Anlage 3 zu TRGS 619
Abgasanlagen in Kraftfahrzeugen

Anforderungsprofil zur Substitutionsprüfung gemäß § 6-9 GefStoffV

Beschreibung der Aufgaben und der Einsatzbedingungen

(1) Abgasanlagen von Kraftfahrzeugen stellen heute einen sehr komplexen Bereich dar. Es soll angemerkt werden, dass in vielen Detailbereichen mehrere unterschiedliche Techniken zum Einsatz kommen können, um die gesetzlichen Abgasvorschriften zu erfüllen. Dementsprechend können nur allgemeine Hinweise für den Einsatz von spezifischen Werkstoffen gegeben werden.

(2) Je nach Fahrzeugtype sowie Betriebsweise, Motorart, Motormanagement, geometrischer Anordnung aller Komponenten der Abgasanlage vom Motorraum bis hin zum Abgasendrohr, thermischer, mechanischer und chemischer Randbedingungen kommen unterschiedlichste Abgassysteme zum Einsatz. In den folgenden Ausführungen werden nur auf dem Markt verfügbare Systeme und Werkstoffe betrachtet.

(3) Prinzipiell kann in das sogenannte Hot-End sowie Cold-End unterschieden werden (siehe Systemskizze). Im Bereich Cold-End d.h. vor allem Schalldämpferanlagen ist es möglich, ausschließlich nicht eingestufte Werkstoffe einzusetzen wie z. B. Mineral- oder Glaswolle. Die Anlage 3 der TRGS 619 beschäftigt sich daher nur mit dem Hot-End.

(4) Im Bereich des Hot-End werden zur Abgasreinigung Katalysatoren und Dieselpartikelfilter als metallisches oder keramisches System eingesetzt. Der Anwender muss im Einzelfall entsprechend den gegebenen Kriterien eine Auswahl zwischen den verfügbaren Systemen treffen. Wesentliche der zu bewertenden Kriterien sind in alphabetischer Reihenfolge dargestellt:

(5) Die Lagerung von keramischen Systemen erfolgt mit Lagerungsmatten oder mit einer Kombination aus Lagerungsmatten und Metallgestricken.

(6) Lagerungsmatten für keramische Katalysatoren und Dieselrußpartikelfilter (Substrate) (Tabelle 3.1). Auf Grund der Notwendigkeit Lagerungsmatten zum Einsatz zu bringen, ist es erforderlich, eine Beurteilung der unterschiedlichen Lagerungsmaterialien nach dem Stand der Technik vorzunehmen.

(7) Bei der Lagerung von keramischen Substraten (Katalysatoren, DPF) sind neben den bereits genannten Parametern vor allem die unterschiedlichen Ausdehnverhalten von Substrat aus Keramik und Gehäuse aus Metall sowie das entsprechende Canningverfahren in Betracht zu ziehen.

(8) Sofern Produkte im Hot-End zwecks Wärmedämmung (Tabelle 3.2) zum Einsatz kommen, sind hierbei nicht nur Temperatur, Vibration und Atmosphäre zu berücksichtigen, sondern vor allem auch das Temperaturprofil in allen Einsatzfällen und -bereichen. Dämmung ist erforderlich, um zum einen die Funktion der emissionsrelevanten Bauteile (Katalysator und Partikelfilter) zu erhalten bzw. zu unterstützen, und zum anderen kann Dämmung erforderlich sein, um umliegende Bauteile vor zu hohen Temperaturen zu schützen. Die Wärmedämmung der Bauteile kann inner- oder außerhalb der gasführenden Elemente erfolgen.

(9) Mögliche Randbedingungen:

(10) Die hier genannten Parameter können grundsätzlich auf alle Systeme angewandt werden, wobei sich jedoch die Bedeutung der einzelnen Parameter von System zu System unterscheiden. Beispiele für Anwendungsbereiche sind:

Benzinmotoren:Motornaher Katalysator (Close-Coupled Catalyst, CCC)
Mittelkatalysator (Toe-Board Catalyst, TBC)
Unterbodenkatalysator (Under-Floor Catalyst, UFC, Underbody Catalyst, UBC)
Dieselmotoren:Dieseloxidationskatalysator (Diesel-Oxidation Catalyst, DOC)
Dieselpartikelfilter (Diesel Particle Filter; DPF)
Selective Catalytic Reduction SCR
Nutzfahrzeuge:Dieseloxidationskatalysator (Diesel-Oxidation Catalyst, DOC)
Dieselpartikelfilter (Diesel Particle Filter; DPF)
Selective Catalytic Reduction SCR

(11) Diese Abgasnachbehandlungselemente können in Schalldämpfern integriert werden (isotherme Anwendung).

(12) Für Abgasanlagen sind die Werkstoffe so zu wählen, dass der gesamte Lebenszyklus der Anlage überdeckt wird.



Hot-End und Cold-End einer Abgasanlage
3.1 Auswahlkriterien bei der Anwendung als Lagerungsmatte für keramische Substrate
 Bearbeiter:


  Anwen­dungs­bedin­gungen Matten mit Fasern aus­schließ­lich D >3 µm18 nicht­quellend, amorph Quell­matten19 auf Basis von AES-Wolle Quell­matten19 auf Basis von Alumi­niumsili­katwolle nicht­quel­lende Matten auf Basis von poly­kristal­liner Wolle Nicht­quel­lende Matten auf Basis von AES-Wolle nicht­quel­lende Matten auf Basis von Alumi­niumsili­katwolle
1. Begriffs­bestimmung17 - (5) (4) (6) (5) (4)
2. Anwen­dungstem­peratur (max. Oberflächen­temperatur der Matte) [°C]   600-800 950 950 1150 1000 1050
3. Wärmeleit­fähigkeit [W/mK]24
< 600°C
600-800°C
800-1000°C
 

0,05-0,15
n.n.
n.n.


0,05-0,20
0,15-0,22
0,17-0,27


0,06-0,18
0,10-0,22
0,12-0,28


0,05-0,15
0,10-0,18
0,12-0,22


0,05-0,20
0,15-0,22
0,17-0,27


0,06-0,15
0,12-0,20
0,15-0,25
4. Flächen­gewicht [kg/m²]   n.n. 1,5-5,2 1,5-7,0 0,9-3,0 1,5-4,0 0,9-3,0
5. Mechanische Eigenschaften  
5.1 Mecha­nische Festig­keit: Ja/Nein +/- +/- +/- + +/- +
5.2 Rück­federungs­verhalten20 Ja/Nein  
a) beim Einbau Ja/Nein + +/- +/- + + +
b) im Betrieb Ja/Nein + +/- +/- + +/- +
5.3 Schwin­gungen/
Vibrati­onen
Ja/Nein + +/- +/- + +/- +
6. Thermisches Verhalten  
6.1 Temperatur­wechsel­beständigkeit Ja/Nein + + + ++ + +
6.2 Temperatur­beständigkeit Ja/Nein -/+ +/- +/- ++ +/- +
7. Anwen­dung in Abgas­systemen  
7.1 Atmosphäre  
a) neutral/
oxidierend
Ja/Nein + + + + + +
b) Feuchtigkeit, Kondensat Ja/Nein + +/- +/- + +/- +
c) Harnstoff21 Ja/Nein +/- +/- +/- +/- +/- +/-
7.2 Thermische Auslegung, Temperatur­gradient Ja/Nein  
a) isotherm Ja/Nein + +/- +/- + +/- +
b) nicht isotherm Ja/Nein + + + + + +
c) Niedrig­temperatur­bereich < 300°C (Gas)22 Ja/Nein + -/+ -/+ + -/+ +
7.3 Wärme­dämmung Ja/Nein + +/- +/- + + +
7.4 Erosions­beständigkeit Ja/Nein + +/- +/- ++ +/- +
7.5 Eignung für Ultradünn­wand­substrate Ja/Nein + -/+ -/+ ++ +/- +
7.6 Perme­abilität/
Gasdichtigkeit der Lagerungs­matten
+ + + + + +
8. Gefähr­dungsbe­urteilung  
8.1 Einstufung 23 23 K223 K3 23 K223
8.2 Staubungs­verhalten  
- beim Einbau gering gering gering gering gering gering
- beim Ausbau mittel mittel mittel mittel mittel mittel
9. Schutz­maßnahmen TRGS 558 „Tätigkeiten mit Hochtemperaturwolle“
TRGS 559 „Mineralischer Staub“
10. Entsorgung Beachtung der länderspezifischen Regelungen
Legende:   ++   sehr gut geeignet
+ gut geeignet
+/- zumeist gut geeignet
-/+ zumeist weniger geeignet
- weniger geeignet
 

17 Die Angaben in dieser Zeile beziehen sich auf die Absätze (4) bis (9) in Nr. 2 dieser TRGS.
18 Fasern mit einem Durchmesser von > 3 µm werden nach WHO-Definition als nicht gesundheitsbedenklich angesehen.
19 Quellmatten funktionieren nach dem Prinzip der Volumenvergrößerung von Rohvermiculit durch Tempera tureinfluss. Hierzu muss die Matte in einem bestimmten Temperaturbereich betrieben werden. Bei zu niedrigen Temperaturen bläht der Vermiculit nicht, bei zu hohen Temperaturen verschmilzt er.
20 Das Rückfederverhalten im Betrieb ist die wesentlichste Eigenschaft; speziell bei einer Lagerungsmatte. Dieses wird maßgeblich von Temperatur sowie Temperaturprofil und -verlauf, Atmosphäre und relativer Spaltveränderung bestimmt. Nur wenn dieses über einer kritischen Marke gehalten werden kann, ist das System als abgesichert zu betrachten.
21 Nicht genügend Langzeiterfahrung vorhanden.
22 Bei binderhaltigen Matten (i.d.R. organische Bindersysteme) ist die Anwendung unter Berücksichtigung des Bindersystems und der Einsatztemperatur auszulegen, da durch die Zersetzung des Binders negative Auswirkungen auf die Haltekraft entstehen können.
23 Möglichkeit der Bildung von kristallinem SiO2 (Quarz/Cristobalit) oberhalb von 900°C, ggf. Freisetzung bei Zerlegung.
24 Werte sind eine Funktion der Einbaudichte und können im Einzelfall abweichen.

 

3.2 Auswahlkriterien bei der Anwendung als Wärmedämmung im Hot-End Bereich
 Bearbeiter:

  Anwen­dungs­bedin­gungen Mate­rialien mit Fasern aus­schließ­lich D > 3 µm26
nicht­quellend, amorph
Mate­rialien auf Basis von AES-Wolle Mikro­poröses Silika Mate­rialien auf Basis poly­kristal­liner Wollen Mate­rialien auf Basis von Alumi­niumsili­katwolle
1. Begriffs­bestimmung25 - (5) - (6) (4)
2. Anwen­dungs­temperatur (max. Oberflächen­temperatur der Wärme­dämmung) [° C]   950 1050 1050 1150 1100
3. Wärme­leitfä­higkeit [W/mK]31
< 600°C
600-800°C
800-1000°C
 

0,05-0,15


0,05-0,20
0,15-0,22
0,17-0,27


0,01


0,05-0,15
0,10-0,18
0,12-0,22


0,06-0,18
0,10-0,22
0,15-0,28
4. Flächen­gewicht [kg/m²]   n.n. 1,5-3,5 n.n. 0,4-3,0 0,4-3,0
5. Mechanische Eigenschaften  
5.1 Mechanische Festigkeit: Ja/Nein + + -/+27 + +
5.2 Rückfe­derungs­verhalten im:  
a) beim Einbau Ja/Nein + +/- -/+27 + +
b) im Betrieb Ja/Nein + +/- -/+27 + +
5.3 Schwingungen/
Vibrati­onen28
Ja/Nein + + -/+27 + +
6. Thermisches Verhalten  
6.1 Temperatur­wechselbe­ständigkeit Ja/Nein + + + ++ +
7. Anwendung in KFZ-Abgas­systemen  
7.1 Atmosphäre  
a) neutral/
oxidierend
Ja/Nein + + + + +
b) Feuchtigkeit Kondensat Ja/Nein + +/- -/+27 + +
c) Harnstoff29 Ja/Nein +/- +/- +/- +/- +/-
7.2 Wärme­dämmung Ja/Nein +/- + ++ + +
7.3 Erosions­beständigkeit Ja/Nein + +/- -/+27 ++ +
8. Gefährdungs­beurteilung  
8.1 Einstufung 30 30 - K3 K230
8.2 Staubungs­verhalten  
- beim Einbau mittel mittel mittel mittel mittel
- beim Ausbau mittel mittel mittel mittel mittel
9. Schutz­maßnahmen TRGS 558 „Tätigkeiten mit Hochtemperaturwolle“
TRGS 559 „Mineralischer Staub"
10. Entsorgung Beachtung der länderspezifischen Regelungen
Legende:   ++   sehr gut geeignet
+ gut geeignet
+/- zumeist gut geeignet
-/+ zumeist weniger geeignet
- weniger geeignet
 

25 Die Angaben in dieser Zeile beziehen sich auf die Absätze (4) bis (9) in Nr. 2 dieser TRGS.
26 Fasern mit einem Durchmesser von > 3 µm werden nach WHO-Definition als nicht gesundheitsbedenklich angesehen.
27 Eigenschaft lässt sich verbessern durch die Kapselung, Verpackung oder andere Maßnahmen.
28 Die Beständigkeit gegenüber Vibration und Erosion hängt wesentlich von der Produktform ab und muss im Einzelfall geprüft werden. Gängige Produktformen sind: Matte (genadelt), Filz, Papier, Formteil (mit/ohne organischen Binder), gekapselte Matten/Filze/Papiere sowie Mischwerkstoffe aus nicht klassifizierten Fasern.
29 Nicht genügend Langzeiterfahrung vorhanden.
30 Möglichkeit der Bildung von kristallinem SiO2 (Quarz/Cristobalit) oberhalb von 900°C, ggf. Freisetzung bei Zerlegung.
31 Werte sind eine Funktion der Einbaudichte und können im Einzelfall abweichen.