahrersitz,
  2. Flurförderzeuge mit Fahrerstand,
  3. Flurförderzeuge, die durch Mitgänger geführt werden,
  4. Teleskopstapler,
  5. Hubarbeitsbühnen,
  6. Krane,
  7. Bagger und Lader,
  8. Anlagen und Arbeitsmittel, wenn während der Instandhaltung die für den Normalbetrieb getroffenen Schutzmaßnahmen ganz oder teilweise außer Betrieb gesetzt werden.

(6) Der Arbeitgeber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat.

Die Auswahl der Maßnahmen erfolgt unter Berücksichtigung der möglichen Gefährdungen, der betrieblichen Organisation und der Qualifikation der Beschäftigten, die Zugang zu den jeweiligen Arbeitsmitteln haben. Beispiele für abgestufte Maßnahmen sind:

  1. Festlegung des Benutzerkreises in einer Unterweisung oder Betriebsanweisung,
  2. Bereitstellung der Arbeitsmittel in den Betriebsbereichen, in denen die Verwendung vorgesehen ist, z. B. Ausstattung eines Montageplatzes mit Werkzeugen,
  3. persönliche bzw. teambezogene Zuordnung von Werkzeugen, z. B. Werkzeugausgabe, persönlich zugeordneter Werkzeugkasten oder persönlich zugeordnetes Montagefahrzeug,
  4. technische Sicherung eines Arbeitsmittels gegen unbefugtes Verwenden.

3.3 Betriebsanweisung

(1) Bevor Beschäftigte Arbeitsmittel erstmalig verwenden, hat der Arbeitgeber ihnen eine schriftliche Betriebsanweisung für die Verwendung des Arbeitsmittels in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache an geeigneter Stelle zur Verfügung zu stellen (§ 12 Absatz 2 Satz 1 BetrSichV). Dies gilt nicht für Arbeitsmittel, für die keine Gebrauchs- oder Bedienungsanleitung nach § 3 Absatz 4 des Produktsicherheitsgesetzes mitgeliefert werden muss (§ 12 Absatz 2 Satz 1 BetrSichV).

(2) Die Betriebsanweisung umfasst Anweisungen zu betrieblichen Abläufen und zur sicheren Verwendung des Arbeitsmittels.

(3) Die Form und Sprache orientiert sich an den Sprachkenntnissen und dem Sprachgebrauch der Beschäftigten. Die Verständlichkeit kann z. B. durch Reduzierung auf wesentliche Inhalte und durch anleitende Abbildungen erreicht werden.

(4) Anstelle einer Betriebsanweisung kann der Arbeitgeber auch eine bei der Bereitstellung des Arbeitsmittels auf dem Markt mitgelieferte Gebrauchsanleitung oder Betriebsanleitung zur Verfügung stellen, wenn das Arbeitsmittel bestimmungsgemäß verwendet wird und diese die Informationen enthalten, die einer Betriebsanweisung entsprechen.

(5) Die Betriebsanweisung ist bei sicherheitsrelevanten Änderungen der Arbeitsbedingungen zu aktualisieren (§ 12 Absatz 2 Satz 4 BetrSichV).

3.4 Unterweisung

(1) Gemäß § 12 Absatz 1 BetrSichV hat der Arbeitgeber den Beschäftigten auf Grundlage der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung ausreichende und angemessene Informationen und Anweisungen für die sichere Verwendung der Arbeitsmittel in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über:

  1. vorhandene Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln einschließlich damit verbundener Gefährdungen durch die Arbeitsumgebung und durch die Arbeitsgegenstände,
  2. erforderliche Schutzmaßnahmen und Verhaltensregelungen (z. B. Betriebsanweisungen, innerbetriebliche Verkehrsregelungen, Anweisungen zur Verwendung von PSA) und
  3. Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und zur Ersten Hilfe bei Notfällen.

Bei der Festlegung der Inhalte sind Kenntnisse der Beschäftigten zu berücksichtigen. Die Betriebsanweisung ist bei den Unterweisungen in Bezug zu nehmen.

(2) Bei der Unterweisung für die Verwendung von Arbeitsmitteln sind die Beschäftigten erforderlichenfalls auf gesundheitliche Anforderungen hinzuweisen. Den Beschäftigten ist zu erläutern, welche Angebote bestehen, damit sie die Einhaltung dieser Anforderungen überprüfen und bedarfsweise arbeitsmedizinische Beratung einholen können. Auf die ärztliche Schweigepflicht sollte in diesem Zusammenhang hingewiesen werden.

(3) Das Datum und den Inhalt einer jeden Unterweisung sowie die Namen der Unterwiesenen hat der Arbeitgeber schriftlich festzuhalten. Die Dokumentation kann auch elektronisch erfolgen.

(4) Bei der Erstunterweisung vor Aufnahme der Verwendung hat der Arbeitgeber bedarfsweise folgende Schwerpunkte zu setzen:

  1. die theoretische und praktische Einweisung in das Arbeitsmittel,
  2. arbeitsmittelbezogene Informationen, wie z. B. dessen Eigenschaften und spezifischen Verhaltensweisen, Anzeige- und Bedienelemente,
  3. Durchführung erforderlicher Sicht- und Funktionskontrollen,
  4. vorgesehene Verwendung des Arbeitsmittels,
  5. Vermittlung betrieblicher Regelungen,
  6. Erläuterungen zur Mitwirkungspflicht der Beschäftigten.

Grundlage dafür sind das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und die daraus resultierende Betriebsanweisung. Der erstmaligen Verwendung eines Arbeitsmittels kommt eine geänderte Verwendung, eine Verwendung in geänderter Arbeitsumgebung oder die Verwendung von geänderten Arbeitsmitteln gleich, sofern sich aus der Änderung zusätzliche Gefährdungen ergeben können.

(5) Nach der Erstunterweisung hat der Arbeitgeber in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal jährlich, weitere Unterweisungen durchzuführen (§ 12 Absatz 1 Satz 3 BetrSichV). Bei diesen wiederkehrenden Unterweisungen kann der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Wirksamkeitskontrolle wechselnde Schwerpunkte setzen.

3.5 Qualifikation von beauftragten Beschäftigten

(1) Ist für die Verwendung von Arbeitsmitteln eine Beauftragung erforderlich, so hat der Arbeitgeber die für die sichere Verwendung benötigten Kompetenzen im Sinne einer Qualifikation sowie erforderlichenfalls zusätzliche persönliche und gesundheitliche Anforderungen (z. B. Farbsehvermögen, räumliches Sehen) zu ermitteln.

Dabei hat er Regeln und Erkenntnisse nach § 21 Absatz 5 Nummer 2 und Empfehlungen nach § 21 Absatz 5 Nummer 3 BetrSichV, DGUV-Regelwerke und Veröffentlichungen der einzelnen Unfallversicherungsträger, der Länder sowie der BAuA und Angaben der Hersteller von Arbeitsmitteln zu berücksichtigen. Eine individuelle Dokumentation ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber sich insbesondere auf die genannten Erkenntnisquellen abstützt.

(2) Der Arbeitgeber hat sich vor der Beauftragung davon zu überzeugen, dass Beschäftigte über die benötigten Kompetenzen nach Absatz 1 verfügen. Erforderlichenfalls hat er sicherzustellen, dass diese durch eine angemessene Qualifizierung vermittelt werden. Dies kann erreicht werden durch Festlegungen insbesondere hinsichtlich

  1. theoretischer und praktischer Inhalte der Qualifizierung,
  2. Methoden zur Vermittlung von Kompetenzen, z. B. systematische Übungen,
  3. Anforderungen an Personen, die die Qualifizierung durchführen, z. B. erforderliche Fachkenntnisse,
  4. zeitlichem Umfang und inhaltlicher Abfolge (Mindestdauer, Themenplan),
  5. sächlicher Anforderungen, z. B. an benötigte Arbeits- oder Unterrichtsmittel, Arbeitsumgebung oder Räumlichkeiten, in denen theoretische und praktische Inhalte vermittelt werden.

Bedarfsweise kann eine Qualifizierung durch individuelle Trainings, Qualifizierungsgespräche oder praktische Unterweisungen im Einzelfall vermittelt werden, z. B. hinsichtlich bestimmter Instandhaltungsaufgaben.

(3) Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass Beschäftigte ausreichend qualifiziert sind, wenn die Qualifizierung gemäß Abschnitt 4 durchgeführt und mit einer erfolgreichen Lernerfolgskontrolle abgeschlossen wurde.

(4) Abhängig vom individuellen Ausbildungs- und Erfahrungsstand der Beschäftigten kann auf eine Qualifizierung anteilig oder ganz verzichtet werden, wenn eine gleichwertige Qualifikation bereits erlangt wurde, z. B. durch eine Berufsausbildung oder zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit, ggf. auch bei anderen Arbeitgebern. Dies ist z. B. bei Beschäftigten in der Instandhaltung häufig der Fall.

(5) Wenn unklar ist, ob eine anderweitig, z. B. im Ausland oder in einer anderen Branche, erlangte Qualifikation ausreichend ist, kann der Arbeitgeber dies durch eine angemessene theoretische und praktische Überprüfung ermitteln.

(6) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber festzulegen, ob eine Auffrischung oder Überprüfung der Qualifikation zu erfolgen hat, z. B. nach bestimmten Zeiträumen oder bei bestimmten Anlässen.

3.6 Durchführung der Qualifizierung

Der Arbeitgeber kann die erforderliche Qualifizierung aus dem eigenen Unternehmen heraus gestalten oder auf externe Anbieter zurückgreifen. In beiden Fällen hat der Arbeitgeber die Anforderungen an die Qualifizierung zu berücksichtigen. Die Verantwortung für die ausreichende Qualifikation der Beschäftigten und den Nachweis der erforderlichen Kompetenzen verbleibt beim Arbeitgeber.

3.7 Beauftragung von Beschäftigten

(1) Die Beauftragung von Beschäftigten hat nachvollziehbar zu erfolgen. Dies kann z. B. durch einen Fahrer- oder Bedienerausweis, einen dokumentierten Arbeitsauftrag, einen Erlaubnisschein oder durch entsprechende betriebliche Dokumentation wie Organisationshandbücher erfolgen. Die Beauftragung gilt immer nur für den Arbeitsbereich, die Tätigkeiten oder die Arbeitsmittel, für die sie erteilt wurde.

Für Beauftragungen, die sich auf einmalige Tätigkeiten wie z. B. bestimmte Instandhaltungsaufgaben beziehen, haben sich Freigabe- oder Erlaubnisscheine bewährt (vergleiche Abschnitt 4.4 TRBS 1112).

(2) Die Beauftragung ist zurückzuziehen, wenn besondere Anlässe bestehen, z. B.

  1. Zweifel an der Kompetenz oder ausreichenden Qualifikation, z. B. nach Unfällen und Beinahe-Unfällen,
  2. Hinweis eines Beschäftigten, dass er Voraussetzungen für die Beauftragung nicht mehr erfüllt.

(3) Bei der Beauftragung nach § 12 Absatz 3 BetrSichV sind z. B. die Vorgaben des § 22 Jugendarbeitsschutzgesetz zu beachten.