5 Gefährdungsbeurteilung

Entsprechend § 5 Arbeitsschutzgesetz ist der Unternehmer aufgefordert, eine Gefährdungsbeurteilung nach

durchzuführen und die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen.

5.1 Gefahrstoffverordnung

Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass das Ausmaß der Gefährdungen nach § 6 der Gefahrstoffverordnung in Verbindung mit der Technischen Regel für Gefahrstoffe "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" (TRGS 400) fachkundig beurteilt und das Ergebnis dokumentiert wird.
Die Beurteilung bezüglich der Gefährdung durch Hautkontakt wird durch die TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt" konkretisiert.

Bei der Gefährdungsbeurteilung sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Zubereitungen,
  2. Informationen des Herstellers oder Inverkehrbringers zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt nach § 5 der Gefahrstoffverordnung,
  3. Ausmaß, Art und Dauer der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse der Ermittlung nach § 7 Abs. 8 bis 11 der Gefahrstoffverordnung zu berücksichtigen,
  4. physikalisch-chemische Wirkungen,
  5. Möglichkeiten einer Substitution,
  6. Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge,
  7. Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
  8. Wirksamkeit der getroffenen oder zu treffenden Schutzmaßnahmen,
  9. Schlussfolgerungen aus durchgeführten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen.

Für unterschiedliche Tätigkeiten (z.B. Neuansatz, Maschinenbedienung, Wartung, Prüfung, Reinigung, Desinfektionsmaßnahmen) müssen entsprechende Gefährdungsbeurteilungen mit jeweils angepassten Schutzmaßnahmen durchgeführt werden.

Folgende Gefährdungen für den Menschen durch Inhaltsstoffe der Kühlschmierstoffe sind möglich:
  1. Gefährdungen der Haut können entstehen durch
    1. Entwässerung und Entfettung, z.B. durch
      • Grundöle,
      • oberflächenaktive Substanzen (Tenside),
      • Emulgatoren,
      • Lösungsvermittler,
      • Feuchtarbeit: mehr als zwei Stunden pro Schicht Arbeiten im feuchten Milieu, Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen, häufiges Händewaschen,
      • Wasser,
      • Produkte mit dem R-Satz 66 "Wiederholter Kontakt kann zu spröder und rissiger Haut führen".
    2. Irritationen, z.B. durch
      • zu hohe Konzentrationen wassergemischter Kühlschmierstoffe,
      • Eintrocknen bzw. Aufkonzentrieren von wassergemischten Kühlschmierstoffen auf Haut und Kleidung (Bildung von "Sekundärkonzentrat"),
      • Kontakt der Haut mit eingetrockneten und somit aufkonzentrierten wassergemischten Kühlschmierstoffen auf Maschinen, Werkzeugen und Werkstücken,
      • zu hohen pH-Wert,
      • Biozide (im Falle von Überdosierungen),
      • niedrigviskose Öle (< 7 mm2/s bei 40 °C),
      • Späne und Werkstoffabrieb (auch in Putztüchern), die zu Hautverletzungen führen und dadurch das Entstehen von Hauterkrankungen begünstigen können,
      • Produkte mit dem R-Satz 38 "Reizt die Haut", z.B. Konzentrate oder bestimmte nw-KSS mit Flammpunkt unter 100 °C,
    3. sensibilisierende Stoffe, z.B. durch
      • bestimmte Biozide,
      • bestimmte Duftstoffe (Geruchsüberdecker),
      • von Werkstücken eingetragene Metall-Ionen, z.B. Cobalt-, Nickel-, Chrom-III- und Chrom-VI-Ionen,
      • Produkte mit dem R-Satz 43 "Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich".

      Angaben zu sensibilisierenden Stoffen siehe Anhang VI der EG-Verordnung 1272/2008, TRGS 401 und TRGS 907.

      Angaben zu Hautgefährdungen durch Stoffe, Tätigkeiten oder Feuchtarbeit siehe TRGS 401.


    Diese Gefährdungen der Haut können zum Auftreten eines kumulativ-subtoxischen (toxisch-degenerativen) Kontaktekzems (Abnutzungsdermatose), eines toxisch-irritativen Kontaktekzems oder eines allergischen Kontaktekzems führen.

    Das kumulativ-subtoxische Kontaktekzem tritt am häufigsten auf, insbesondere bei langandauerndem Kühlschmierstoffkontakt. Diese Art des Kontaktekzems beruht auf einer Entwässerung und Entfettung der Haut und führt zur Bildung der so genannten "rauen" Haut bis zu ihrem Aufplatzen aufgrund fortgeschrittener Schädigung.

    In den meisten Fällen ist dieses Ekzem durch geeignete Schutzmaßnahmen (in der Regel Hautschutz) zu vermeiden. Es entwickelt sich ansonsten früher oder später bei den meisten Exponierten; d.h. sowohl bei hautgesunden als auch in besonderem Maße bei hautempfindlichen Personen.

    Das toxisch-irritative Kontaktekzem beruht auf der Einwirkung akut reizender Substanzen, z.B. Hautkontakt zu KSS-Konzentrat und Sekundärkonzentrat, Biozid-Überdosierung, falscher Einsatz von Systemreinigern. Es entwickelt sich zwingend bei jedem Menschen, wenn die Konzentration bzw. Dosis hoch genug ist. Das toxisch-irritative Kontaktekzem hat häufig unfallartigen Charakter.

    Sekundärkonzentrat entsteht, wenn wassergemischte Kühlschmierstoffe eintrocknen, z.B. auf der Haut oder auf durchnässter Arbeitskleidung.

    Im Vergleich zur Abnutzungsdermatose tritt das allergische Kontaktekzem weitaus seltener auf. Es beruht auf der Überempfindlichkeit (Sensibilisierung) einzelner Personen gegen einen bestimmten Stoff. Welche Personen allergisch reagieren werden, ist nicht vorhersehbar. Diese Ekzemform ist in der Regel durch persönliche Schutzmaßnahmen nicht zu vermeiden.

    Bei Personen, die an einer angeborenen Überempfindlichkeit der Haut gegenüber Alltagsbelastungen leiden (Neurodermitiker, Atopiker), können Kühlschmierstoffe die Ekzembereitschaft steigern.

    Siehe Informationen "Hautschutz in Metallbetrieben" (BGI 658).

  2. Gefährdungen innerer Organe oder der Atemwege können entstehen durch Hautresorption von Kühlschmierstoffbestandteilen oder Einatmen von Kühlschmierstoff-Dampf und -Aerosolen oder Verschlucken von Kühlschmierstoffen und hängen z.B. ab von der
    • Konzentration von Kühlschmierstoff-Dämpfen und Aerosolen in der Atemluft,
    • Konzentration krebserzeugender Stoffe, z.B. Nickeloxide und Beryllium, die bei der Bearbeitung spezieller Legierungen in die Kühlschmierstoff-Dämpfe und Aerosole gelangen können,
    • Konzentration krebserzeugender Nitrosamine der Kategorien 1 oder 2, die sich in wassergemischten Kühlschmierstoffen aus nitrosierbaren sekundären Aminen bilden können; siehe Technische Regeln für Gefahrstoffe "Nitrosamine" (TRGS 552) und TRGS 611,
    • Organschädigende Stoffe, die über die Haut aufgenommen werden können (Hautresorptive Stoffe), müssen entsprechend der TRGS 401 ebenfalls berücksichtigt werden.

5.2 Biostoffverordnung

Nur wassergemischte Kühlschmierstoffe unterliegen einer mikrobiellen Besiedlung; bei Tätigkeiten mit nicht wassermischbaren Kühlschmierstoffen ist die BiostoffV nicht anzuwenden.

5.2.1

Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass das Ausmaß der Gefährdungen nach § 7 der Biostoffverordnung fachkundig beurteilt, einer Schutzstufe zugeordnet und das Ergebnis dokumentiert wird. Die Information "Keimbelastung wassergemischter Kühlschmierstoffe" (BGI 762) ist eine Handlungshilfe zur BiostoffV und enthält grundlegende Informationen zur Gefährdungsbeurteilung.

Siehe auch Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" (TRBA 400)

5.2.2

Die Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchzuführen und zu aktualisieren, wenn

Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren.

Ein erforderliches Verzeichnis der für die Gefährdungsbeurteilung maßgeblichen Mikroorganismen befindet sich im Anhang 1 der Information "Keimbelastung wassergemischter Kühlschmierstoffe" (BGI 762). Anzeige- und Aufzeichnungspflichten nach § 13 der Biostoffverordnung gegenüber der zuständigen Behörde bestehen für Tätigkeiten mit mikrobiell belasteten Kühlschmierstoffen nicht.

5.2.3

Auch bei weniger als 10 Versicherten muss nach § 8 der Biostoffverordnung ab der Zuordnung zur Schutzstufe 2 eine Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung erfolgen.

Die zuständige Behörde kann nach § 14 der Biostoffverordnung auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers für Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten eine Ausnahme von der Pflicht zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung erteilen.

5.2.4

Folgende Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe sind möglich:

Bisher sind den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherungen nur vereinzelte Erkrankungsfälle durch biologische Arbeitsstoffe bei Tätigkeiten mit wassergemischten Kühlschmierstoffen bekannt.

5.3 Betriebssicherheitsverordnung

5.3.1

Gefährdungsbeurteilung: Auftretende Gefahren beim Einsatz von KSS

Beim Betrieb von Werkzeugmaschinen mit nichtwassermischbaren Kühlschmierstoffen und bei der Bearbeitung von Magnesiumlegierungen mit wassergemischten Kühlschmierstoffen können sich brennbare und unter Umständen explosionsfähige Gemische mit Luft im Arbeitsinnenraum der Werkzeugmaschine bilden.

5.3.2

Tritt zu einer vorhandenen explosionsfähigen Atmosphäre eine wirksame Zündquelle hinzu, kann es neben einem heftigen Brand gegebenenfalls zu einer druckschwachen Explosion (Verpuffung) kommen. Die Reaktion ist oftmals von einem Folgebrand begleitet.

Als Auslöser für diese Ereignisse wurden in erster Linie Werkzeugbruch (heißes Werkzeug, Störungen in der KSS-Zufuhr, Fehlbewegungen/Fehlbedienung) festgestellt. Als Zündquelle wirken unter anderem heiße Oberflächen, glühende Späne und energiereiche Funken. Bezüglich zu erwartender Explosionsdrücke und -geschwindigkeiten werden derzeit Untersuchungen durchgeführt.

Durch den Druckaufbau im Innenraum können Flammenaustritte aus Undichtigkeiten, aufgedrückten Gehäusetüren, Beschickungs- und Entnahmeöffnungen sowie aus Druckentlastungsöffnungen hervorgerufen werden. Kommt es zu Flammenaustritten aus Öffnungen und Spalten, besteht die Gefahr von Brandverletzungen sowie eines Übergreifens des Maschinenbrandes auf die Umgebung.

5.3.3

Inwieweit ein Maschinenbrand sich ausbreiten und gegebenenfalls auch über Absaugrohrleitungen und Abscheider auf andere Bereiche übergreifen kann, hängt sehr stark von den "Verhältnissen" in der Maschinenumgebung ab. Häufigste Ursachen für eine schnelle Ausbreitung eines Folgebrandes sind randvolle Ölauffangwannen und Gitterroste mit großer Oberfläche, großflächige KSS-Lachen sowie zusätzliche Brandlasten (Papier, Pappe, Putztücher etc).

Siehe auch Regel "Explosionsschutz-Regeln" (BGR/GUV-R 104) und Information "Minimalmengenschmierung in der spanenden Fertigung" (BGI 718).