5 Schutzmaßnahmen

5.1 Vorgehen zur Festlegung von Schutzmaßnahmen

(1) Die Schutzmaßnahmen sind entsprechend der Höhe der nach Abschnitt 4 ermittelten Gefährdung auszuwählen. Ziel ist es, den Kontakt der Haut mit hautgefährdenden und hautresorptiven Gefahrstoffen zu minimieren.

(2) Das systematische Vorgehen bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen ist durch das STOP-Prinzip (1. Substitution, 2. Technische Maßnahmen, 3. Organisatorische Maßnahmen, 4. Persönliche Schutzmaßnahmen) gemäß TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" Abschnitt 5.1 vorgegeben.

(3) Die allgemeinen Hygienemaßnahmen nach Abschnitt 5.2 Absätze 1 bis 3 sind bei dermaler Gefährdung immer anzuwenden.

(4) Liegt nach dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung eine geringe Gefährdung durch Hautkontakt vor, sind diese allgemeinen Hygienemaßnahmen ausreichend.

(5) Besteht aufgrund der Tätigkeit Hautkontakt und ist gemäß Gefährdungsbeurteilung eine mittlere oder hohe Gefährdung gegeben, ist vorrangig eine Substitution des Gefahrstoffs oder Arbeitsverfahrens gemäß den Kriterien der TRGS 600 "Substitution" durchzuführen. Sind Ersatzstoffe nicht verfügbar, ist zu prüfen, ob Gemische erhältlich sind, die die Gefahrstoffe im Sinne dieser TRGS in geringerer Konzentration enthalten. Ebenso ist zu prüfen, ob die vorgesehenen Stoffe oder Gemische in expositionsarmer Verwendungsform eingesetzt werden können. Auch durch den Einsatz geeigneter Ersatzverfahren, wie z. B. durch Werkzeuge, Instrumente oder Arbeitsvorrichtungen, kann der Hautkontakt verhindert oder minimiert werden.

(6) Liegt eine mittlere oder hohe Gefährdung gemäß Gefährdungsbeurteilung vor und ist eine Substitution nicht möglich, sind geeignete technische und organisatorische Maßnahmen nach Abschnitt 5.3 und 5.4 zu treffen. Bei Tätigkeiten mit aerosolbildenden Stoffen ist zusätzlich die allgemeine Hygienemaßnahme nach Abschnitt 5.2 Absatz 4 anzuwenden. Wenn die technischen und organisatorischen Maßnahmen nicht ausreichen, die Gefährdung auf eine geringe dermale Gefährdung zu verringern, sind persönliche Schutzmaßnahmen nach Abschnitt 5.5 anzuwenden.

(7) Je höher die Gefährdung durch Hautkontakt, desto dringlicher ist die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip. Bei hoher Gefährdung haben insbesondere Substitution und technische Maßnahmen hoher Wirksamkeit (TRGS 500 Abschnitt 9.1.3) Vorrang vor technischen Maßnahmen geringer Wirksamkeit sowie organisatorischen und persönlichen Maßnahmen.

(8) Wenn die Umsetzung einer Schutzmaßnahme die Gefährdung durch Hautkontakt nicht verhindert oder nicht ausreichend verringert, sind mehrere Schutzmaßnahmen zu kombinieren. Auch bei der Kombination mehrerer Schutzmaßnahmen ist das STOP-Prinzip zu beachten. Dies kann bedeuten, dass z. B. erst nach Umsetzung mehrerer technischer und organisatorischer Maßnahmen persönliche Schutzausrüstung eingesetzt werden darf.

(9) Bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen ist der Stand der Technik zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Beschaffung von Arbeitsmitteln und die Einrichtung von neuen Arbeitsplätzen.

(10) Bei Feuchtarbeit hat der Arbeitgeber die allgemeinen Hygienemaßnahmen nach Abschnitt 5.2 Absätze 1 bis 3 zu treffen sowie zu prüfen, ob durch technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen nach den Abschnitten 5.3 bis 5.5 die Gefährdung durch Feuchtarbeit verringert werden kann. Zusätzlich sind die weiteren Maßnahmen nach Abschnitt 5.6 zu berücksichtigen.

(11) Gemische, die mit EUH204, EUH205 oder EUH208 gekennzeichnet sind, enthalten Stoffe, die allergische Reaktionen verursachen können. Bei Hautkontakt gegenüber diesen Gemischen besteht für entsprechend sensibilisierte Beschäftigte eine hohe Gefährdung. Liegen dem Arbeitgeber Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge vor, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes für diese Beschäftigten nicht ausreichen, so hat er dies im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere Vorschläge des Arztes nach § 6 Absatz 4 ArbMedVV zu Maßnahmen des Arbeitsschutzes in der Rangfolge des STOP-Prinzips. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber Mitteilungen des Arztes nach § 6 Absatz 4 ArbMedVV zu einem Tätigkeitswechsel aus medizinischen Gründen, die ausschließlich in der Person des Beschäftigten liegen, zu berücksichtigen.

(12) Der Arbeitgeber hat die ordnungsgemäße Umsetzung der getroffenen Schutzmaßnahmen und die sachgerechte Anwendung von Schutzhandschuhen und Hautmitteln sicherzustellen Der Arbeitgeber muss die Beschäftigten dazu anhalten, die ausgewählten Schutzmaßnahmen anzuwenden.

(13) Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ist entsprechend Abschnitt 5.7 regelmäßig zu überprüfen.

(14) Das systematische Vorgehen bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen ist in Anhang 4 dargestellt.

5.2 Allgemeine Hygienemaßnahmen

(1) Allgemeine Hygienemaßnahmen finden sich in Abschnitt 6.4 der TRGS 500 "Schutzmaßnahmen".

(2) Von besonderer Bedeutung in Bezug auf Hautgefährdungen sind die folgenden allgemeinen Hygienemaßnahmen:

  1. Für die Beschäftigten müssen Waschgelegenheiten nach ASR A4.1 sowie geeignete und der Verschmutzung angepasste, möglichst hautschonende Hautreinigungsmittel sowie geeignete Mittel zum Abtrocknen der Hände zur Verfügung stehen. Es wird empfohlen, Hautmittel in Spendersystemen bereitzustellen, um eine korrekte und hygienische Dosierung zu ermöglichen. Auf Baustellen oder in kleineren Betrieben sind Hautmittel je nach den örtlichen Gegebenheiten eher in kleineren Gebinden, z. B. Tuben oder Standspendern/Pumpspendern von Vorteil.
  2. Mit Gefahrstoffen kontaminierte Haut muss sofort mit geeigneten Reinigungsmitteln gereinigt werden. Es ist darauf zu achten, dass wässrige Lösungen, die hautgefährdende oder hautresorptive Stoffe oder Gemische enthalten, nicht auf der Haut eintrocknen, sondern umgehend entfernt werden, da durch das Verdunsten des Wassers die Gefahrstoffkonzentration auf der Haut stark ansteigt.
  3. Die Häufigkeit der Hautreinigung ist auf das notwendige Maß zu reduzieren. Durch das Tragen von Schutzhandschuhen können Verschmutzungen vermieden werden und dadurch die Häufigkeit der Hautreinigung vermindert werden.

(3) Hautpflegemittel zur Förderung der Hautregeneration sind nach Hautreinigung in der arbeitsfreien Zeit (in Pausen und am Arbeitsende) einzusetzen.

(4) Ergibt die Gefährdungsbeurteilung die Notwendigkeit der Körperreinigung bei Tätigkeiten mit aerosolbildenden, hautgefährdenden oder aerosolbildenden, hautresorptiven Stoffen, so sind über die Regelung des Absatzes 2 Nummer 1 hinaus Dusch- und Umkleidegelegenheiten nach ASR A4.1 bereitzustellen.

5.3 Technische Schutzmaßnahmen

(1) Technische Schutzmaßnahmen sind u. a.

  1. geeignete Werkzeuge, Instrumente oder Arbeitsvorrichtungen, Arbeitsgeräte,
  2. Kapselungen, Absaugungen oder Lüftungen,

durch deren Einsatz der Hautkontakt verhindert oder minimiert wird.

(2) In Anhang 5 werden beispielhaft technische und organisatorische Schutzmaßnahmen aufgeführt.

(3) Können technische Schutzmaßnahmen ganz oder teilweise nicht genutzt werden, z. B. bei Probenahmen, Instandhaltungsarbeiten oder Betriebsstörungen, sind organisatorische oder persönliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die den Schutz der Beschäftigten gewährleisten.

5.4 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Folgende organisatorische Schutzmaßnahmen sind vom Arbeitgeber zu veranlassen:

  1. Arm- oder Handschmuck (Ringe) dürfen bei der Arbeit nicht getragen werden, da unter dem Schmuck durch intensive Einwirkung von Feuchtigkeit oder Gefahrstoffen die Entstehung von krankhaften Hautveränderungen besonders begünstigt wird.
  2. Ist die Arbeits- oder Schutzkleidung so verunreinigt, dass von ihr eine Gefährdung ausgeht, ist sie zu wechseln. Hierdurch kann auch die Kontamination weiterer Bereiche oder Arbeitsmittel verhindert werden. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die Arbeits- oder Schutzkleidung ohne Eigenkontamination und Verschleppung in andere Bereiche gewechselt werden kann. Die verunreinigte Arbeits- oder Schutzkleidung ist vom Arbeitgeber zu reinigen oder zu entsorgen.
  3. Um Feuchtarbeit zu vermeiden, ist tätigkeitsbedingtes, häufiges Händewaschen zu vermeiden. Beim Handschuhwechsel sollten daher die Hände nur abgetrocknet und nicht gewaschen werden.
  4. Mit Gefahrstoffen kontaminierte Arbeitsflächen sowie kontaminierte Griffflächen von Arbeitsgeräten sind unverzüglich zu reinigen.
  5. Es ist sicherzustellen, dass die Reinigungstücher für die Maschinen nicht anschließend für die Reinigung der Hände eingesetzt werden.
  6. Insbesondere in Arbeitsbereichen, in denen Tätigkeiten mit sensibilisierenden Gefahrstoffen ausgeführt werden, sollen nur die dort benötigten Werkzeuge und Geräte aufbewahrt werden. Um eine Verschleppung dieser Gefahrstoffe zu vermeiden, dürfen verschmutzte Geräte nur nach vorheriger Reinigung in anderen Arbeitsbereichen benutzt werden. Soweit möglich und erforderlich, ist hierfür Einwegausrüstung zu verwenden. Einwegartikel wie z. B. Putzlappen sind entsprechend Betriebsanweisung zu entsorgen.
  7. Die Weiterverarbeitung von Produkten, die unter Verwendung sensibilisierender Gefahrstoffe hergestellt wurden, hat, soweit technisch möglich, erst nach vollständigem Ablauf der chemischen Reaktion zu erfolgen. Es sind ausreichende Trocknungs- und Aushärtezeiten (z. B. von Kunststoffen) vorzusehen.
  8. Arbeitsbereiche, in denen Tätigkeiten mit hautsensibilisierenden Gefahrstoffen ausgeführt werden, sind, soweit dies betrieblich möglich ist von anderen Arbeitsbereichen räumlich zu trennen und mit dem Verbotszeichen D-P006 "Zutritt für Unbefugte verboten" nach ASR A1.3 zu kennzeichnen.
  9. Beschäftigte, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben, die als krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft und hautresorptiv sind, sind gemäß § 14 Absatz 3 GefStoffV in ein Expositionsverzeichnis aufzunehmen, wenn entsprechend der Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung durch Hautkontakt besteht. Dies ist auch der Fall, wenn das Tragen von Chemikalienschutzhandschuhen als erforderliche Schutzmaßnahme festgelegt wurde (Abschnitt 4 Absatz 2 TRGS 410). Werden Schutzhandschuhe nur vorsorglich gegen unvorhergesehenen Kontakt getragen (z. B. gelegentliche Handhabung eventuell verunreinigter Behälter oder bei Verwendung von Pipettierhilfen oder zum Schutz vor anderen als krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen), ist ein Eintrag nicht erforderlich.

(2) Das Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen darf nicht anstelle möglicher technischer und organisatorischer Maßnahmen als Dauermaßnahme vorgegeben werden. Die Häufigkeit des Handschuhwechsels ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen.

(3) Für die Anwendung der Hygienemaßnahmen und persönlicher Schutzmaßnahmen (z. B. Anwendung der Hautmittel, An- und Ausziehen der Chemikalienschutzhandschuhe) sind ausreichend Zeiten einzuplanen.

(4) In Anhang 5 werden beispielhaft technische und organisatorische Schutzmaßnahmen aufgeführt.

5.5 Persönliche Schutzmaßnahmen

5.5.1 Allgemeines zu persönlichen Schutzmaßnahmen

(1) Persönliche Schutzmaßnahmen unterteilen sich in persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Hautmittel. Das Ziel des Einsatzes von persönlicher Schutzausrüstung ist der Schutz von Händen und anderen Körperteilen vor einer Gefährdung durch Gefahrstoffe. Hierzu zählen unter anderem Schutzhandschuhe, Gesichtsschutz, Schutzkleidung und Schutzschuhe. Die Abschnitte 5.5.2 und 5.5.3 beziehen sich auf den Schutz von Händen und Unterarmen. Zum Schutz weiterer Körperteile ist Abschnitt 5.5.4 zu beachten. Hautmittel sind in Abschnitt 5.5.5 behandelt.

(2) Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber geeignete Schutzausrüstung und Hautmittel auszuwählen und in ausreichender Menge bereitzustellen. Schutzausrüstung und Hautmittel sind gemäß den Herstellervorgaben zu lagern. Falls der Hersteller die Wiederverwendung der Schutzausrüstung zulässt, kann der Arbeitgeber diese entsprechend den Herstellervorgaben reinigen und wiedereinsetzen. Beschädigte oder anderweitig unbrauchbar gewordene Schutzausrüstung ist entsprechend den abfallrechtlichen Bestimmungen zu entsorgen.

(3) Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe getragen werden müssen, sind vorrangig Chemikalienschutzhandschuhe nach DIN EN ISO 374-1:2018-10 auszuwählen, siehe Abschnitt 5.5.2. Der Arbeitgeber kann auch andere flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe auswählen, z. B. Gewebehandschuhe mit Vollbeschichtung aus Nitrilkautschuk, wenn er im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung begründet, dass damit ein ausreichender Schutz erreicht wird. Die Auswahl der Schutzhandschuhe sollte dabei in Anlehnung an Abschnitt 5.5.2 erfolgen und die Informationen nach Absatz 1 und 2 des Abschnitts 5.5.2 berücksichtigen.

(4) Die Wirksamkeit der persönlichen Schutzmaßnahmen hängt unmittelbar von der Auswahl und bestimmungsgemäßen Verwendung ab. Hierzu enthalten die branchen- oder tätigkeitsspezifischen Hilfestellungen aus Anhang 2 Informationen. Oder der Hersteller von Schutzausrüstung kann den Arbeitgeber auf Anfrage unterstützen.

(5) Die Wirksamkeit der persönlichen Schutzmaßnahmen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung regelmäßig zu überprüfen.

(6) Die konkret ausgewählten Schutzausrüstungen und Hautmittel sind in der Betriebsanweisung anzugeben. Zusätzlich hat sich in der Praxis eine tabellarische Übersicht in Form eines Hand- und Hautschutzplans bewährt, auf den in der Betriebsanweisung hingewiesen werden kann.

(7) Die Beschäftigten sind in der bestimmungsgemäßen Verwendung der Schutzausrüstung und Hautmittel zu unterweisen.

(8) Die Verwendung von Schutzhandschuhen ist immer vorzuziehen, wenn dadurch Verschmutzungen und das Händewaschen reduziert werden.

(9) Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob das Tragen von PSA belastend ist. Hierzu kann der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin beteiligt werden. Das Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen ohne Wechsel über mehr als 4 Stunden pro Arbeitstag ist als belastend im Sinne von § 7 Absatz 5 GefStoffV anzusehen. Die Verwendung von belastender persönlicher Schutzausrüstung darf keine Dauermaßnahme sein. Sie ist für alle Beschäftigten auf das unbedingt erforderliche Minimum zu beschränken.

(10) Liegen verschiedene Gefährdungen gleichzeitig vor, beispielsweise chemische, mechanische oder thermische, sind all diese im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung und bei der Auswahl der Schutzausrüstung zu berücksichtigen. Bei der Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung ist abzuwägen, welche Schutzausrüstung in diesem Fall eingesetzt werden soll. Beispielsweise sind in Hochtemperaturbereichen mit gleichzeitiger chemischer Belastung ausschließlich Schutzhandschuhe aus Leder (siehe TRGS 551) sowie schwer entflammbare Schutzkleidung geeignet. Bei Arbeiten an Maschinen mit Einzugsgefahr bei gleichzeitiger chemischer Belastung ist das Tragen von Schutzhandschuhen verboten. Stattdessen sind geeignete Hautschutzmittel einzusetzen.

(11) Liegen dem Arbeitgeber Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder dem Berufskrankheitengeschehen vor, dass Beschäftigte aus medizinischen Gründen besondere Schutzhandschuhe oder Hautmittel am Arbeitsplatz benutzen müssen, so hat der Arbeitgeber dies im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

(12) Werden Schutzhandschuhe aus Latex verwendet, müssen diese ungepudert sein. Dies gilt auch für medizinische Einmalhandschuhe gemäß DIN EN 455-1:2020-07.

5.5.2 Auswahl von Chemikalienschutzhandschuhen

(1) Folgende Informationen müssen zur Auswahl geeigneter Chemikalienschutzhandschuhe vorliegen und sind bei der Auswahl von Schutzhandschuhen immer zu berücksichtigen:

  1. Verwendete oder freigesetzte Gefahrstoffe (Stoff oder Gemisch) und ihre Einstufung,
  2. die vorgesehene Tätigkeit,
  3. Art, Ausmaß und Dauer des Hautkontakts bzw. der hautgefährdenden Tätigkeit,
  4. weitere gleichzeitig oder direkt anschließend verwendete Stoffe oder Gemische,
  5. Anforderungen an die mechanische Festigkeit und thermische Anforderungen an den Chemikalienschutzhandschuh,
  6. ergonomische Anforderungen (Größe, Passform sowie Anforderungen an die Länge des Handschuhs (Stulpen)),
  7. Anforderungen an Tastsinn und Griffigkeit,
  8. bekannte Kontaktallergien der Beschäftigten gegen das Handschuhmaterial (z. B. Latex) oder Handschuh-Inhaltsstoffe (z. B. Vulkanisationsbeschleuniger, Alterungsschutzmittel).

(2) Folgende Informationen zur Auswahl eines geeigneten Chemikalienschutzhandschuhs sind im Sicherheitsdatenblatt (SDB) enthalten:

  1. die vorgesehene Verwendung nach Abschnitt 1.2 sowie
  2. in Abschnitt 8.2 Angaben zu
    a) Handschuhmaterial,
    b) Materialstärke und
    c) die typische beziehungsweise früheste Durchbruchszeit des Handschuhmaterials.

Neben diesen den Chemikalienschutzhandschuh charakterisierenden Informationen kann in Abschnitt 8.2 des SDB auch zusätzlich ein spezifischer, für die Verwendung nach Abschnitt 1.2 des SDB geeigneter Chemikalienschutzhandschuh genannt sein.

(3) Bei der Auswahl des geeigneten Chemikalienschutzhandschuhs ist wie folgt vorzugehen, siehe hierzu auch Anhang 6:

  1. Entspricht die vorgesehene Tätigkeit mit dem Gefahrstoff der Verwendung nach Abschnitt 1.2 des SDB und wird in Abschnitt 8.2 des SDB ein spezifischer Chemikalienschutzhandschuh genannt, so kann der Arbeitgeber diesen einsetzen.
  2. Entspricht die vorgesehene Tätigkeit mit dem Gefahrstoff der Verwendung nach Abschnitt 1.2 des SDB und enthält Abschnitt 8.2 des SDB die unter Absatz 2 genannten Informationen, so hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung dieser Anforderungen einen geeigneten Chemikalienschutzhandschuh auszuwählen, z. B. aus Datenbanken der Chemikalienschutzhandschuhhersteller oder der Unfallversicherungsträger entsprechend Anhang 2. Er sollte dabei auf die Aktualität der zur Verfügung gestellten Informationen achten. Bei Unklarheiten hat sich der Arbeitgeber fachlich beraten zu lassen, z. B. durch den Hersteller oder Lieferanten von Chemikalienschutzhandschuhen oder des Gefahrstoffs.
  3. Der Arbeitgeber kann auch andere als die im Sicherheitsdatenblatt genannten Chemikalienschutzhandschuhe oder -materialien verwenden, wenn mindestens das gleiche Schutzziel erreicht wird. Solche alternativen Chemikalienschutzhandschuhe können anhand des Gefahrstoff- oder Produktnamens und der weiteren Informationen aus Absatz 1 im Rahmen einer fachlichen Beratung oder aus Datenbanken entsprechend Anhang 2 ausgewählt werden.
  4. In folgenden Fällen kann der Arbeitgeber die in Absatz 2 genannten Informationen aus Abschnitt 8.2 nicht unmittelbar anwenden und muss einen geeigneten Chemikalienschutzhandschuh eigenständig ermitteln:
    a) Die vorgesehene Tätigkeit weicht von der Verwendung nach Abschnitt 1.2 des SDB ab.
    b) Der Gefahrstoff wird in Zusammenhang mit der vorgesehenen Tätigkeit mit weiteren Gefahrstoffen gemischt oder es werden verschiedene Gefahrstoffe nacheinander oder gleichzeitig verwendet, so dass der Chemikalienschutzhandschuh für Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gefahrstoffen geeignet sein muss. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich Gefahrstoffe erst auf dem Handschuh mischen oder miteinander reagieren können.
  5. In diesen Fällen hat sich der Arbeitgeber in der Regel fachlich beraten zu lassen. Liegen bei Herstellern oder Lieferanten von Chemikalienschutzhandschuhen oder Gefahrstoffen keine Erkenntnisse über einen geeigneten Chemikalienschutzhandschuh vor, muss ein Handschuh für die geplante Beanspruchung geprüft werden. Dies kann durch einen Chemikalienschutzhandschuhhersteller, ein entsprechend qualifiziertes Labor oder bei vorhandener Fachkunde auch durch den Arbeitgeber selbst mithilfe von Normverfahren erfolgen.
  6. Für bestimmte Arbeitssituationen kann nicht auf die Informationen eines SDB zurückgegriffen werden. Solche Arbeitssituationen können sein:
  7. a) Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen gemäß TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen" (z. B. bei der Altlasten-, Gebäudeschadstoff- oder Brandschadensanierung oder bei Erkundungsarbeiten zur Ermittlung der Gefahrstoffbelastung), b) Tätigkeiten auf Wertstoffhöfen und Schadstoffsammelstellen gemäß TRGS 520 "Errichtung und Betrieb von Sammelstellen und Zwischenlagern für Kleinmengen gefährlicher Abfälle", c) Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, deren Lieferant nicht mehr zu ermitteln ist (Altbestände), d) Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die im Produktionsprozess entstehen oder freigesetzt werden. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber Art und Ausmaß der dermalen Gefährdung abzuschätzen. Bei der Auswahl der Chemikalienschutzhandschuhe hat er sich in der Regel fachlich beraten zu lassen. Der Arbeitgeber sollte bei der Auswahl des Handschuhs den bestmöglichen Schutz hinsichtlich des Gefahrstoffspektrums und der Durchbruchszeit wählen. Hilfestellungen zur Auswahl geeigneter Handschuhe sind in Anhang 2 genannt.
  8. Bei der Auswahl der Chemikalienschutzhandschuhe ist zu berücksichtigen, dass die Durchbruchszeit des Handschuhmaterials gemäß DIN EN 16523-1:2018-12 bei 23 ° C bestimmt wird. Diese Temperatur weicht von der Temperatur im Handschuhinneren (33 ° C) während des Tragens ab. Das kann zur Folge haben, dass die tatsächliche Durchbruchszeit für einen Gefahrstoff nicht der durch den Chemikalienschutzhandschuhhersteller für 23 °C angegebenen Durchbruchszeit entspricht und damit unterhalb der maximalen Tragedauer liegt. Im Einzelfall kann sich die für 23 °C angegebene Durchbruchszeit unter Praxisbedingungen bis auf ein Drittel reduzieren. Die Chemikalienschutzhandschuhhersteller können hierzu nähere Angaben machen.

(4) Geeignete Chemikalienschutzhandschuhe müssen die Vorgaben der PSA-Verordnung erfüllen, erkennbar am CE-Zeichen und der 4-stelligen Kennziffer. Außerdem müssen Chemikalienschutzhandschuhe neben den nach DIN EN ISO 21420:2020-06 vorgesehenen Kennzeichnungen (siehe Anhang 8) zusätzlich mit Kennbuchstaben der nachfolgenden Tabelle aus der DIN EN ISO 374-1:2018-10 gekennzeichnet sein. Diese Kennbuchstaben besagen, dass der Chemikalienschutzhandschuh gegenüber den entsprechenden Prüfchemikalien geprüft wurde. Daher sollten die Chemikalienschutzhandschuhe bei bestimmungsgemäßer Verwendung gegen diese Prüfchemikalien für eine begrenzte Zeit beständig sein. Dies gibt dem Arbeitgeber zudem eine erste Orientierung darüber, ob der Chemikalienschutzhandschuh auch gegen weitere Chemikalien der entsprechenden Stoffklassen schützen kann. Verlässliche Angaben dazu können bei den Herstellern der Chemikalienschutzhandschuhe direkt erfragt oder über deren Datenbanken ermittelt werden.

Tabelle 3: Prüfchemikalien gemäß Tabelle 2 der EN ISO 374-1:2018

Kennbuchstabe
Prüfchemikalie
CAS-Nr.
Klasse
A Methanol 67-56-1 Primärer Alkohol
B Aceton 67-64-1 67-64-1
C Acetonitril 75-05-8 Nitril
D Dichlormethan 75-09-2 Chlorierter Kohlenwasserstoff
E Kohlenstoffdisulfid 75-15-0 Schwefelhaltige organische Verbindung
F Toluol 108-88-3 Aromatischer Kohlenwasserstoff
G Diethylamin 109-89-7 Amin
H Tetrahydrofuran 109-99-9 Heterozyklische und Ätherverbindungen
I Ethylacetat 141-78-6 Ester
J n-Heptan 142-82-5 Aliphatischer Kohlenwasserstoff
K Natriumhydroxid 40 % 1310-73-2 Anorganische Base
L Schwefelsäure 96 % 7664-93-9 Anorganische Säure, oxidierend
M Salpetersäure 65 % 7697-37-2 Anorganische Säure, oxidierend
N Essigsäure 99 % 64-19-7 Organische Säure
O Ammoniakwasser 25 % 1336-21-6 Organische Base
P Wasserstoffperoxid 30 % 7722-84-1 Peroxid
S Flusssäure 40 % 7664-39-3 Anorganische Säure
T Formaldehyd 37 % 50-00-0 Aldehyd

(5) Geeignete Schutzhandschuhe für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entsprechen der ISO 18889:2019-04 (Kennzeichnung siehe Anhang 8).

5.5.3 Benutzung von Chemikalienschutzhandschuhen und anderen flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen

(1) Bei der Benutzung von Chemikalienschutzhandschuhen und anderen flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen ist Folgendes zu beachten:

  1. Gefahrstoffe dürfen nicht in das Handschuhinnere gelangen. Die Benutzung von Schutzhandschuhen darf nur mit sauberen und trockenen Händen erfolgen. Die Wirkung und die Aufnahme von Gefahrstoffen wird im Handschuhinnern (Okklusion) verstärkt.
  2. Beim Ausziehen von Schutzhandschuhen ist darauf zu achten, dass die Außenseite nicht mit der ungeschützten Haut berührt wird, damit anhaftende Gefahrstoffe nicht auf die Haut gelangen. Eine entsprechende Anleitung hierzu enthält die DGUV Information 212-007 "Chemikalienschutzhandschuhe".
  3. Die maximale Tragedauer des Chemikalienschutzhandschuhs darf nicht überschritten werden. Sie beginnt ab dem Zeitpunkt seiner Benutzung, an dem die Chemikalien auf den Chemikalienschutzhandschuh einzuwirken beginnen.
  4. Chemikalienschutzhandschuhe sind regelmäßig, spätestens jedoch arbeitstäglich zu wechseln. Hierbei ist die maximale Tragedauer zu berücksichtigen.
  5. Vor dem Benutzen und beim Anziehen der Schutzhandschuhe ist auf Schäden wie Risse oder Materialveränderungen, Verhärtung und Quellung zu achten und der Schutzhandschuh erforderlichenfalls zu ersetzen.
  6. Werden Schutzhandschuhe durch Schwitzen innen feucht, wird ein Handschuhwechsel empfohlen. Zusätzlich können Unterziehhandschuhe aus einem schweißaufnehmenden Material verwendet werden, die spätestens dann gewechselt werden sollten, wenn sie feucht geworden sind.
  7. Nach dem Ausziehen der Schutzhandschuhe sollten die Hände möglichst nur mit einem Einmalhandtuch oder einem Einmalstoffhandtuch aus einem Retraktivspender abgetrocknet werden, da die Haut nach dem Wärme- und Feuchtigkeitsstau (Okklusion) empfindlicher gegenüber mechanischer Belastung, Wasser, Detergenzien sowie hautgefährdenden und hautresorptiven Gefahrstoffen reagiert.
  8. Bei der Aufbewahrung von Schutzhandschuhen am Arbeitsplatz bzw. bei der Lagerung im Betrieb sind die Hinweise in den Anleitungen und Informationen der Hersteller zu beachten. Sonneneinstrahlung (UV-Strahlung), Ozon, Schmutz, Feuchtigkeit oder höhere Temperaturen sind zu vermeiden, damit das Handschuhmaterial nicht beeinträchtigt und seine Schutzwirkung vermindert wird.
  9. Bei Chemikalienschutzhandschuhen ist das Ablaufdatum, das der Handschuhhersteller angibt, zu beachten.

5.5.4 Persönliche Schutzmaßnahmen für andere Hautpartien als die Hände

(1) Können hautgefährdende oder hautresorptive Stoffe in Form von Staub, Spritzern, Dämpfen, Gasen oder Ähnlichem freigesetzt und der Hautkontakt auf Kopf, Rumpf, Arme, Beine oder Füße der Beschäftigten nicht vermieden werden, hat der Arbeitgeber geeignete persönliche Schutzausrüstung (PSA) oder Hautschutzmittel auszuwählen und in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen.

(2) Hinweise zum Schutz der Augen vor Chemikalien enthält die DGUV Regel 112-192 "Benutzung von Augen- und Gesichtsschutz".

(3) Die Auswahl geeigneter Chemikalienschutzkleidung erfolgt anhand von sechs Typen (definiert gemäß harmonisierter Normen nach Verordnung (EU) Nr. 2016/425) entsprechend Tabelle 4.

  1. Die Chemikalienschutzkleidung ist entsprechend der Arten der möglichen Exposition auszuwählen. Sind mehrere Expositionen möglich, muss die Chemikalienschutzkleidung gegen alle Expositionen schützen. In diesen Fällen muss die Kleidung mit mehreren Typen gekennzeichnet sein. Für Pflanzenschutzmittel (PSM) und mikrobielle Risiken gibt es spezielle Schutzanzüge (Infektionsschutz erkennbar am "B" für "biologische Risiken" hinter der Typnummer).
  2. Die unterschiedlichen Typprüfungen sind am Etikett erkennbar. Das Material unterscheidet sich in der Verarbeitung (z. B. doppelte und/oder überklebte Nähte, Daumenschlaufen, Kapuze, Kinnschutz usw.). Deshalb kann ein höherwertiger Schutzanzug die einfacheren Typen einschließen (d. h. ein Typ 3-Anzug kann auch Schutz gemäß Typ 4, 5 und 6 bieten).
  3. Bei der Verwendung von Chemikalienschutzkleidung, die nur Teile des Körpers schützt (Teilkörperschutzkleidung) ist darauf zu achten, dass alle potentiell exponierten Körperstellen geschützt sind. So sind Chemikalienschutz-Schürzen nur dann zu wählen, wenn der Kontakt mit dem Gefahrstoff nur Brust, Bauch und die Oberschenkel betrifft.

Tabelle 4: Überblick über Typen von Chemikalienschutzkleidung und der Schutzkleidung gegen Pflanzenschutzmittel

Typ/Stufe Norm Titel der Norm
Typ 6 DIN EN 13034:2009-08 Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien – Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzkleidung mit eingeschränkter Schutzleistung gegen flüssige Chemikalien (Ausrüstung Typ 6 und Typ PB [6])
Typ 5 DIN EN ISO 13982-1:2011-02 Schutzkleidung gegen feste Partikeln – Teil 1: Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzkleidung, die für den gesamten Körper einen Schutz gegen luftgetragene feste Partikeln gewährt (Kleidung Typ 5)
Typ 4 DIN EN 14605:2009-08: Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien – Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzanzüge mit flüssigkeitsdichten (Typ 3) oder spraydichten (Typ 4) Verbindungen zwischen den Teilen der Kleidung, einschließlich der Kleidungsstücke, die nur einen Schutz für Teile des Körpers gewähren (Typen PB [3] und PB [4])
Typ 3 DIN EN 14605:2009-08: Schutzkleidung gegen flüssige Chemikalien – Leistungsanforderungen an Chemikalienschutzanzüge mit flüssigkeitsdichten (Typ 3) oder spraydichten (Typ 4) Verbindungen zwischen den Teilen der Kleidung, einschließlich der Kleidungsstücke, die nur einen Schutz für Teile des Körpers gewähren (Typen PB [3] und PB [4])
Typ 2 Norm zurückgezogen  
Typ 1 DIN EN 943-1:2019-06 Schutzkleidung gegen gefährliche feste, flüssige und gasförmige Chemikalien, einschließlich Flüssigkeitsaerosole und feste Partikel – Teil 1: Leistungsanforderungen für Typ 1 (gasdichte) Chemikalienschutzkleidung
Typ 1 ET DIN EN 943-2:2019-06 Schutzkleidung gegen gefährliche feste, flüssige und gasförmige Chemikalien, einschließlich Flüssigkeitsaerosole und feste Partikel – Teil 2: Leistungsanforderungen für Typ1 (gasdichte) Chemikalienschutzkleidung für Notfallteams (ET)
Stufe C3 DIN EN ISO 27065:2020-05 Schutzkleidung – Leistungsanforderungen an Schutzkleidung für die Anwender von Pflanzenschutzmitteln sowie Personen für Nachfolgearbeiten

(4) Chemikalienschutzkleidung darf nur solange getragen werden, wie ihre Funktion sichergestellt ist und sie den Benutzer oder die Benutzerin schützt. Sobald Löcher oder Risse festgestellt werden, muss ein Austausch vorgenommen werden. Bei einer Kontamination der Chemikalienschutzkleidung muss diese ausgetauscht oder in Rücksprache mit dem Hersteller geklärt werden, ob eine Dekontamination vorgenommen werden kann. Dies gilt auch für Chemikalienschutzkleidung, die für den begrenzten Mehrfacheinsatz ausgelegt ist. Allgemeine Hinweise zur Benutzung von Chemikalienschutzkleidung, wie das richtige An- und Ausziehen, finden sich in der DGUV Information 212-019. Spezifische Informationen zu Chemikalienschutzkleidung sind den Herstellerinformationen zu entnehmen.

(5) Wird Chemikalienschutzkleidung in Kombination mit Atemschutzgeräten getragen, ist mit einer Erhöhung der Beanspruchung der atemschutzgerätetragenden Person zu rechnen. Dies kann die Gebrauchsdauer für die Nutzung des Atemschutzgerätes begrenzen (siehe DGUV Regel 112-190).

(6) Als Schutzschuhe und -stiefel gegen Chemikalien hat der Arbeitgeber auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nur solche zu wählen, die gemäß DIN EN 13832-3:2019-04 oder DIN EN ISO 20345:2022-06 geprüft und gekennzeichnet sind.

(7) Bei der Festlegung der Tragedauer von Chemikalienschutzkleidung ist die Belastung des Verwenders durch Gewicht der Schutzausrüstung sowie Temperatur und Feuchtigkeit unter Einbeziehung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes zu berücksichtigen. (siehe /a>DGUV Regel 112-189).

(8) Beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln ist Schutzkleidung gemäß EN ISO 27065:2020-05 "Schutzkleidung – Leistungsanforderungen an Schutzkleidung für die Anwender von Pflanzenschutzmitteln sowie Personen für Nachfolgearbeiten" geeignet (siehe Richtlinie BVL 2020 "Persönliche Schutzausrüstung beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln").

(9) Flüssigkeitsdichte (Chemikalien-) Schutzanzüge können z. B. bei handgeführter Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln in dichten Kulturen mit intensivem Kontakt zu den behandelten Pflanzen erforderlich sein. Hierfür ist ausschließlich Typ 3 gemäß DIN EN 14605:2009-08 geeignet.

5.5.5 Hautmittel

(1) Hautschutzmittel dürfen anstelle von Schutzhandschuhen nur eingesetzt werden, wenn das Tragen von Schutzhandschuhen z. B. bei Tätigkeiten an Maschinen mit Einzugsgefahr nicht zulässig ist.

(2) Der Einsatz von Hautschutzmitteln sollte unter Beratung durch eine fachkundige Person für den Arbeits- und Gesundheitsschutz, z. B. der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt, erfolgen.

(3) Die Benutzung von Hautschutzmitteln beschränkt sich auf Arbeiten mit Hautkontakt zu Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten sowie Arbeiten mit einem

  1. kurzzeitigen Hautkontakt oder länger andauernden kleinflächigen Hautkontakt zu Gefahrstoffen mit der Einstufung EUH066: Wiederholter Kontakt kann zu spröder oder rissiger Haut führen, oder mit einem
  2. kurzzeitigen kleinflächigen Hautkontakt zu Gefahrstoffen mit einer Einstufung bezüglich akuter Toxizität (dermal) Kategorie 4 (Acute Tox. 4; H312), H312: Gesundheitsschädlich bei Hautkontakt oder einer Einstufung Hautreizung Kategorie 2 (Skin Irrit. 2; H315), H315: Verursacht Hautreizungen.

Tabelle 5: Einsatzmöglichkeiten von Hautschutzmitteln



Einstufung der Stoffe/Gemische mit H-Satz oder Kennzeichnung mit EUH-Satz
Dauer/Ausmaß des Hautkontaktes
Kurzzeitig (< 15 Minuten) Länger andauernd
(> 15 Minuten)
kleinflächig
(z. B. Spritzer)
großflächig kleinflächig
(z. B. Spritzer)
großflächig
Nicht eingestufte Stoffe In Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung
Hautkontakt zu Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten +
EUH066 + + + -
H310 - - - -
H311 - - - -
H312 + - - -
H314 - - - -
H315 + - - -
H317 - - - -
H340, H341, H350, H351, H360, H361, H370, H371, H372, H373 - - - -
  + Einsatz von Hautschutzmitteln erlaubt
- Einsatz von Hautschutzmitteln nicht erlaubt

(4) Wenn entsprechend der Gefährdungsbeurteilung Hautschutzmittel als persönliche Schutzmaßnahme am Arbeitsplatz eingesetzt werden dürfen, müssen sie folgende weitere Anforderungen erfüllen:

  1. eindeutige und leicht erkennbare Kennzeichnung als Hautschutzmittel,
  2. konkrete Angaben zum Anwendungsgebiet der Produkte sowie
  3. eine nachgewiesene Wirksamkeit mit Darlegung des Nachweisverfahrens für die ausgelobte Schutzwirkung. Die Wirksamkeitsprüfung muss durch den Hersteller nach geltenden wissenschaftlichen und medizinischen Empfehlungen durchgeführt werden (siehe AWMF-Leitlinie "Berufliche Hautmittel" der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD)). Hautschutzmittel, deren Wirksamkeit am Menschen (in vivo) nachgewiesen wurde (z. B. repetitives Irritationsmodell = mehrfache wiederholte Einwirkung über mehrere Tage), sind bei der Auswahl zu bevorzugen, weil bisherige in vitro Testungen zum Wirksamkeitsnachweis die eigentliche berufliche Expositionssituation nicht zur Genüge simulieren. Hautschutzmittel, die nach dem DGUV Grundsatz GS-PS-14 "Grundsätze für die Prüfung und Zertifizierung der Wirksamkeit von Hautschutzmitteln" zertifiziert sind, erfüllen diese Vorgaben. Sie sind erkennbar an dem DGUV Test-Zeichen mit dem Zeichenzusatz "Wirksamkeit geprüft".

(5) Bei der Auswahl von Hautschutzmitteln sind auch mögliche Gefährdungen, die vom Hautschutzmittel selbst ausgehen können, zu berücksichtigen, z. B. individuelle allergische Reaktionen auf die Inhaltsstoffe von Hautschutzmitteln.

(6) Die Benutzung von Hautschutzmitteln unter Schutzhandschuhen ist im Allgemeinen nicht erforderlich. Sollte es in Einzelfällen jedoch notwendig sein, Arbeiten mit und ohne Schutzhandschuhe zu verrichten, so kann ein geeignetes Hautschutzmittel unter Schutzhandschuhen benutzt werden. In diesem Fall muss das Hautschutzmittel vollständig in die Haut eingezogen sein, bevor die Schutzhandschuhe angezogen werden. Hautschutzmittel, insbesondere fettende, können die Schutzwirkung von Chemikalienschutzhandschuhen beeinträchtigen. Hautschutzmittel mit hohem Emulgatoranteil, z. B. solche, die zur Erleichterung der Hautreinigung ausgelobt sind, dürfen unter Schutzhandschuhen nicht benutzt werden.

(7) Hautschutzmittel sind vor den hautbelastenden Tätigkeiten, z. B. zu Arbeitsbeginn, nach Pausen oder nach der Hautreinigung zu benutzen. Sie sind auf die saubere und trockene Haut aufzutragen.

(8) Die Hautreinigung hat möglichst schonend zu erfolgen. Die Intensität der Reinigung und die Auswahl des Reinigungsmittels sind dem Grad der Verschmutzung anzupassen. Hierbei sind möglichst Hautreinigungsmittel ohne Reibekörper bzw. ohne organische Lösemittel zu verwenden. Nach dem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen sollten die Hände nur abgetrocknet und nicht gewaschen werden, um eine Austrocknung durch Wasser und Reinigungsmittel zu vermeiden.

(9) Der Einsatz reibekörperhaltiger Hautreinigungsmittel sollte auf die Entfernung von stark anhaftenden Verschmutzungen, die es in der Arbeitsorganisation weitgehend zu verhindern gilt, beschränkt werden. Auf den Einsatz von Reinigungsbürsten sollte verzichtet werden. Ist der Einsatz reibekörperhaltiger Hautreinigungsmittel erforderlich, sollte sichergestellt sein, dass diese möglichst selten, z. B. nur am Ende des Arbeitstages, angewendet werden. An Waschplätzen sollten immer zusätzlich reibekörperfreie Hautreinigungsmittel (Flüssigreiniger) zur Verfügung gestellt werden.

(10) Durch die Anwendung von Hautpflegemitteln nach Beendigung der Tätigkeit kann die Regeneration der Haut unterstützt werden. Dies sollte im Hand- und Hautschutzplan Berücksichtigung finden. Hautpflegemittel dürfen jedoch nicht als Hautschutzmittel vor hautbelastender Tätigkeit benutzt werden, da sie Stoffe enthalten können, z. B. Harnstoff, die das Eindringen von Stoffen in die Haut fördern (Carrier-Effekt).

(11) Weitere Informationen zur Auswahl, Bereitstellung und Benutzung von beruflichen Hautmitteln liefert die DGUV Information 212-017.

5.6 Weitere Schutzmaßnahmen bei Feuchtarbeit

(1) Bei Feuchtarbeit hat der Arbeitgeber durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass unvermeidbare Feuchtarbeit soweit wie möglich auf mehrere Beschäftigte verteilt wird, um für den Einzelnen die Exposition zu verringern, z. B. Haare waschen (siehe TRGS 530 Friseurhandwerk). Die Benutzung flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe ist dem direkten Kontakt mit Wasser vorzuziehen.

(2) Nach der Benutzung von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen kann die Haut empfindlicher gegenüber äußeren Faktoren (Penetration von Stoffen und mechanische Belastung) werden. Nach dem Ausziehen der Schutzhandschuhe sollten möglichst die Hände nur mit einem Einmalhandtuch abgetrocknet und nicht unmittelbar gewaschen, desinfiziert oder mit hautgefährdenden oder hautresorptiven Gefahrstoffen belastet werden.

(3) Bei Tätigkeiten, z. B. im Gesundheitswesen oder im Sanitär- und Hygienebereich, die mit nicht sichtbarer Verschmutzung aber mikrobieller Belastung einhergehen, ist die Händedesinfektion dem Waschen der Hände vorzuziehen, da die Händedesinfektion weniger hautbelastend ist. Die Kombination aus Händewaschen und anschließender Händedesinfektion sollte aufgrund der hohen Hautgefährdung möglichst vermieden werden. Kombinationspräparate bestehend aus Hautreinigungs- und Händedesinfektionsmitteln sind nicht zu empfehlen, da sie die Haut stärker belasten und die desinfizierende Wirkung aufgrund der geringen Einwirkzeit oft unzureichend ist.

5.7 Überwachung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen

(1) Die Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung regelmäßig zu überprüfen. Methoden und Abstände zur Überprüfung der Schutzmaßnahmen sind in der Gefährdungsbeurteilung festgelegt.

(2) Festgestellte Mängel sind unverzüglich zu beseitigen.

(3) Ergibt die Wirksamkeitsüberprüfung der Schutzmaßnahmen, dass diese nicht ausreichen, ist die Gefährdungsbeurteilung erneut durchzuführen. Es sind zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

(4) Die Wirksamkeit der technischen Schutzmaßnahmen ist mindestens alle drei Jahre sowie bei Veränderung des Arbeitsverfahrens zu überprüfen. Dies sollte insbesondere durch Prüfung der Funktionsfähigkeit technischer Schutzeinrichtungen erfolgen.

(5) Der Arbeitgeber hat die Umsetzung der getroffenen Schutzmaßnahmen und die sachgerechte Anwendung von Schutzhandschuhen und Hautmitteln zu überwachen.

(6) Hinweise auf eine unzureichende Wirksamkeit persönlicher Schutzausrüstung können zum Beispiel sein:

  1. Verfalldatum von Schutzhandschuhen oder Hautmitteln ist überschritten,
  2. Schutzhandschuhe haben Mängel (ungeeignete Schutzhandschuhe im Arbeitsbereich, zerschlissene oder stark verschmutzte Schutzhandschuhe),
  3. Schutzhandschuhe sind über die festgelegte Zeitdauer hinaus im Einsatz,
  4. Anzahl der benutzten Schutzhandschuhe ist niedriger als vorgesehen,
  5. Spender für Hautmittel sind eingetrocknet.

(7) Hinweise auf unzureichende Wirksamkeit können sich auch aus Erkenntnissen aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder durch Erkenntnisse aus Arbeitsplatzbegehungen ergeben.