Bekanntmachung von Technischen Regeln

Gemeinsame Bekanntmachung der Neufassung, Änderung und Aufhebung von ASR zum Themenkomplex Flucht- und Verkehrswege

Ausgabe März 2022
(GMBl Nr. 9-11 vom 18. März 2022, S. 213)

 

 

Vom Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) wurden die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A1.8 "Verkehrswege",ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan" sowie die ASR A3.4/7 "Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme" überarbeitet und an den Stand der Technik angepasst. Zudem wurde die ASR A3.4 "Beleuchtung" infolge der 2016 veröffentlichten Änderung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) in Bezug auf die geänderte Definition des Begriffs "Arbeitsplatz" (seitdem ohne zeitliche Begrenzung) angepasst. Die ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" wurde infolge der Überarbeitung der ASR A2.3 und ASR A3.4/7 formal bzgl. lichttechnischer Anforderungen an langnachleuchtende Sicherheitszeichen und Anforderungen an die Gestaltung des Flucht- und Rettungsplanes ergänzt, zudem wurden neue Rettungszeichen eingefügt. Zur Vermeidung von Doppelregelungen und fachlicher Orientierung an der Systematik der ArbStättV wird die ASR A3.4/7 aufgelöst. Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung für Arbeitsstätten, in denen bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung die Sicherheit der Beschäftigten gefährdet werden kann, wurden gemäß Nummer 3.4 Absatz 7 des Anhangs der ArbStättV in die ASR A3.4 überführt. Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung für Fluchtwege wurden gemäß Nummer 2.3 Absatz 1 des Anhangs der ArbStättV in die ASR A2.3 überführt.

Zudem wurden die Anforderungen an optische Sicherheitsleitsysteme in die ASR A2.3 integriert, da diese Systeme ausschließlich im Fall einer Flucht zur Anwendung kommen. In diesem Zusammenhang wurde außerdem eine zusammenhängende Darstellung der Kennzeichnung von Fluchtwegen mit hochmontierten Rettungszeichen in Verbindung mit optischen Sicherheitsleitsystemen und der Sicherheitsbeleuchtung in die ASR A2.3 aufgenommen. Demnach müssen Fluchtwege und Notausgänge immer mit hochmontierten Sicherheitszeichen gekennzeichnet sein. Um die Sicherheit beim Verlassen der Arbeitsstätte auch nach Ausfall der Allgemeinbeleuchtung zu erhöhen, kann zusätzlich als Orientierungshilfe ein optisches Sicherheitsleitsystem oder eine Sicherheitsbeleuchtung eingesetzt werden.

Die ASR A1.7, ASR A1.8, ASR A2.3 und ASR V3a.2 enthalten Anforderungen an die notwendigen Breiten von Verkehrswegen, Türen und Toren sowie von Fluchtwegen und Notausgängen. Zudem sind diese Anforderungen eng mit dem Bauordnungsrecht der Länder verknüpft. Bei der Festlegung von Breiten sind zunächst die Vorgaben der ASR A1.8 für Verkehrswege zu berücksichtigen, d. h. die Breiten sind nach Anzahl der gehenden Personen, die diese nutzen müssen, und aus der Art der Nutzung zu ermitteln. Sofern bestimmte Wege ausschließlich als Fluchtwege genutzt werden, können deren Breiten auch nur nach der ASR A2.3 ausgelegt werden. Für alle Türen und Tore gelten die Anforderungen der ASR A1.7, wobei hier bzgl. der notwendigen Durchgangsbreiten und -höhen auf die Mindestmaße von Fluchtwegen nach ASR A2.3 verwiesen wird. Werden Menschen mit Behinderungen in der Arbeitsstätte beschäftigt, sind zudem die in der ASR V3a.2 enthaltenen spezifischen Anforderungen zu berücksichtigen. Das betrifft insbesondere die erforderlichen Mindestbreiten von Wegen und Türen sowie die nötigen Bewegungsflächen bei der Benutzung durch Rollstuhlfahrer.

Um die Anforderungen an Breiten von Fluchtwegen in der ASR A2.3 zu validieren und zur Klärung von Unterschieden zum Bauordnungsrecht, wurde von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ein Fachgutachten [1, 2] beauftragt und daraus aufeinander abgestimmte Verkehrs- und Fluchtwegbreiten in der ASR A1.8 und ASR A2.3 abgeleitet [3]. Dieses Fachgutachten basiert auf Personenstromsimulationen unter Berücksichtigung der in Arbeitsstätten üblichen Beschäftigtengruppen. Die Belange von Menschen mit Behinderungen konnten dabei auf Grund der Vielfalt möglicher Ausprägungen nicht berücksichtigt werden. Zudem wurde mit dem Fachgutachten ein neuer Ansatz zur Bemessung der lichten Breite von Treppenräumen als Teil von Fluchtwegen abgeleitet [4]. Neben dem bisher verwendeten Kriterium "höchstmögliche Anzahl Personen im gesamten Einzugsgebiet einer Treppe" (ASR A2.3 Abschnitt 5 Absatz 6) können jetzt auch das Kriterium "ungehinderter Zugang zum Treppenraum" (ASR A2.3 Abschnitt 5 Absatz 15) oder das Kriterium "Evakuierung nur einzelner Etagen" (ASR A2.3 Abschnitt 5 Absatz 16) angewendet werden.

Die Anforderungen an Breiten der Fluchtwege in ASR A2.3 wurden mit den Anforderungen an Verkehrswege der ASR A1.8 abgeglichen. In den ASR A1.7, ASR A1.8 und ASR A2.3 werden nun in Abhängigkeit von der Personenzahl und der Nutzung aufeinander abgestimmte Vorgaben für die Bemessung der Breiten von Verkehrs- und Fluchtwegen sowie von Türen, Toren und Durchgängen in deren Verlauf getroffen. Die bisherigen Vorgaben wurden im Bereich zwischen 20 und 200 Personen durch zusätzliche Werte ergänzt; im Bereich zwischen 200 und 400 Personen können nun Zwischenwerte gebildet werden. In der Praxis wird somit die Beurteilung der betrieblichen Situation erleichtert.

Aufgrund der Änderung des Titels von bisher ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan" zu ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" wurden in nachfolgenden ASR bestehende Verweise auf die ASR A2.3 entsprechend angepasst und sofern notwendig weitere formale Anpassungen vorgenommen: ASR A1.2, ASR A1.5, ASR A1.6, ASR A2.2, ASR A4.2, ASR A4.3 und ASR A5.2. In der ASR A2.1 wurden zudem in Abstimmung mit der ASR A1.8 Regelungen für Teilbereiche einer Baustelle eingefügt, die im Zuge des Baufortschritts wechselnd als Arbeitsplatz oder Verkehrsweg festgelegt werden.


Literatur:

[1] Kneidl, A.; Könnecke, R.: Fachgutachten – Fluchtwege in Arbeitsstätten – Einfluss von Wegbreite, Treppen, Türen und Einengungen auf die Entfluchtung. 2. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2020. (baua: Bericht), DOI: 10.21934/baua:bericht20200116
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/Gd99.html
[2] Bux, K.; Gabriel, S.: Bemessung der Fluchtwegbreiten in Arbeitsstätten – Ein Fachgutachten. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2020. (baua: Fokus), DOI: 10.21934/baua:fokus20200113
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/Fluchtwege.html
[3] Gabriel, S.; Bux, K.: Vorschläge für Verkehrs- und Fluchtwegbreiten für die Fortschreibung der ASR A1.8 und ASR A2.3. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2020. (baua: Fokus), DOI: 10.21934/baua:fokus20201125
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/Fluchtwege-3.html
[4] Gabriel, S.; Bux, K.: Fluchtwegbreiten in Treppenräumen von mehrgeschossigen Arbeitsstätten. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2020. (baua: Fokus), DOI: 10.21934/baua:fokus20200810
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/Fluchtwege-2.html